Kapitel 6

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Die nächsten Wochen wurden düsterer. Erst wurde Mrs. Norris versteinert gefunden, dann wurde Harry beim Quidditch Spiel von einem Klatscher gejagt. Ich verfolgte das ganze geschockt und ängstlich von den Rängen aus. Neben mir zitterte Ginny. Sie hatte mir bereits vor Wochen von ihrer Schwärmerei erzählt. Auch, dass er in den Sommerferien bei ihnen gewesen war und wie peinlich sie sich verhalten hatte. Nun hatte sie Angst um ihn. Ich versuchte sie zu trösten, als mir auffiel, dass Fred und George immer in Harrys Nähe waren und sich zwischen ihn und den Klatscher warfen, um diesen wegzuschleudern. Nun weinte Ginny fast. Zu der Angst um Harry kam nun auch die Angst um ihre Brüder hinzu. Und auch mir wurde mulmig. Ich mochte Fred und George mittlerweile so sehr, dass ich Panik bekam. Wieso unternahm keiner der Lehrer etwas? Warum schauten sie einfach nur zu?

Als Harry endlich den Schnatz gefangen hatte, haute es ihn vom Besen. Der Klatscher hatte ihn am Arm verletzt. Entsetzt schauten wir von den Rängen her zu, was dort unten geschah. Mir schwante erneut nichts Gutes, als ich Lockhard auf ihn zu rennen sah. Das konnte nur in die Hose gehen. Und genau so war es auch. Harry besaß keinerlei Knochen mehr im Arm. Als Expertin für Knochenbrüche bekundete ich ihm im Voraus schon mal mein Beileid, da es nun recht schmerzhaft für ihn werden würde.

Ginny lief die Tage darauf recht kalkweiß durch die Gegend.

„Es geht ihm doch schon wieder gut", meinte ich. Doch Ginny hatte sich generell verändert. Sie war ruhiger geworden, lachte nicht mehr so viel und manchmal konnte ich sie nicht finden. So langsam machte ich mir ernsthaft Sorgen um sie.

Als sie mal wieder Abends ziemlich verstört im Gemeinschaftsraum saß und drohte, los zu weinen, nahm ich sie in den Arm und brachte sie in unseren Schlafsaal. Nachdem sie eingeschlafen war, ging ich wieder hinunter. In einer Ecke saßen Fred und George mit Lee und einigen Mädchen. Ich kannte sie nicht so gut. Ich wusste nur, dass sie auch im Team waren.

Ich stellte mich zu ihnen.

Ein Mädchen schaute als erste auf und warf mir einen fragenden Blick zu.

„Hallo", meinte ich selbstsicher. Wir waren in einem Haus, was sollte ich gegen sie haben?

Nun schauten auch Fred und George auf.

„Meg, was ist los?", fragte Fred sofort.

„Kann ich kurz mit euch reden?"

Sofort standen die Zwillinge auf und gingen mit mir ein Stück weg von den anderen.

„Also Meg, schieß los", meinte George.

„Ich mache mir Sorgen um Ginny", meinte ich geradeheraus.

„Wieso?", kam es doppelt zurückgeschossen.

„Ist euch nicht ihr verändertes Verhalten aufgefallen?", fragte ich sie verwirrt und runzelte die Stirn.

„Harry geht es doch wieder gut. Sie wird in ein paar Tagen wieder die Alte sein", sagte George und versuchte mich zu beruhigen.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, da muss mehr dahinter stecken. Aber sie redet nicht mit mir."

„Mit uns auch nicht. Sie wird sich einfach nur Sorgen um Harry gemacht haben", beschwichtigte nun auch Fred.

Ich gab auf. Sie wollten es nicht sehen. Also seufzte ich und meinte: „Ich hoffe, ihr habt recht."


Doch sie hatten nicht recht. Ginny wurde immer komischer und ich machte mir mittlerweile richtig Sorgen um sie. Keine 10 Sekunden ließ ich sie aus den Augen. Auch mit Percy und Ron hatte ich versucht zu reden, doch auch sie hatten abgeblockt.

Also lag es ganz allein an mir. Ich musste Ginny im Auge behalten.

Es gab nun mehr Angriffe auf Schüler. Irgendwie hatte ich Angst, aber irgendwie auch nicht. Es ging schließlich der Mythos der Kammer des Schreckens um. Und demnach hatte ich als Reinblut nichts zu befürchten. Während meine Aufmerksamkeit komplett auf Ginny lag, bekam ich gar nicht mit, wie die Monate an uns vorbeizogen und wir uns im Februar befanden. Dies wurde mir erst bewusst, als eine Horde Zwerge von Lockhard freigelassen wurde, die Valentinstagsgrüße überbringen sollten. Gerade liefen wir einen Gang entlang, als ich Harry erblickte. Er versuchte panisch vor einem besonders fetten Exemplar zu fliehen, doch der Zwerg haute ihn von den Beinen und setzte sich darauf. Dann begann er einen sehr eigenwilligen Gruß vorzutragen. Ich konnte mir das Lachen kaum verkneifen und wollte Ginny neben mir kichernd darauf ansprechen, als ich sah, dass sie weiß wie Kreide geworden war. Dann dämmerte es mir. Der Gruß war von ihr. Wann hatte ich sie so lange aus den Augen gelassen, dass sie dem Zwerg diesen Schwachsinn sagen konnte? Ich stöhnte, ich war nach dem Essen kurz auf Toilette gewesen.

Der Zwerg war fertig, die umstehende Menge lachte und johlte und Harry sah so peinlich berührt aus, dass er scheinbar am liebsten im Erdboden versinken würde. Ich wollte Ginny gerade greifen und von dieser Situation wegbringen, als ausgerechnet Malfoy seinen Mund öffnete und Ginny seine Meinung laut kundtat. Nun schossen alle Blicke zu Ginny. Sie wurde noch weißer und sah aus, als würde sie gleich losweinen. Ich warf Malfoy einen bösen Blick zu und ging direkt in seine Richtung. Dann holte ich ohne Vorwarnung aus und gab Malfoy eine schallende Ohrfeige. Voller Genugtuung betrachtete ich meinen roten Handabdruck, der sich auf seiner linken Wange abzeichnete. Malfoy griff sich ungläubig und schmerzerfüllt an die Wange. Doch bevor er etwas sagen oder ich das anerkennende Murmeln um mich herum wahrnehmen konnte, ertönte die aufgebrachte Stimme von Professor McGonagall.

„Miss Matthews!", donnerte sie und schaute mich stinksauer an.

Ich schaute kleinlaut zu ihr hinauf. Mit einer wütenden McGonagall war nicht zu spaßen, da vergingen sogar mir die Widerworte.

„20 Punkte Abzug für Gryffindor und Nachsitzen!", polterte sie.

Ich nickte einfach nur ab und drehte mich um. Ginny war verschwunden.

Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, Ginny zu suchen. Ich fand sie im Klo der Maulenden Myrte.

„Da bist du ja endlich!", sprach ich sie atemlos an. „Weißt du, wie lange ich dich jetzt schon gesucht habe!" Der Vorwurf klang deutlicher, als ich beabsichtigt hatte.

Ginny zuckte mit den Schultern. Sie hatte geweint, lange. So sah sie zumindest aus.

Sofort wurde meine Miene weicher. „Es tut mir leid", meinte ich und legte meinen Arm um sie.

„Du kannst doch nichts dafür", schniefte sie. „Ich habe dem Zwerg doch diese Nachricht übergeben. Wie konnte ich so dumm sein?" Dann weinte sie erneut.

Wir saßen noch eine Weile zu zweit am Boden der Toilette und redeten über Dummheiten. Am Ende konnte Ginny wieder grinsen und wir gingen gemeinsam in den Gemeinschaftsraum. Erst da fiel uns auf, wie spät es schon war. Keiner saß mehr darum und auch das Feuer war bereits erloschen.



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