Thats me!

2.5K 117 10
                                    

"Tschau Jungs! Ich verzieh mich!", rief ich und zog mir wieder meinen schwarzen Pulli über. Es war 12 Uhr an diesem wunderschönen Donnerstag. Ich war siebzehn Jahre alt und ja ich weiß was du dich gerade fragst: Was macht eine siebzehnjährige an einem Donnerstagmittag auf einem Sportplatz? Ich kann's euch sagen. Ich schwänze Unterricht. Um genau zu sein eine Doppelstunde Mathe.
"Och komm schon Charly! Spiel noch 'ne Runde mit!", rief Jonas und dribbelte auf mich zu. Seine braunen Locken fielen im in die Stirn und er sah dabei unsagbar heiß aus.
"Tut mir leid, Jo. Aber ich muss jetzt echt los! Ich will nach Hause.", erwiderte ich und räumte den Inhalt meines Rucksacks wieder hinein.
"Bitte! Bitte! Nur noch ein Match!", Bettelte er und zog einen Schmollmund.
"Sorry, aber wenn ich noch Klavier spielen will, muss ich jetzt wirklich los."
Klavier spielen und Singen waren neben dem Basketball meine größte Leidenschaft. Allerdings war es schwer meine Heimleiterin davon zu überzeugen ein Klavier anzuschaffen. Ja, ich lebte in einem Heim. Besser gesagt in einer "betreuten Jugend-WG". Meine Eltern hatte ich nie kennengelernt, aber das wollte ich bis heute nicht, wenn ich es nicht musste.
"Charly! Klär mich auf, ich versteh einfach nicht warum du dich jedes Mal auf dieses abgefuckte Gelände schleichst um da auf diesem maroden alten Ding zu spielen. Ich weiß wie gut du inzwischen spielst. Du solltest dich endlich mal für ein Stipendium an irgendeiner Musikhochschule bewerben. Die würden jemanden mit deinem Talent sofort nehmen.", meinte Jo und schlug sich stöhnend den Ball vor den Kopf. Und er hatte Recht! Bei mir in der Nähe gab es seit ich denken konnte, ein kleines altes verlassenes Villenviertel. Am Waldrand. Vor ein paar Jahren, als ich und einige andere - darunter Jo - uns endlich dazu durchringen konnten, uns dort hinzuschleichen, fanden wir in einem der Häuser, in einem oberen Stockwerk, hinter einer gläsernen Front, einen alten Flügel. Im Vergleich zum Rest des Hauses war es dort oben relativ ordentlich und aufgeräumt. Natürlich war der Flügel etwas verstaubt, aber er hatte mich von Anfang an fasziniert. In den letzten zwei Jahren, hatte ich mir das Klavier spielen selbst bei gebracht und schlich mich inzwischen in fast jeder freien Minute dort hin um zu spielen. Auch wenn es komisch klang: Aber wenn ich dort mit Blick auf den Wald musizierte, hatte ich das Gefühl mich selbst gefunden zu haben. Es gab nix schöneres.
"Dafür bin ich nicht gut genug.", seufzte ich in Richtung meines besten Freundes und schulterte meinen Rucksack.
"Wenn du das noch einmal sagst, drehe ich dir eigenhändig den Hals um. Und jetzt stell deine Tasche wieder hin und wirf!" Jonas war echt süß, wenn er das so ernst sagte wie jetzt gerade, aber er hatte mich erst einmal spielen hören...
"Ich hab dir gesagt warum ich heute nicht mehr dabei bin."
"Ich glaube du hast einfach nur Angst zu verlieren.", provozierte er, grinste mich frech an und warf mir den Ball zu. Blitzschnell rannte ich an ihm vorbei, passte zu Leon, wich Marco aus, fing den Ball wieder und warf ihn in einem perfekten Zug in den Korb. Das alles mit Rucksack auf dem Rücken. Während ich vom Feld ging, hörte ich Jo's einmalige Lache. Ich selbst band mir kopfschüttelnd meine schulterlangen Haare zusammen, lächelte und schob mir meine Kopfhörer in die Ohren. Als ich an der S-Bahn Station an einem Spiegel vorbeilief, hielt ich kurz inne und musterte mich. Groß gewachsen, blonde Haare, dunkle Jeans, dunkler Hoodie, bunte Sneaker. Jip, das war ich. That's me.

Schattenkette (PAUSIERT!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt