Beobachtet

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"Jap das bin ich.", stellte sich Aidan vor, griff sich meine Hand, führte sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf. VOR DER HALBEN SCHULE!? Als er meine Hand freigab wischte ich sie mir unauffällig an der Hose ab und verzog den Mund.
"Aiden was machst du hier?", knurrte Julien und fuhr sich durch die Haare.
"Ihr kennt euch?", fragte Daniel dem schlagartig sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewischt war.
"Ja!", fuhren wir alle drei ihn gleichzeitig an. Unsere Stimmen hallten laut von den Wänden wider. Daniels Blick wanderte zwischen uns hin und zurück ehe er sich zur Flucht entschied und ziemlich schnell den Flut entlang lief. Mit seinem Abgang bemerkte wohl auch der Rest der Schülermasse, dass das Schulleben weiterging, denn der Kreis um uns herum löste sich auf. Allerdings wurde überall aufgeregt getuschelt und man schenkte uns zahlreiche, kritische Blicke.
"Was. Willst. Du. Hier?", brummte Julien bedrohlich und schob sich zwischen Aiden und mich. Der Haas stand ihm in die Augen geschrieben.
"Lass uns das draußen besprechen.", antwortete Aiden und lächelte breit. Julien antwortete irgendetwas unverständliches und folgte ihm. Der erste Gong ertönte und innerhalb von nicht einmal zwei Minuten waren die Gänge wie ausgestorben.
Die beiden Jungs standen am Eingang und Aiden drehte sich gerade um.
"Prinzessin? Kommst du?", tönte seine Stimme zu mir durch.
Ich lief knallrot an und beeilte mich zu ihnen auf zuschließen.
"Nein!", ging Julien sofort dazwischen. "Sie bleibt drinnen und geht in den Unterricht. Sie braucht ihren Abschluss noch."
Aiden verdrehte die Augen, als ich vor ihnen stand.
"Ich nehme doch mal stark an, dass es bei eurem Gespräch um mich gehen wird, also habe ich ein Recht dabei zu sein.", sagte ich zu Julien und lächelte ihn frech an.
Julien seufzte und hielt mir die Tür auf während ich Aidan nachging.
Vor der Schule setzten wir uns im Schatten auf einen kleine Mauer die den Sportplatz von der Straße trennte.
"Jetzt fang endlich an Barclay bevor ich dir die Antworten aus deinem hässlichen Schädel presse.", drohte Julien und ballte die Hände zu Fäusten.
"Ist ja gut Hunter!", Beruhigte Aiden ihn aber das Breite Grinsen auf seinem Gesicht provozierte Julien nur zusätzlich.
"Ich bin hier, weil der Rat so entschieden hat.", erklärte er dann seine Anwesenheit.
Einige Zeit war keiner von uns der Meinung das kommentieren zu müssen. Über uns in einem der Klassenzimmer hörten wir Frau Katlers gerade wild herumbrüllen. Mein Gott die Frau hatte die Stimme eines Bundeswehroffiziers.
Dann lachte Julien irgendwann laut los und zerriss somit die angespannte Stille.
Entsetzt starrte ich ihn an.
"Der war wirklich gut!", keuchte er zwischen zwei einzelnen Lachern.
Entschuldigend sah ich Aiden an und zog eine Grimasse.
"Nicht so schlimm. Ich kenn das ja.", tat er meine Entschuldigung ab.
Und trotzdem schämte ich mich für meinen Freund.
Als Julien sich endlich wieder beruhigt hatte, war sein Gesicht hochrot und er atmete schwer.
"Und jetzt nochmal: Was machst du hier?", wiederholte er seine Frage und Aiden stöhnte genervt.
"Der Rat hat mich damit beauftragt deinen Bruder ausfindig zu machen und dich zu unterstützen. Ich soll die Arbeit machen für du dir seit neuestem zu fein bist.", erklärte er erneut und mit jedem seiner Worte verfinsterte Juliens Gesicht sich mehr.
"Es ist wahr. Ich hab um Verstärkung gebeten. Aber warum schicken sie dann ausgerechnet dich?", wollte er wissen.
"Keine Ahnung. Vielleicht weil ich so unglaublich gut aussehe.", flirtete Aiden schamlos und stupste mich in die Seite. Ich lachte und schüttelte den Kopf. Julien knurrte bedrohlich und ermordete Aiden mit seinen Blicken.
Sofort hörte ich auf zu lachen und griff nach Juliens Hand. "Das was Spaß Julien!", Versicherte ich ihm und lächelte aufmunternd.
Dann sah ich wie der Bus an der Haltestelle vor der Schule hielt und etwas schwarzes herauspurzelte.
Anhand der Schimpfwörter die bis an mein Ohr drangen, schloss ich mal dass Emilia es auch noch geschafft hatte zur Schule zu kommen.
"Das wirst du Bereuen du elendes Arschloch!", rief sie und zeigte dem Busfahrer den Mittelfinger. "Wenn ich dich in die Finger kriege, dreh ich dir den Hals um! Also fang schon mal an zu Beten, dass du in den Himmel kommst!"
Schmunzelnd stand ich auf und ließ die beiden Jungs alleine während ich auf meine beste Freundin zuging. Sie hatte ihre Haare hochgebunden und ihre Augen so wie immer schwarz ummalt. Sie trug eine Schwarze Hose die so viele Löcher hatte, dass man sie den Namen Hose eigentlich nicht mehr verdient hatte, ein schwarzes Top und ein weites schwarzes Hemd. Um ihren Hals baumelten diverse Ketten mit mysteriösen Zeichen von denen sie immer behauptete sie haben eine geheime Macht in sich schlummern.
Wütend schnappte sie sich ihren schwarzen Rucksack der in diesem Moment aus der halb geöffneten Bustüre flog und Em fast getroffen hätte.
