Überraschung

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„Hier wohnst du?", fragte ich ungläubig, nachdem Aiden das Motorrad abgestellt hatte und sicher unter einer großen Plane verstaut hatte.
Wir befanden uns auf einem kleinen Hof, der von lauter alten Fabrikhallen umrahmt wurde. Alles war ziemlich heruntergekommen und sah ehrlich gesagt nicht unbedingt bewohnbar aus. Hier und da waren ein paar Fenster kaputt oder so schmutzig, dass man nicht einmal hindurchblicken konnte. Bei einer der Hallen fehlte sogar das halbe Dach.
Unter meinen Füßen zwängten sich einzelne grüne Halme durch das unebene Kopfsteinpflaster.
Na klasse. Es war kurz nach neun und ich stand irgendwo auf einem alten, verlassenen Fabrikgelände und fragte mich, was ich hier eigentlich gerade tat. Mal ganz davon abgesehen, dass Aiden und ich es nicht trocken zu ihm geschafft hatten und ich von oben bis unten nass war.
„Jep.", antwortete er und zuckte auf meinen entsetzten Blick nur mit den Schultern.
„So schlimm ist es gar nicht. Glaub mir!", fügte er dann noch lachend hinzu und nahm mir den Helm ab. Also wenn er sich schon so eine Gegend zum Leben aussuchte, wollte ich gar nicht wissen, wie schlecht sein Wohngeschmack war.
„Das kann ja lustig werden.", murmelte ich und lief hinter ihm auf eine der weniger alten, grauen Gebäude zu.
Auf dem kurzen Weg dahin, verfinsterte der Himmel sich nur noch mehr und ich zog mir meine nasse Jacke enger um den Körper, da ich fröstelte. Aber da sie nass war, brachte es nicht viel.
Schließlich war es so dunkel, dass ich vorsichtig näher zu Aiden aufschloss, da die Dunkelheit hinter den trüben - oder nicht vorhandenen - Fenster mich unheimlich verfolgte.
Überall bildetet ich mir ein jemanden oder Augen zu sehen. Ich wurde langsam paranoid.
„Also dann: Fühl dich wie Zuhause!" Mit diesen Worten öffnete Aiden die Tür zu seiner Wohnung und ließ mir den Vortritt.
„Danke.", erwiderte ich mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen und schlüpfte hinein. Naja zumindest, war es hier drinnen schön warm.
Wir standen in kompletter Dunkelheit, bis er neben sich einen kleinen Hebel umlegte und über unseren Köpfen mit einem leisen Klacken das Licht anging.
Und sofort nahm ich alles zurück, was ich eben über seinen Wohngeschmack gedacht hatte.
Wir standen auf einer Eisenempore und blickten hinab auf ein riesiges Ess- und Wohnzimmer. Wobei „riesig" untertrieben war. „Gewaltig" traf es eher.
Mir verschlug es die Sprache.
Ich konnte einen großen Esstisch aus dunklem, schwerem Holz erkennen. Dahinter sah ich eine unendlich lange Küchenzeile mit schwarzem Marmor, die am Ende zu einem, in den Raum geöffneten, Bartresen auslief.
An der anderen Seite gab es eine große Couch, aus einem dunklen Stoff und eine Kinoleinwand, an der ein Fernsehreceiver und eine Spielkonsole angeschlossen waren.
In der Mitte des Raumes standen ein großer Kicker und daneben noch ein Billardtisch.
Der Boden war aus einem warmen Steinboden und ich entdeckte noch einen alten Trabbi, den man einmal der Länge nach aufgeschnitten und in zwei Teile zerlegt hatte. Statt dem eigentlichen Innenleben, besaß der Trabant jetzt auf jeder Seite zwei lederne Sportsitze mit einem Ferrari-Emblem darauf.
Mir fiel - wortwörtlich - die Kinnlade runter.
„Wow!", brachte ich nur hervor. Das waren mindestens einhundert Quadratmeter Fläche und wenigstens zwölf Meter Deckenhöhe!
UND DAS WAR NUR DAS WOHNZIMMER!
„Ja hat was.", stimmte Aiden mir zu und ging die Wendeltreppe neben mir hinab.
Noch immer überrascht, folgte ich ihm. Neben ihm - es war die Kinowand - war die Wand allerdings bis unter die Decke gezogen und es gab vier weitere Türen, die davon abgingen. Wahrscheinlich Schlafzimmer, Bad, Garage und... ach was weiß ich!
„Möchtest du duschen?", fragte er und schmunzelte, als er sah, dass ich mit großen Augen noch immer seine Wohnung - Nein Halle! - betrachtete.
