Mir war die Sache von eben, so unglaublich peinlich. Am liebsten wäre ich vor Scham im Erdboden versunken. Daran war nur ich schuld.
Ich seufzte. „Tut mir leid, Julien. Sein Verhalten war unmöglich. Ich werde mit ihm reden. Er hatte es auch nicht immer leicht. Das... Du glaubst gar nicht, wie unangenehm mir das ist." Mein Lächeln war zittrig. Wahrscheinlich würde er mich jetzt rausschmeißen. Mein versauter Ruf und meine Stellung an der Schule waren das eine. Einen Freund zu haben, der hier auftauchte und ihm das „Revier" streitig machte das andere.
„Es ist okay. Er ist eifersüchtig.", sagte er monoton. Aber ein Zucken unter seiner Lippe verriet, sein Missfallen.
„Er ist doch nicht eifersüchtig! Ich bitte dich!" Lachend ging ich zur Couch und ließ mich darauf fallen.
Jonas war doch nicht eifersüchtig. Auf Julien? Allein der Gedanke daran, war absurd. Es war als würde ich mich in meinen Bruder verlieben. Ekelhaft.
Julien legte sich neben mich und redete weiter.
„Wieso sollte er es denn nicht sein? Ich meine, er war jahrelang dein einziger Freund und er durfte zusehen, wie du zu einer wunderschönen jungen Frau aufwächst. Also warum sollte er nicht eifersüchtig sein, wenn er bemerkt, wie andere Männer dich ansehen."
Gott, hörte er eigentlich was er da gerade sprach? Ich und wunderschön waren schon mal zwei ganz verschiedene Welten. Von der Sache, dass Männer sich nach mir umdrehten mal ganz zu schweigen.
„Du bist doof.", meinte ich und schmollte mit zusammengezogener Unterlippe.
„Warum? Weil ich die Wahrheit ausspreche? Was glaubst du wohl, weshalb Samantha dich vor der ganzen Schule zum Narren hält? Du bist Konkurrenz für sie und es ist immer leichter, wenn man seine Konkurrenten ausschalten bevor sie es mit einem selber tun."
Was er sagte leuchtete ein, aber es war eine total bescheuerte Theorie.
„Du weißt aber schon, wie verrückt das alles klingt oder?", fragte ich stöhnend. Mein Kopf schmerzte immer noch.
Er lachte nur. Aber es stimmte.
„Es kann verhängnisvoll sein, wenn aus Freundschaft eine unerwiderte Liebe wird." Seine Stimme klang ungewohnt traurig, als er sprach. Ich fuhr ihm durch die strohigen schwarzen Haare.
„Ich mag deine Haare.", meinte ich froh, dass ich das Thema in eine andere Richtung wenden konnte.
„Nur die Haare?", fragte er spielerisch und zog mich auf seinen Schoß.
„Nur die Haare.", bestätigte ich ironisch und sah ihm in die wunderschönen Augen. Das dritte Mal an diesem Morgen, näherten sich seine Lippen den meinen und zum dritten Mal an diesem Morgen, konnte ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren. Und dann geschah es einfach.
Sanft strichen seine Lippen über meine und er küsste mich. Die Gefühle die er in mir auslöste, waren unbeschreiblich schön. Seine Zunge bat um Einlass, den ich ihm sofort willig gebührte.
Wow, ich küsste wohl gerade den heißesten Kerl der ganzen Welt. Hatten die anderen Mädchen dasselbe gedacht, bevor er sie nur wenige Stunden später wieder abservierte? Es war ein Fehler, dass ich angefangen hatte nachzudenken. Denn nun überkamen mich Zweifel. Ich schob ihn von mir und stand auf.
Es hatte sich gut angefühlt, das musste ich ja auch zugeben. Aber mein Kopf sagte mir, es war falsch. Wie konnte jedoch, etwas so wundervolles, falsch sein? Ich drehte Julien meinen Rücken zu, damit ich seine verletzte Mine nicht sehen musste.
„Was ist los, Minette? Hab ich etwas Falsches getan?", wollte er wissen. Der Schmerz in seiner Stimme war nicht zu überhören.
„Nein... Es ist alles in Ordnung. Du bist nicht schuld. Es ist nur... Ich... Ich möchte nicht wie die anderen sein. Keine Trophäe in deiner Sammlung. Nicht nach wenigen Stunden oder Tagen wieder aus deinen Gedanken gestrichen sein, während du der nächsten etwas vorlügst." Meine Stimme brach und ich konnte nicht verhindern, dass mir eine einzelne Träne über das Gesicht lief.
Ich hatte nicht bemerkt, dass er aufgestanden und hinter mich getreten war. Vorsichtig strich er mir mit einem Finger über den Nacken.
„Ich weiß, dass ich jetzt sagen kann was ich möchte um dich zu überzeugen, dass du die Einzige bist und dass du mir nicht glauben wirst. Aber ich fürchte du wirst mir einfach vertrauen müssen. Trotzdem möchte ich dir eines sagen: Minette. Du bist alles für mich. Vom ersten Moment an, an dem ich dich sah. Ich habe mit den anderen nur versucht dich, aus meinem Kopf zu bekommen. Aber das einzige was mir das gebracht hat, ist ein Ruf als Frauenheld und viele Schmerzen. Charly..." Er kam um mich herum, wischte mir die Tränen weg und nahm meine Hand. Seine Augen suchten meine.
„Charly, du weckst Gefühle in mir, von denen ich dachte, ich hätte sie schon lange verloren. Du hast mich ins Leben zurückgeholt."
Seine Worte berührten mich so sehr, dass ich nur noch mehr weinte. So etwas hatte noch nie jemand zu mir gesagt und irgendwie glaubte ich ihm. Keine Ahnung wieso. Vielleicht war es dieses seltsame Band, dass uns zueinander zog, dass mir sagte: Julien spricht die Wahrheit. Ich hatte keine Ahnung und es war mir auch egal. Spätestens als er mich erneute küsste, war alles vergessen.
„Probierst du es mit mir? Gibst du mir eine Chance?"
Ich wusste, wenn ich jetzt „nein" sagte, würde ich ihm wehtun können und die andern Mädels rächen. Ich hatte die Macht meinen ursprünglichen Plan, ihm aus dem Weg zu gehen, in die Tat umzusetzen. Wenn ich jetzt „nein" sagte, würde er mich in Ruhe lassen, dass was ich mir gewünscht hatte. Bis eben. Jetzt wusste ich nicht mehr, ob ich einfach „nein" sagen könnte. Ich wusste, ich könnte ihn tief verletzen. Sehr tief.
„Julien DuCraine."
Er hielt den Atem an.
„Ich möchte dich kennenlernen und jede Sekunde unseres Beisammenseins genießen. Ich vertraue dir."
Julien atmete hörbar laut aus und lehnte den Kopf an meine Brust. Ich lächelte über diese Geste. Er hatte mir seine verletzliche Seite offenbart und mir praktisch „seine Liebe in die Hand gelegt".
Was sollte ich dazu noch anderes sagen?
„Und jetzt? Frühstück?" Er kam wieder hoch und trug mich zur Kochinsel.
„Mhmmmm. Klingt gut.", lächelte ich und band mir die Haare mit einem Gummiband zusammen. Danach beobachtete ich Julien beim Brötchen aufbacken, Tisch decken und grinste ihn an, als er sich die Finger an den zu heißen Semmeln verbrannte. Während er Kaffee kochte, tanzte er albern zu „Marilyn Monroe" von Pharrell Williams.
„Oh Gott. Du bist so schräg.", lachte ich, als er sich das T-Shirt über den Kopf zog und seinen Oberkörper an meine Knie schmiegte.
Wir lachten eigentlich mehr, als das wir aßen und erzählten uns viel. Das hieß, er stellte Fragen über mein Leben und ich antwortete ausführlich. Wenn ich etwas über seine bisherige Schulzeit oder seine Familie wissen wollte, wich er aus oder lenkte ab.
Aber das war mir egal. Ich war so weit oben auf Wolke sieben, dass ich es wahrscheinlich nicht einmal bemerkt hätte, wenn die Welt im Chaos versunken wäre. Ich war glücklich und er offenbar auch. Mehr zählte für mich nicht. Zumindest reichte es für den Moment. Natürlich würde ich anfangen irgendwann Fragen zu stellen, aber erst wenn das mit uns wirklich etwas Ernstes werden sollte. Was ich selbstverständlich hoffte.
Er lachte mich an und ich versank in seinen ozeanblauen Augen.
„Du hast wunderschöne Augen.", erwiderte er über meine in diesem Moment. Es war als hätte er meine Gedanken gehört.
„Danke. Du auch.", entgegnete ich und lächelte scheu.
„Ich sehe schon, wir müssen viel mehr an deinem Selbstbewusstsein arbeiten. Diese Schule hat dich kaputt gemacht.", seufzte er und legte den Kopf schief. Das ganze wirkte ein bisschen wie bei einer Katze, die überlegte was der nächstbeste Zug wäre um an die Beute zu kommen.
„Tja. So kann es gehen, wenn man Samantha Charlston als Erzfeindin hat.", kommentierte ich nur trocken.
Er lächelte und nahm über den Tisch meine Hand, zog sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf. Die Härchen auf meine Armen stellten sich auf.
Ich konnte nicht Recht glauben, was ich hier tat. Ich und Julien. Julien und ich. Am liebsten hätte ich die ganze Welt umarmt. Aber dafür war ich leider zu klein.
Dieser Mann war ein unmögliches Rätsel und ich war dafür auserkoren es zu lösen.
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Schattenkette (PAUSIERT!)
FantasyCharlotte ist 17 Jahre alt und weiß nicht was für Konsequenzen es hat, als sie auf dem Heimweg eine mysteriöse Kette findet und mitnimmt! Diese Kette beinhaltet magische Kräfte und Charly ist sich dieser nicht Herr! Sie kann machen was sie will, das...