"Das ist Freiheitsberaubung!", grölte Em und starrte den Busfahrer böse an. "Ich zeig dich an du mieses Schwein!"
Als der Bus sich quietschend in Bewegung setzte schnappte sie sich einen kleines Stein und warf ihn hinterher. Ein lautes Klirren verkündete das sie den Außenspiegel erwischt hatte. Doch der Fahrer fuhr einfach weiter. Offenbar war er froh, Em los zu sein.
"Wow Em! Was hat der arme Mann gemacht, dass du ihn so verfluchst?", Fragte ich kichernd und beobachtete wie sie zu mir herum fuhr und dann erleichtert aufatmete.
"Diese Missgeburt hat mich beim Püssmann verpfiffen!", fauchte sie und umarmte mich trotzdem.
"Wieso sollte ein Busfahrer unseren Rektor anrufen?" Verwirrt half ich ihr ihr Zeug wieder auf zu sammeln, dass aus ihrem Rucksack geflogen war.
"Ach was weiß ich denn?" Jetzt klang sie erschöpft.
"Em?" Ich ließ trotzdem nicht locker.
Sie warf ergeben die Arme in die Luft. "Okay! Ist ja gut! Ich hab vielleicht Schwänzen wollen!"
"Em?" Ich sah ihr an, dass da noch mehr war.
"Ja vielleicht hat er mich beim Klauen erwischt und dann beim Schwänzen.", Gab sie endlich stöhnend zu. "Na jedenfalls hat er sich für so einen Möchtegern-Ritter gehalten, mir mein Diebesgut abgenommen und mich in seinem Bus eingesperrt UND DANN ZUR SCHULE GEFAHREN!!!", brauste sie auf. Aber diese Geschichte hörte sich schon mehr nach der Em die ich kannte an.
Ich lachte leise.
"Das ist Freiheitsberaubung, Charly! Geiselnahme!", rief sie erbost und ich sah das wütende Funkeln in ihren Augen.
"Jetzt sieh das nicht ganz so ernst. Immerhin ist der Püssmann auch noch nicht hier.", versuchte ich sie abzulenken.
"Der kann mir auch gestohlen bleiben.", stellte sie klar und als keine Minute später unser Rektor doch durch die Tür in unsere Richtung geschossen kam musste ich Em zurückhalten, damit sie nicht auf ihn losging.
"Emilia Lievens! So langsam reicht mir ihr Verhalten. Da Strafen bei Ihnen nicht wirken wollen, werden Sie diese, sowie die nächste Woche meiner Schule verwiesen! Ich habe ihre kleinen Machenschaften satt!", brüllte er und marschierte zurück in sein Rektorat.
Kurz bevor er verschwunden war, drehte er sich noch einmal um.
"Und sollte ich Sie während dieser Zeit hier auf dem Schulgelände erwischen, werde ich Ihre Eltern benachrichtigen müssen!", schrie er zu und herüber.
"Na also! Ziel erreicht!" Em zuckte mit den Schultern und lachte leise während mir die Kinnlade runtergeklappt war.
"Jass würd mich killen wenn ich du wär.", behauptete ich und umarmte meine beste Freundin, als diese wieder aufbrechen wollte.
"Wo ist denn eigentlich dein Schoßhündchen?", wollte sie noch wissen.
"Wer?", hakte ich verwirrt nach.
"Na Julien?", erklärte sie sich.
Ich zeigte mit meiner Hand über meine Schulter. "Irgendwo da hinten, mit Barclay."
"Oh und wer ist der heiße Kerl neben ihm?" Em zog die Augenbrauen in die Höhe und leckte sich spielerisch über die Lippen.
Im ersten Moment hatte ich keine Ahnung von wem sie sprach, aber als ich mich umdrehte kam mir Aiden wieder in den Sinn.
"Ach das! Das ist Aiden. Ein... äh ehemaliger Freund von Juliens Familie." Das traf es ja so ungefähr.
"Sind die alle so heiß, da wo Julien herkommt?" In Ems Augen blitzte der Schalk auf und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich sie lieber nicht mit Aiden bekannt machen sollte.
"Wenn du Barclay schon heiß findest, solltest du mal Juliens Bruder sehen...", verplapperte ich mich und schlug mir sofort die Hand vor den Mund. Das hatte ich nicht wirklich gesagt? Oder? ODER? Gott war ich doof!
"Er hat einen Bruder!?" Ems Augen weiteten sich ungläubig.
"Nein... Ja... Nein...", wehrte ich ab und wusste bereits dass es keinen Sinn mehr hatte.
"Na was denn jetzt?", meckerte sie ungeduldig.
Du bist eine wirklich unglaublich hohle Ziege, schalt ich mich in Gedanken und suchte mit den Augen nach dem nächsten Baum um mich daran zu erhängen.
"Also... Ja. Aber die beiden haben nicht sonderlich viel Kontakt.", gab ich schließlich zu.
"Warum das denn?", Ems Neugier war geweckt und ich verfluchte immer noch meine eigene Dummheit!
"Die zwei mögen sich nicht sonderlich.", gestand ich und hoffte Em war damit zufrieden.
Als ich zu meiner besten Freundin sah, wusste ich dass sie es nicht war, aber in diesem Moment bog ihr Bus um die Ecke.
Sie sah ihn ebenfalls und umarmte mich nochmal.
"Wir sehn uns Charly!", meinte sie und stieg ein. Als sie sich drinnen auf einen Sitz schmiss, öffnete sie das Fenster und sagte laut. "Das Gespräch ist noch nicht beendet, Charlotte!"
Ich lachte und winkte als sie vorbeifuhr.
Auch als der Bus schon lange weg war, stand ich noch auf der gleichen Stelle und starrte die Straße entlang. Erst als das Vibrieren meines Handys eine eingegangene SMS verkündete, erwachte ich aus meiner Starre.
Langsam griff ich nach meinem Smartphone und öffnete die Nachricht.
Eine unbekannte Nummer?