Ertappt zuckte ich zusammen und widmete mich wieder ihm. „Ja, das wäre sehr schön."
„Gut, ich kann dir allerdings nur Sachen von mir anbieten.", meinte er und ging auf eine der Türen in der Wand zu.
„Was?" Verwirrt sah ich ihn an.
„Na für danach.", lachte er. „Ich wage es zu bezweifeln, dass du nach dem Duschen in den nassen Sachen herumlaufen willst."
„Oh.", machte ich nur und zog eine Grimasse. Meine Güte, was war den los mit mir?
Er lachte noch lauter. „Okay, warte kurz!" Dann verschwand er hinter der einen Tür und kam keine Minute später mit einem Stapel Kleidung und zwei Handtüchern wieder. Er gab mir alles und schob mich eine Tür weiter.
„Lass dir Zeit. Es dauert nur etwas, bis das Wasser warm wird.", sagte er nüchtern. „Alte Gemäuer neigen ja dazu."
Völlig überrumpelt stand ich in dem riesen Bad, nachdem er die Tür zugezogen hatte und bewegte mich eine Minute erstmal gar nicht.
Ich konnte nicht glauben, dass Aiden der gleiche Mann war, wie der der mich im alten Villenviertel noch bedroht hatte um Julien zu ärgern.
Das war doch alles verrückt!
Seufzend ließ ich die Sachen zu Boden sinken und sperrte sicherheitshalber die Türe ab.
Danach gönnte ich dem Badezimmer einen schnellen Blick. Aiden hatte wohl eine große Liebe zu dunkeln Steinen. Denn der Boden war ein grau-schwarzer matter Marmor. Es gab eine freistehende Badewanne, die mehr einem kleinen Pool glich, eine riesige ebenerdige Regenwasserdusche, eine Toilette und zwei Waschbecken, die von einem Spiegel eingerahmt wurden, der auf beiden Seiten bis zum Boden reichte.
Ich schüttelte den Kopf und begann, die nassen Sachen von meinem Körper zu ziehen.
Wenn es etwas gab, das ich hasste, dann das Gefühl von nasser Kleidung auf dem Körper.
Angewidert hängte ich alles über einen schmalen, langen Heizkörper und hoffte, dass meine Kleidung bis heute Abend wieder trocken war.
Dann - endlich - stieg ich unter die Dusche, die durch eine unbewegbare Glasscheibe vom Rest des Raumes getrennt war. Es gab einen recht schmalen Spalt durch den man hinter das Glas und somit in die Dusche kam. Das entdeckte ich aber erst nach fünf Minuten suchen.
Erleichtert stellte ich das Wasser an und zuckte erstmal zurück. Es war eiskalt.
Aber Aiden hatte ja gesagt, dass das Wasser nicht sofort warm wurde. Oh Gott, war ich momentan verplant!
Nach wenigen Minuten warten, hatte aber auch die Kälte sich verabschiedet und warmer Dunst hatte das Zimmer eingenebelt.
Als ich fertig war und gerade aus der Dusche stieg, klopfte es.
„Kaffee, Tee, Kakao oder was anderes?", fragte Aiden durch die geschlossene Tür und ich lächelte über seine Aufmerksamkeit.
„Tee, wäre klasse.", antwortete ich also, da ich ja noch immer keinen Kaffee trank und nicht so der Fan von Schokolade war. Und etwas Kaltes zu trinken, wäre irgendwie falsch.
Mir war zwar wieder warm, aber innerlich fror ich noch. Also brauchte ich etwas, das mich von innen wärmte.
Und was wäre da besser als Tee?
Schnell zog ich mich an und wollte gerade das Bad verlassen, da blieb ich an meinem Spiegelbild hängen.
Vorsichtig ging ich ein paar Schritte näher und blickt mich skeptisch an.
An meiner Stirn war eine rote offene Stelle, die ein wenig blutete vom Duschen gerade und an meiner rechten Wange hatte ich einige handgroße - leichte - rote Schrammen. Meine Augen waren von dunklen Schatten umschlossen und ich kam zu dem Entschluss, dass ich schon lange nicht mehr so schlecht ausgesehen hatte.
Mein Blick wanderte an mir herunter. Ich trug eine schwarze, natürlich viel zu große, Jogginghose und einen jeansblauen Hoodie.
Kurz schüttelte ich den Kopf. Wenn Julien mich so sehen würde, würde er ausrasten.
Stöhnend wandte ich mich ab und verließ das Bad.
Aiden saß in einem der Sitze in dem Trabbi und ließ seinen Blick über mich wandern, als er mich sah. Ganz geheuer war er mir trotz aller Gastfreundschaft nicht.
Ich ließ mir meine Gedanken nicht anmerken, ging langsam ich zu ihm und setzte mich vorsichtig neben ihn, in dieselbe Trabant-Hälfte.
Er deutet auf eine dampfende Tasse vor uns auf einem niedrigen Tisch.
„Danke.", sagte ich und griff danach.
„Wie kommt man zu so einer..." Das Wort Wohnung wollte mir nicht mehr über die Lippen.
Aiden lachte. „Ich mag es gerne außergewöhnlich, wie man sieht. Und bevor wir vom Rat in eine Mission geschickt werden, dürfen wir uns vor Ort einen „Lebensraum" einrichten. Was genau das ist, ist deinen Onkeln eigentlich egal. Hauptsache wir überschreiten das Beuget nicht.", erklärte er und erst da fiel mir wieder ein, dass ja meine Onkel den Großteil des Rates bildeten. Wobei das ja dann ein ziemlich großes Beuget sein musste, wenn er sich so etwas leisten konnte...
„Ach ja.", meinte ich langgezogen. „Meine Onkel..."
Verwirrt sah er mich an, aber ich schüttelte nur den Kopf. „Nicht so wichtig. Laut gedacht!"
Er nickte und lehnte sich zurück.
Ich tat es ihm gleich und stellte erst da fest, dass ein Teil des Daches noch immer aus Glas bestand. Es war schön. Man hatte einen einmaligen Blick in den Himmel. Vorausgesetzt man hatte gutes Wetter.
Wobei das Gewitter bereits fast vorbei war. Es war zwar noch alles von dunklen Wolken verdeckt, aber es regnete nur noch leicht und gleichmäßig.
Dann gab es plötzlich einen dumpfen Knall draußen. Und es war kein Donner...
Ich zuckte zusammen und sah zu Aiden. Dieser war aufgesprungen und zog aus einem Spalt in der Wand einen langen Gegenstand, um den sorgsam ein weißes Tuch geschlungen war.
Kurz warf Aiden mir einen Blick zu und zog dann ein Schwert darunter hervor. Moment! Ein Schwert? Nein, ich hatte mich nicht getäuscht. Es war tatsächlich ein Schwert!
War er jetzt völlig wahnsinnig oder was?
Er nahm es in die Hand und das Licht reflektierte sich auf der Klinge. Es war scharf. Ziemlich scharf.
Bevor ich etwas sagen konnte, deutete er mir mit der Hand leise zu sein und ich klappte den Mund wieder zu.
Lautlos verharrte er auf der Stelle und lauschte.
Wenn Aiden sich so komisch verhielt, stimmte irgendetwas nicht. Und genau das war der Punkt, der mich beunruhigte.
Ich versuchte selber irgendetwas wahrzunehmen und kurz bevor ich es aufgeben wollte, hörte ich ein gleichmäßiges Klopfen.
Eine Vermutung überkam mich und mein Blick schoss erneut zu Aiden und er nickte.
Ich hatte Recht. Das waren Schritte.
Mein Herz blieb stehen. Ich traute mich nicht zu atmen.
Was war hier los?
Die Angst lähmte mich und trotzdem hatte ich das Gefühl, wenn ich nicht ganz schnell ganz weit weglief, würde etwas Schlimmes passieren. Etwas sehr Schlimmes.


Hey Leute.
Ich kann euch gar nicht sagen, wie leid es mir tut und ich weiß, das auch keine Entschuldigung der Welt es wieder gut machen könnte, dass ich so lange nichts mehr hochgeladen habe und auch wenn es nichts bringt, entschuldige ich mich.
Ich weiß, dass ich durch die viele Zeit, in der ich nichts hochgeladen habe, den ein oder anderen Leser verloren habe, aber ich kann es nicht ändern, da ich nicht nur schulisch sondern auch Stress in der Familie habe und mein Kopf irgendwie dicht war. Zumindest hier bei dieser Geschichte.
Ich wollte keinen Müll schreiben, da mir die Story dafür zu sehr am Herzen liegt, da sie ja meine erst ist. Ich hoffe ihr könnt verstehen, dass ich lieber gar nichts schreibe als totalen Schwachsinn. Aber jetzt bin ich wieder da und versuche neben den Abschlussprüfungen, hin und wieder mal ein Kapitel zu posten.
Drückt mir die Daumen.
Eure

Anna-Lena

Schattenkette (PAUSIERT!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt