✔Kapitel 47

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Kapitel 47

"Louis, wach auf." Jay weckte ihren Sohn am nächsten Morgen. Louis wollte nicht aufstehen, er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. "Lass mich schlafen", murmelte er mit halb offenen Augen. Gerade im Moment dachte er, alles, was am Vortag passiert war, wäre nur ein böser Traum. Doch als eine weinende und laut schluchzend Anne hinter seiner Mutter auftauchte, traf es ihn wie ein Blitzschlag. Sofort schossen ihm die Bilder von Harry und Zayn in den Kopf. Zayn nackt auf dem ebenfalls nackten Harry. Beide schwitzend und stöhnend. Ihre Lippen, die sich auf einander bewegten. Erneut spürte er, wie Tränen aufstiegen, sein Herz sich schmerzhaft zusammenzog.

"L-Louis, Harry, e-er ist v-verschwunden." Mit großen Augen sah er zu Anne, die noch immer weinte, und seine Mutter, die ihr beruhigend über den Rücken strich. "Wie verschwunden? Wie kann er denn verschwinden?" Anne sagte nichts, sie reichte Louis den Brief, den Harry hinterlassen hatte.

Immer und immer wieder las er die kurzen Zeilen. Jedes Wort, jeden Buchstaben, in der Hoffnung, sie würden sich ändern, andere Sätze bilden. Doch sie taten es nicht. Sie blieben gleich. Harry war verschwunden. "Hast du versucht ihn anzurufen?" Anne nickte. "Er h-hat sein Handy n-nicht mitgenommen. Wir müssen ihn zurückholen, er k-kommt allein doch gar nicht zurecht." Louis fuhr sich durch die Haare, dann einmal über das Gesicht, um einen klaren Gedanken zu fassen. "Ich wollte doch nicht, dass er das wirklich macht. Es ist alles meine Schuld. Wenn ihm etwas passiert, werde ich mir das niemals verzeihen." Anne lief auf ihn zu, legte ihre Hand auf Louis. "Du kannst nichts dafür, okay? W-wir werden ihn finden und zurückbringen. Wir müssen." Verzweifelt schüttelte Louis den Kopf. "Wo sollen wir denn nach ihm suchen? Er könnte überall im Land sein. Wir müssen zur Polizei, die werden ihn finden." Louis sprang aus dem Bett. In Windeseile machte er sich fertig. "Lass uns gehen, bevor er zu weit weg ist. Vielleicht ist er noch irgendwo in der Nähe." Anne nickte und gemeinsam fuhren sie zum nächsten Polizeirevier.

*

"Mrs. Styles, nach Ihren Erzählungen ist Ihr Sohn bereits 18 und er ist aus freien Stücken gegangen. Ich sehe leider nichts, was auf eine Gefahr hindeutet. Ich bin mir sicher, er wird sich bei Ihnen melden." Nach mehr als einer Stunde, in der Anne und Louis mit der Polizei sprachen, kamen sie leider zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Louis war sauer und frustriert, sie mussten doch etwas tun. "Officer, Harry kann nicht für sich selbst sorgen, sie müssen nach ihm suchen, bevor ihm etwas passiert." Anne fing erneut an zu schluchzen bei Louis' Worten. Beruhigend legte er seine Hand auf ihre, während sie sich die Tränen von den Wangen wischte. "Es tut mir leid, Mr. Tomlinson, aber mir sind die Hände gebunden. Solange er nicht in Gefahr ist oder eine Gefahr für andere darstellt, kann ich nichts für Sie tun. Selbst wenn ich wollte."

*

"Das kann doch nicht deren Ernst sein. Alle sagen 'Die Polizei, Ihr Freund und Helfer'. Ein Scheiß sind die", fluchte Louis, als sie wieder auf dem Nachhauseweg waren. Anne weinte noch immer, sie machte sich solche Sorgen um ihren Sohn. "Anne, bitte beruhige dich, wir werden ihn finden, das verspreche ich dir. Es wird ihm nichts passieren." Louis versuchte Anne zu beruhigen, doch auch er selbst machte sich unheimliche Sorgen. Er könnte sich selbst ohrfeigen dafür, dass er diese Dinge zu Harry gesagt hatte. Er war doch einfach nur sauer und verletzt in diesem Moment. Nicht dass er es jetzt nicht immer noch wäre, aber er würde einige Dinge anders machen. Er hatte Dinge gesagt, die er so nicht meinte. Er liebte Harry noch immer, natürlich tat er das, es war unmöglich für ihn, Harry nicht zu lieben. Er würde ihn immer lieben, egal was passiert war und noch passieren würde.

*

Als er Anne zurück nach Haus fuhr, schickte ihn seine Mutter in die Schule. Natürlich wollte er nicht, er hatte andere Dinge im Kopf als Schule. Er wollte Harry suchen, da half ihm der blöde Chemieunterricht nicht wirklich weiter. Aber er gab sich geschlagen, als Anne und Jay ihm versprachen, sofort anzurufen, wenn es etwas Neues gab.

Louis ging gerade durch das Schultor, als Liam schon auf ihn zu gerannt kam. Louis seufzte. Er wusste, dass er ihm jetzt alles erzählen musste, denn Liam hatte ja nichts mitbekommen.