Ich sehe dich.
Siehst du mich auch?

War Inhalt der SMS. Verwirrt Las ich die zwei Zeilen. Was sollte das denn jetzt?

Keine Sekunde später trudelte eine zweite Nachricht ein.

Ich könnte dich erreichen, noch bevor deine beiden Aufpasser es überhaupt bemerken.

Ein mulmiges Gefühl überkam mich, als ich den Anhang der zweiten Message öffnete. Es war ein Bild. Ein Foto.
Es zeigte mich wie ich allein auf dem Schulhof stand und die Straße beobachtete. Es war keine drei Minuten alt.
Mein Blick löste sich von meinem Bildschirm und musterte die nähere Umgebung. Er war hier irgendwo. Maxim sah mich. Er war in der Nähe.
Nur wo?
Ich drehte mich einmal um die eigene Achse darauf bedacht mich nicht zu auffällig zu verhalten.
Kurz war ich der Meinung ein paar Augen in einem der leeren Fenster auf der gegenüberliegenden Grundschule zu sehen.
Das alte Schulgebäude stand seit inzwischen knapp fünfzehn Jahren leer und zerfiel langsam aber sicher. Eine Zeit lang hatten Skater, Punks, Sprayer und andere Außenseiter sie für sich beansprucht bis einer von ihnen auf mysteriöse Weise darin ums Leben kam. Man konnte nie aufklären an was er gestorben war. Die Zeitung hatte Bilder von dem jungen Mann gedruckt. Die Augen waren vor Schrecken weit aufgerissen und der Mund in einem letzten Schrei verzerrt. Was auch immer er gesehen hatte. Es war sein Todesurteil geworden.
In diesem Augenblick kam eine dritte SMS:

Hast du Angst?

Hey Leute,
Ich bin wieder da mit einem neuen Kapi und hoffe es gefällt euch.
Der Titelsong kommt von You Me At Six und heißt "Room To Breath".
Ich entschuldige mich nochmal und werde versuchen regelmäßiger was hochzuladen. Aber ich hatte irgendwie eine kleine Blockade.

Genau...
Sonst gibts nicht viel zu sagen...

Viele Grüße

Eure

Anna-Lena

Schattenkette (PAUSIERT!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt