Meine Eltern schienen Wort gehalten zu haben. Wann immer ich wach wurde, war einer von beiden da. Auch meine Großeltern aus Irland kamen. Irgendeiner der vier war immer bei mir. Dennoch legte ich meinen ganzen Fokus darauf, wieder ich selbst zu werden. Ich musste fast alles neu erlernen. Seit der Schlacht um Hogwarts waren sechs Monate vergangen. Sechs lange Monate bis ich aufgewacht war.
Täglich übte ich das Schlucken und konnte schon bald immerhin wieder schluckweise trinken und Kleinigkeiten essen. Nebenbei versuchte ich mich immer wieder am Sprechen. Die ersten Versuche waren kläglich gewesen, doch nun klappte es immer besser.
Mein eiserner Wille und meine durch die ZAGs ins Leben gerufene Disziplin sorgten dafür, dass ich schnell Fortschritte machte. Die Heiler schauten mich manchmal ungläubig an, wenn ich mal wieder etwas erlernt hatte, was sie erst für einige Wochen später prognostiziert hatten.
Bald fühlte ich mich auch so gut, dass ich bereit war, Besuch zu empfangen. Dies ließ sich meine beste Freundin nicht zwei mal sagen und stand fast unmittelbar nach meiner Eule in meinem Zimmer.
Sie fiel mir, wenn auch vorsichtig, direkt um den Hals.
„Oh, Gott, Meg. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich vermisst habe!"
„Ich freue mich auch, dich zu sehen", meinte ich abgehackt.
Dann ließ Ginny sich neben meinem Bett nieder.
„Wie geht es dir? Hast du Schmerzen?"
„Nein, ich bin schmerzfrei und mir geht es eigentlich ganz gut. Ich kann es kaum erwarten, endlich hier raus zu kommen", witzelte ich.
Doch Ginny lächelte nicht zurück. „Meg, du siehst nach wie vor so scheiße aus. Ich glaube nicht, dass sie dich bald entlassen."
Nun erstarb mein Lächeln. „Was heißt, ich sehe scheiße aus?"
„Hast du dich denn noch gar nicht im Spiegel gesehen?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Hier." Ginny reichte mir einen Spiegel.
Ich nahm ihn und hielt ihn mir vor das Gesicht. Erschrocken keuchte ich auf.
Mein Gesicht war eingefallen und fahl. Es hatte kaum Farbe, außer die dunklen Ringe um meine Augen. Diese schienen sich auch weiter in die Höhlen verzogen zu haben. Wenn ich schon dachte, die Wangenknochen meiner Mutter würden weit herausstehen, was sollte ich dann zu meinen sagen?
Am Haaransatz auf meiner linken Seite der Stirn bis hin zur Schläfe war eine feine Narbe zu erkennen. Sie war bereits abgeschwollen und weniger gerötet, dennoch noch sehr gut sichtbar. Das musste also die Stelle gewesen sein, an der der Stein meinen Kopf förmlich aufgerissen hatte.
Ich betrachtete sie genauer und fuhr sie mit meinem Zeigefinger nach. Sie sah aus wie ein F.
„Was ist mit Fred?", schoss die Frage aus mir heraus.
Ginny schaute mich traurig an. Tränen sammelten sich sofort in ihren Augen. Einen Moment versuchte sie noch, sie zurück zu halten, doch dann liefen sie.
Das Schlimmste ahnend, wartete ich ab.
„Fred ist....Fred.....er....tot", stotterte Ginny unter Tränen.
Ich reichte ihr ein Taschentuch. „Was? Wann? Wie?" Mein Gehirn schien diese Worte nicht richtig verarbeiten zu können.
Nun war es an Ginny mich verständnislos anzuschauen. „Die Schlacht? Er hat dir das Leben gerettet?"
Entsetzt schaute ich sie an.
„Weißt du das nicht?"
Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß gar nichts. Immer, wenn ich Fragen stelle, vertrösten sie mich auf später."
„Oh, Meg. Das wusste ich nicht."
Und dann erzählte Ginny mir alles. Wie Fred für mich gestorben war, wie George und Percy uns in die Halle gebracht hatten, wie sie alle geglaubt hatten, dass ich auch tot sei.
Durch Ginnys Erzählungen konnte ich endlich den Verlauf der Schlacht verfolgen.
„Und was passierte danach?" Das war die nächste dringende Frage, die sich seit Wochen pausenlos in meinem Kopf aufhielt.
„Nun, ja. Zuerst war Freds Beerdigung. Sie war schön und es waren so viele Menschen dort. Auch deine Eltern. Du konntest ja nicht. Er ist in der Nähe vom Fuchsbau begraben. Wenn du wieder fit bist und möchtest, führe ich dich mal hin. Ich mache mein letztes Jahr in Hogwarts. Aber ich durfte sofort hier her kommen, als die Nachricht kam. McGonagall ist eine tolle Schulleiterin. Gut, die meiste Zeit machen wir den praktischen Unterricht beim Schlossaufbau. Die Erstklässler lernen den Schwebezauber an den Steinen, die aus dem Schloss raus auf den Haufen müssen. Hermine ist mit mir in Hogwarts. Auch sie will ihr letztes Jahr noch nachholen. Wie du dir vorstellen kannst, machen Harry und Ron das nicht. Sie arbeiten im Ministerium und bauen dies mit auf. Bill und Fleur haben ihre Hochzeitsfeier noch einmal wiederholt. Dieses Mal mit einem schöneren Ende. Charlie ist wieder in Rumänien, besucht uns aber nun häufiger als früher. Percy hat doch tatsächlich eine Frau kennengelernt. Sie sind noch am Anfang ihrer Beziehung, aber es scheint zu funktionieren."
„Und George?", fragte ich mit einem großen Klos im Hals.
Ginnys zwischendurch aufgetauchte Freude verschwand wieder. Sie sackte zusammen und meinte: „Seit der Beerdigung hat ihn keiner mehr wirklich gesehen. Der Laden ist geschlossen. Ron und Lee bereiten die Wiedereröffnung vor, aber George ist nicht in der Lage ihnen zu helfen. Mum und Dad besuchen ihn einmal die Woche, aber alle anderen will er nicht sehen. Er sitzt bei ihren Besuchen auch nur still auf dem Sofa und schaut Löcher in die Luft. Angelina ist deshalb nervlich am Ende."
„Sie sind noch zusammen?", fragte ich erstaunt.
„Na ja, so was in der Art. Angelina ist sauer auf ihn, weil er sich ihrer Meinung nach gehen lässt. Sie will, dass er wieder arbeitet und alles so wird wie früher. George kann das aber nicht leisten. Er hat sich in seiner Trauer vollkommen zurück gezogen."
Das waren ja keine erfreulichen Nachrichten. Aber was hatte ich auch erwartet?
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Only You
FanfictionMegara ist Ginnys beste Freundin. Gemeinsam meistern sie ihre Zeit in Hogwarts und erleben ihre Abenteuer. Doch Megara hat ein Problem. Sie verliebt sich in George. Doch dieser sieht in ihr nur die beste Freundin seiner kleinen Schwester... Alle R...