✔Kapitel 6

15.7K 1.3K 273
                                    

Kapitel 6

"Ja." Es war nur ein Hauchen, gerade so laut, dass Liam es verstehen konnte.

"Soll ich jemanden für dich anrufen?" Harry nickte zaghaft, noch immer geschwächt von dem zuvor Passierten. "Mum", wisperte er und erneute Tränen bahnten sich ihren Weg nach draußen. "Harry, darf ich dich anfassen? Ich brauche dein Handy." Harry überlegte. aber er war sich sicher, dass von Liam keine Gefahr ausging. Er war ja sein Freund, also nickte er, um Liam die Erlaubnis zu geben. Langsam bewegte Liam seine Hand zu Harrys Hosentasche, spürte bei der Berührung, wie Harry sich anspannte, und zog sein Handy heraus.


Schnell suchte er in den Kontakten nach seiner Mutter, was ihm nicht schwerfiel, da außer seiner Mutter und Gemma niemand anderes gespeichert war. Liam müsste das, sobald die Situation sich wieder beruhigt hatte, unbedingt ändern.


Schnell rief Liam Harrys Mutter an, welche verkündete, dass sie sich sofort auf den Weg machte.


"Liam?", fragte Louis leise, um dessen Aufmerksamkeit zu bekommen. Liam hatte völlig vergessen, dass Louis auch noch im Raum war. "Was?", gab er bissig von sich. "Also ... ähm, woher wusstest du, wie du mit ihm umgehen musstest?" "Ich habe mich darüber Informiert, als ich es erfahren habe. Ich wollte keinen Fehler in seiner Gegenwart machen." Er drehte sich zu Louis, um ihn in die Augen zu schauen. "Im Gegensatz zu dir interessiere ich mich für meine Mitmenschen." Louis fühlte sich schlecht, er wusste nicht, dass Harry krank war. "Hör zu, Liam, es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass er krank ist. Ich dachte einfach, er wäre ein, na ja, einfach nur ein Spinner." Liam hasste dieses Wort. Egal welcher Mensch, keiner von ihnen hatte es verdient gemobbt zu werden. "Du solltest besser verschwinden, bevor seine Mum da ist." Louis nickte und mit einem letzten Blick zu Harry verließ er den Raum.

"Danke, Liam." Liams Aufmerksamkeit, die gerade noch an der Tür hing, richtete sich nun wieder auf Harry. "Du musst mir nicht danken, Harry. Ich bin dein Freund, weißt du noch? Wir passen aufeinander auf" Bevor Harry antworten konnte, wurde die Tür erneut aufgerissen und Anne stürmte herein. "Harry, Baby, mein Schatz." Sie stürmte auf ihren Sohn zu und nahm ihn sofort in eine feste Umarmung. Augenblicklich entspannte sich Harrys zitternder Körper und er drückte sich fest an seine Mutter.


***

Louis saß in der Zwischenzeit in Mrs. Dekan's Mathematikunterricht und dachte über das, was in den Toilettenräumen passiert war, nach. Seine Freunde Niall und Zayn, die sich angeregt über die heute anstehende Party unterhielten, bekam er kaum mit. Zu sehr war er in Gedanken. Warum war ihm nie aufgefallen, dass Harry krank war? All diese komischen Dinge, die er immer tat, ließen Louis denken, Harry wäre einfach nur verrückt. Aber dass er tatsächlich krank war, schien für Louis nie eine Option zu sein.

"Jungs, wusstet ihr, dass Styles Asperger hat?" Er wandte sich an seine Freunde, die ihn verwirrt ansahen. "Wen interessiert das?", fragte Niall, der sich über Louis' Frage zu wundern schien. "Ich weiß nicht, wir gehen seit Jahren auf dieselbe Schule und mir ist das bis heute nie aufgefallen", versuchte Louis seine Frage zu erklären. "Was ändert das, Lou? Er ist und bleibt ein Spinner." Lachend drehte Zayn sich wieder nach vorn. Doch was beide nicht wussten, war dass Louis' Cousin Robert ebenfalls krank war. Nicht Asperger, wie Harry es hatte, Robert litt an Schizophrenie. Louis liebte seinen Cousin und hatte ihn früher immer beschützt. Doch das konnte er seinen Freunden nicht erzählen. Sie würden ihn auslachen, wenn sie wüssten, dass Louis' Familie nicht perfekt war.

"Ja ... Ja ,du hast recht, Zayn. Er ist und bleibt ein Spinner", log er deshalb und richtete sich dann wieder nach vorn. "Lou, wann ziehst du denn nun um?" Louis antwortete, ohne Niall anzusehen: "Heute nach der Schule, meine Mum hat schon fast alles ins neue Haus gebracht und später ist dann der Rest dran."

***

In der Zwischenzeit brachte Anne ihren Sohn, begleitet von Liam, nach Hause. Harry lag eingerollt in seiner Decke auf seinem Bett. Auch wenn Harry nicht sprach, Liam blieb bei ihm, während Anne einen Tee zubereitete. Harry tat ihm leid und er wollte ihn unterstützen, auch wenn das hieß, einfach nur hier zu sitzen und nichts zu tun.

"Harry, geht es dir wieder besser?" Zaghaft nickte Harry, während er seine Decke noch fester hielt. "Ich hatte Angst, Liam." Verständnisvoll schaute Liam den verängstigten Lockenkopf an. "Ich weiß, Harry, ich bin hier und deine Mum auch. Wir passen auf dich auf", versprach er. "Du warst heute nicht da." "Tut mir leid. Ich kam heute erst später in die Schule. Meine restlichen Sachen sind heute morgen aus Wolverhampton gekommen. Ich war gerade auf dem Weg in den Unterricht, als ich deine Schreie gehört habe." Harry war froh, dass Liam nicht krank war, wie er es zuerst vermutet hatte. "Du solltest in der Schule sein. Du wirst Ärger bekommen, weil du einfach gegangen bist." Harry hatte Schuldgefühle, weil er Liam von der Schule abhielt. "Mach dir keine Sorgen, Harry. Mein Dad ist unsere Schulleiter, ich werd schon keinen Ärger bekommen." Jetzt verstand Harry auch, warum Louis Liam nichts getan hatte. " Deswegen sind Louis und seine Leute also gegangen, als du mir geholfen hast." Liam zuckte mit den Schultern und lachte leicht auf. "Kann sein, ja. Auch wenn ich diesen Vorteil nicht gern nutze, hat er da wohl doch geholfen."

Es verging noch eine weitere Stunde, in der Liam einfach nur an Harrys Seite saß. Sie sprachen nicht viel, und das mussten sie auch nicht. Harry fühlte sich wohl mit Liams Anwesenheit.

"Harry, darf ich dich etwas fragen, und du antwortest ehrlich?" Etwas ängstlich nickte Harry. "Hat Louis dich schon oft so bedrängt? "Schnell schüttelte Harry den Kopf. "Nein. Er war zwar immer gemein zu mir und hat mich sehr oft beleidigt, aber mehr als ein bisschen geschubst hat er noch nie. Ich weiß nicht, warum er jetzt so ist." Liam nickte. "Okay, Harry, du musst mir versprechen, dass du mir Bescheid sagst, sobald Louis oder seine Freunde etwas tun, okay?" Mit einem Okay stimmte Harry zu und fing an zu gähnen. "Du solltest schlafen ,Harry, es war anstrengend für dich." Tatsächlich spürte Harry eine plötzliche Müdigkeit, also legte er sich hin und schloss die Augen, bis er kurz darauf in einen ruhigen Schlaf fiel.

Liam ging nach unten, um sich von Anne zu verabschieden. Sie stand in der Küche und schnitt gerade Tomaten für einen Salat. "Mrs. Styles, ich mach mich jetzt auf den Weg. Harry ist eingeschlafen." Anne lächelte Liam sanft an. "Nenn mich bitte Anne. Du kannst gern zum Essen bleiben, wenn du möchtest." "Vielen Dank, Anne, ein anderes Mal gern. Mein Dad wartet sicher schon auf mich." Anne legte das Messer zur Seite, ging auf Liam zu und zog ihn in eine Umarmung. "Ich danke dir, Liam, für alles. Harry bedeutet es wirklich viel, einen Freund zu haben. Ich weiß, ihr kennt euch kaum, aber Harry hat dich sehr gern." Etwas überrascht von Annes Umarmung erwiderte er: "Sie müssen mir nicht danken, Anne. Ich mag Harry auch, er ist ein toller Mensch." Mit Tränen in den Augen löste sich Anne von Liam. "Warum weinen Sie denn? Hab ich etwas Falsches gesagt?" Hastig schüttelte Anne mit ihrem Kopf. "Nein, nein, ganz und gar nicht. Es ist nur manchmal nicht leicht." Verständnisvoll nickte Liam und lächelte sie aufmunternd an. "Das kann ich verstehen. Aber Sie sind eine starke Frau, Sie schaffen das." Anne zog Liam erneut in eine Umarmung. "Danke."

✔Asperger 1 - I'm not a Freak •|• Larry [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt