„Hast du Angst?"
Als würden die Buchstaben sich verändern, wenn ich sie mit meinem Blick fixierte, starrte ich auf mein Handy. Dann blickte ich auf und die Welt schien sich zu drehen. Die Bushaltestelle flog an mir vorbei. Ebenso die alte Grundschule, meine Schule und der Wald. Alles wurde unklar. Mein Hals war wie zugeschnürt. Meine Knie weich. Meine Hände zitterten.
Es war als hätte jemand meine Füße an Ort und Stelle eingegraben...
„Julien!", rief ich noch. Dann wurde mir schwarz vor Augen und das Letzte was ich spürte war ein scharfer Schmerz in meinem Hinterkopf.
Als ich meine Augen wieder öffnete war um mich herum ein weißes Licht. Der erste Gedanke der mir durch den Kopf schoss war: Bin ich tot?
„Julien?", krächzte ich heiser und keine Sekunde später tauchte sein Gesicht über mir auf. Da erst bemerkte ich, dass seine Hand meine fest umklammert hielt und sein Daumen gleichmäßig kleine Kreise auf meinen Handrücken malte.
Erleichtert seufzte ich. Ich war also nicht tot.
„Was ist passiert?", fragte ich und setzte mich auf. Was sich als Fehler herausstellte. Mir wurde schlecht und wieder drehte sich alles. Mein Kopf schmerzte unerträglich und ich stöhnte.
Als ich mich wieder beruhigt hatte, sah ich auf. Ich befand mich auf der Krankenstation unserer Schule.
Alles war gut.
Maxim hatte mich nicht erwischt.
„Das gleiche wollte ich dich fragen.", meinte Julien ernst. „Du hast meinen Namen geschrien und bist einfach umgefallen. Weißt du eigentlich, was für eine Scheißangst ich hatte?" Sorge zierte sein sonst so schönes Gesicht.
Aber sollte ich es ihm wirklich sagen? Er würde sicher fortgehen um Maxims Spuren zu suchen. Doch ich wollte nicht, dass er ging. Ich brauchte ihn jetzt genau hier. Bei mir.
Letztlich würde er die Informationen bekommen die er wollte. Und dann würde er so oder so gehen. Er war ein Hunter! Was erwartete ich?
Dass er still und hübsch an meiner Seite ruhte? Nein! So naiv war selbst ich nicht.
Ich musste es ihm sagen.
Früher oder später würde er es herausfinden.
Schweratmend ließ ich mich zurück in das Krankenbett sinken und vergrub den schmerzenden Kopf in den Kissen.
„Wo ist mein Handy?", fragte ich dann.
Er runzelte verwirrt die Stirn. Allerdings konnte ich es ihm nicht einmal verübeln.
„Warum...", begann er, doch ich fuhr ihm direkt über den Mund.
„Gibs mir einfach, ja?", sagte ich und versuchte nicht allzu gereizt zu klingen. Aus diesem Grund schob ich auch ein sanfteres „Bitte" hinterher.
Julien schüttelte den Kopf, seufzte und murmelte irgendetwas das wie „Typisch Frau" klang.
„Aiden!", rief er danach laut und keine Sekunde später wurde die Tür zur Krankenstation aufgerissen und er stürmte hinein.
„Sie will ihr Handy.", erklärte Julien, als Aidens Blick mehrere Male zwischen uns hin und her gewandert war.
„Wieso das denn?", wollte er genauso verwirrt wie Julien wissen.
„Keine Ahnung.", antwortet dieser und zuckte mit den Schultern. Aiden schloss die Tür wieder, kam zu mir ans Bett, zog mein Smartphone aus seiner Hosentasche und überreichte es mir mit einem tadelnden Blick.
„Danke.", antwortete ich langezogen und grinste.
Die beiden Jungs tauschten einen Blick. Ich ignorierte sie und tippte meinen Code ein. Dann suchte ich nach der SMS von der unbekannten Nummer und drehte das Handy so, dass Julien auf den Bildschirm sehen konnte.
Sofort versteinerten sich seine Gesichtszüge sich. Aiden beobachtete ihn und als Julien mir mein Mobiltelefon aus der Hand nahm und es ihm gab, wurde mir bewusst, dass ich es ihnen doch nicht hätte zeigen sollen.
„Denkst du es kommt von deinem Bruder?", fragte Aiden nachdenklich.
„Ja. Er hat schon früher gerne solche Spielchen gespielt und seinen Opfern Angst eingejagt.", entgegnete er, raufte sich die Haare und begann im Zimmer auf und ab zu laufen. „Das ist definitiv seine Handschrift.", bestätigte er noch einmal.
Bei seinen Worten wurde die Kette auf meiner Brust kalt und die kleinen Härchen auf meinen Armen stellten sich auf. Der Anhänger spiegelt meine Angst, dachte ich und holte ihn mit wackeligen Fingern unter meinem Oberteil hervor. Sofort war Julien alarmiert und an meiner Seite.
„Charly?" Sein Gesicht wirkte beunruhigt. „Ist alles in Ordnung?"
Ich lächelte als Antwort nur matt und verbannte alle furchterregenden Gedanken aus meinem Kopf. Tja und mit der Angst ging auch die Kälte und so kam es, dass ich mich erleichtert zurücklehnte.
„Es geht mir gut.", versicherte ich.
„DAS, meine Liebe, glaube ich dir nicht so ganz.", sagte er und zog lächelnd die Augenbrauen in die Höhe.
„Ach und warum nicht?", fuhr ich ihn an. Warum war ich denn jetzt plötzlich so gereizt? Vielleicht lag es daran, dass ich wusste, dass er Recht hatte. Aber ich wollte ihm nicht zustimmen. Denn dann würde ich Schwäche zeigen und das obwohl mein Freund ein Hunter war. Wahrscheinlich dachte er dann, ich wäre zu zimperlich. Oder zu mädchenhaft. Oder einfach zu schwach.
„Weil du Angst hast.", erklärte er als wäre es das normalste der Welt. Mein Atem stockte und ich starrte ihn an, als drehe er jetzt völlig durch. Gerade wollte ich etwas erwidern, da rief ich mich zur Ordnung. Es stimmte ja. Also warum sollte ich mich darüber mit ihm streiten.
„Ja, aber ich will keine Angst haben.", flüsterte ich dann und spielte mit der Bettdecke. Julien lächelte und deutete Aiden den Raum kurz zu verlassen.
Dieser lachte leise, ehe er tat wie ihm geheißen. Wenige Sekunden später flog die Tür ins Schloss und Julien setzte sich neben mich aufs Bett.
„Minette! Angst ist etwas ganz natürliches.", lächelte er und nahm meine Hand.
„Ich weiß! Es ist nur... Ach keine Ahnung.", brach ich ab und schüttelte den Kopf. „Du hast ja schließlich auch keine Angst."
Julien seufzte. „Woher willst du das wissen?"
Ratlos zuckte ich mit den Achseln und blickte weg.
„Eben.", lachte Julien. „Wenn du mir eins glauben kannst, dass ich in meinem Leben noch nie mehr Angst hatte, als momentan. Ich habe Angst, dass Maxim dich erwischt, bevor ich ihn finde. Jedes Mal wenn du nicht sofort an dein Handy gehst oder ich dich kurz nicht mehr sehe, denke ich er könnte dich haben und ich wäre zu spät."
Seine Hand legte sich unter mein Kinn und zog mich sanft aber bestimmt zu ihm. Ich hatte keine andere Wahl und musste ihm schließlich in die Augen sein. Dass Tränen darin glitzerten war mir bewusst.
„Charly!", sagte er sanft. „Ich liebe dich. Für dich würde ich alles tun. Und ja, ich habe Angst. Ich habe verdammt viel Angst."
Seine Lippen kamen näher und näher und dann berührten sie meine. Dieser Kuss glich einem Versprechen. Doch der Moment verflog viel zu schnell. Er löste sich von mir und als ich meine Augen öffnete um zu sehen was er tat, verschwand er gerade aus dem Zimmer. Sofort sprang ich auf und rannte hinterher. Der Flur drehte sich und ich wusste, ich würde ihn eh nicht mehr pünktlich erreichen. Trotzdem rannte ich seiner Silhouette hinterher und rief seinen Namen als ich den Schulparkplatz erreichte. Er drehte sich nur kurz um, ehe er weiterlief und in sein Auto sprang. „Julien!", rief ich und erreichte den Dodge fast. Allerdings auch nur fast. Denn Julien fuhr im gleichen Moment los, in dem ich hinten auf die Kofferraumhaube schlug. Das letzte, das ich sah war sein Blick im Außenspiegel. Erschreckend kalt.
Vor Erschöpfung sank ich auf die Knie. Die kleinen Kiessteinchen die sich in meine Knie bohrten, bemerkte ich kaum. Wie viel Zeit vergangen war, bis ich merkte wie jemand mich am Arm hochzog wusste ich nicht.
„Er kommt wieder.", versicherte Aiden und strich mir vorsichtig ein paar Haare aus der Stirn.
„Und woher willst du das wissen?", schniefte ich und versuchte nicht weinen.
„Ich kenne ihn. Aber lass uns erst einmal hier weg, bevor wir noch nass werden.", antwortete er und da erst hörte ich das Donnern. Er hatte Recht. In weniger als fünf Minuten würde hier wahrscheinlich alles überflutet sein.
„Oder schlimmeres...", fügte er noch leise hinzu und ich musste nicht erst raten um zu wissen, was - oder besser wen - er meinte. Sonderlich scharf darauf dieser Person zu begegnen war ich auch nicht und so ließ ich mich von ihm wegführen.
Vor einem teuer aussehenden Motorrad hielt er an.
„Du fährst Motorrad?", fragte ich ungläubig.
Er nickte stolz und gab mir den Helm. „Den ziehst du lieber auf. Wenn dir was passiert macht Julien mich einen Kopf kürzer. Und das versuche ich zu vermeiden."
„Wow.", brachte ich nur heraus und zog den Helm über.
„Wir fahren zu mir, okay? Julien weiß, dass er dich dort findet.", beschloss er dann und schwang sich auf seine Maschine.
Obwohl ich bestimmt aussah wie der größte Vollidiot freute ich mich auf die Fahrt. Ich war noch nie Motorrad gefahren. Und was sollte schon groß passieren?
Wenige Sekunden später erhielt ich meine Antwort, da es begonnen hatte in Strömen zu regnen. Schnell setzte ich mich hinter Aiden und er fuhr los.
Immer weiter in Richtung der dunklen Wolken.
Immer weiter in das Unwetter.Nach einer Ewigkeit melde ich mich mit einer fetten Entschuldigung zurück.
Es tut mir total leid, dass ich solange nichts hochgeladen habe, aber Abschlussplanung, Prüfungsstress und
S-Bahn Streik fordern ihren Tribut... Und zwar meine Kreativität und meine Nerven....
Aber jetzt geht's weiter und ich werde versuchen regelmäßiger zu updaten.
Eure
Anna-Lena
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Schattenkette (PAUSIERT!)
FantasyCharlotte ist 17 Jahre alt und weiß nicht was für Konsequenzen es hat, als sie auf dem Heimweg eine mysteriöse Kette findet und mitnimmt! Diese Kette beinhaltet magische Kräfte und Charly ist sich dieser nicht Herr! Sie kann machen was sie will, das...