"Louis, verdammt, wo warst du? Und wo ist Harry? Zayn erzählt überall herum, dass er mit Harry geschlafen hat. Er sagte, ich zitiere: 'Ich hab dem Freak das Hirn rausgevögelt.' Was ist passiert?" Liam sah ihn fragend an, während Louis gerade versuchte die Tränen zurückzuhalten. Liam bemerkte Louis' vergeblichen Kampf und schloss ihn sofort in die Arme.
Als er sich wieder beruhigt hatte, fing er an Liam alles zu erzählen.

*

"Ich bringe dieses Schwein um, ich mach ihn fertig. Wie herzlos kann man sein, jemandem so etwas anzutun? Und warum zum Teufel macht die Polizei nichts, um Harry zu suchen? Er ist ja kein normaler 18-jähriger, der einfach mal ein paar Tage von zu Hause verschwinden will. Ich versteh das alles nicht." Die beiden Jungs saßen auf der Bank des Schulhofes. Louis' Tränen flossen noch immer, aber die unkontrollierten Schluchzer hatten nachgelassen. "Das ist alles meine Schuld, Liam. Ich hätte ihn nicht allein lassen dürfen, und ich hätte ihm nicht solche Dinge sagen sollen." Louis atmete tief durch, während er versuchte die neu aufkommenden Tränen wegzublinzeln. "Das ist nicht deine Schuld. Rede dir das bitte nicht ein. Ich bin sicher, Harry wird wieder auftauchen, und dann könnt ihr das klären." Louis nickte, sagte aber nichts mehr.

"Zayn", schrie Liam auf einmal, was Louis aufschrecken ließ. Er folgte Liams Blick und seine Miene verfinsterte sich. Dort stand Zayn, als wäre nichts geschehen, lachend mit seiner Gang. Louis hielt nichts mehr auf dieser Bank, sofort sprang er auf und lief mit geballten Fäusten auf Zayn zu. Dieser hatte die beiden Jungs bereits entdeckt und hatte ein fieses Grinsen auf den Lippen. 'Das Grinsen wird dir gleich vergehen', dachte Louis, als er fast bei ihm ankam. "Hey, Louis, wie geht's Harry, ich hoffe sein Hintern tut nicht zu sehr weh ... Ich weiß, ich kann etwas grob ..." Weiter kam Zayn nicht, denn Louis' Faust traf genau in sein Gesicht. Louis' ganze Wut, Frust und Traurigkeit steckte in diesem einen Schlag. Zayn lag am Boden und hielt sich die blutende Nase. "Du bist das Letzte. Du bist das egoistischste Arschloch, was ich jemals kennengelernt habe. Du wirst bereuen, was du getan hast, das verspreche ich dir." Zayn, der sich gerade wieder aufstellen wollte, lachte. "Ist der kleine Louis sauer, weil seine Prinzessin keine unschuldige Jungfrau mehr ist?" Louis' Atem ging schwer. "Sei ruhig." Zayn ging langsam auf Louis zu, stellte sich genau vor ihn. "Soll ich dir sagen, wie dein kleiner Freak im Bett ist?", provozierte Zayn weiter. "Halt deine Fresse." Zayn schloss die Augen, biss sich auf die Unterlippe und stöhnte. "Er ist so verdammt eng." Das war zu viel für Louis. Erneut holte er aus, sodass Zayn zu Boden ging. Er setzte sich auf die Hüften von Zayn und schlug weiter auf ihn ein. Zayns Nase war längst nicht mehr das Einzige, was blutete.
Louis war wie in Trance, immer wieder schlug er zu, ihm war egal, dass der Junge unter ihm sich nicht mehr rührte. Zwei starke Arme packten ihn und zogen ihn von dem bewusstlosen Zayn weg. Louis' Atmung war stoßweise, seine Augen stark auf Zayn gerichtet, seine blutigen Hände noch immer zu Fäuste geballt.

"Ruft einen Krankenwagen", rief einer von Zayns Jungs. Sofort bildete sich eine riesige Menschenmenge um den am Boden Liegenden. Liam zog an Louis' Arm. "Lass uns verschwinden, Louis ... Louis, hörst du, lass uns verschwinden." Liams Stimme drang nur schwer zu Louis hindurch. Noch immer dröhnte sein Kopf, sein Körper zitterte vor Wut.

Liam zog ihn weiter, weg von der Masse an Schülern und rein ins Schulgebäude. Er nahm ihn mit auf die Toiletten, um ihn dort zu säubern. Louis sagte noch immer kein Wort, starrte nur auf seine blutigen und zittrigen Hände, als Liam sie unter das Wasser hielt.

Als Liam fertig war, drückte er Louis in eine Kabine, sodass dieser sich auf eine der Toiletten setzen konnte.

"Louis, hörst du mich?" Der Blauäugige hob seinen Blick und schaute Liam in die Augen. "Ich hab ihn umgebracht ... ich ... ich hab ihn umgebracht." Louis bekam Panik. "Ganz ruhig. Du hast ihn nicht umgebracht, der wird schon wieder", versuchte Liam ihn zu beruhigen. "Ich ... ich konnte nicht aufhören, es war wie ein Rausch ... ich hab einfach die Kontrolle verloren." Liam strich seinem Freund beruhigend über den Oberarm. "Es ist okay, er hat es verdient." Liam lächelte leicht, was Louis erwiderte.

"Louis Tomlinson. Bitte sofort in das Büro des Direktors", hallte es aus den Boxen der Schulsprechanlage. "Na klasse, ich werde jetzt sicher von der Schule fliegen", seufzte Louis. "Das wird schon", munterte Liam ihn auf und gemeinsam verließen sie die Toiletten.

✔Asperger 1 - I'm not a Freak •|• Larry [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt