Traumlos

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"Na Mon Ange? Auch wenn du mich nicht siehst. Denk immer daran, dass ich DICH sehe und nicht aus den Augen lasse. Mein kleiner Engel."
Um mich herum war es stockdunkel. Dann flammte ein schwaches Licht auf und ich sah mich um. Ich hörte Maxims Lachen und ging ein paar Schritte nach vorne. Bis ich mit dem Kopf gegen etwas gläsernes stieß. Ich legte die Hände an die Scheibe und tastete. Nichts. Nur Glas. Auf der anderen Seite ebenfalls.
Vorsichtig klopfte ich mit der flachen gegen das durchsichtige Material. "Hallo? Ist da jemand?"
Maxims Lachen antwortete mir.
"Lass mich hier raus! Ich will hier raus!", brüllte ich und trommelte jetzt mit den Fäusten gegen mein gläsernes Gefängnis.
"Nein Mon Ange. Wir beide. Du und ich gehören zusammen. Die Kette verbindet uns. Ich bin die Person die weiß wie man ihre Magie verwendet und du, meine liebe, bist diejenige die sie aktiviert und ihre Macht freisetzt." Sein ekelhaftes Lachen hallte unendlich Laut in dem Glas.
"NEIN!", schrie ich. "NIEMALS!" Tränen rannen über mein Gesicht.
"Diese Macht ist so viel größer als ich. Aus diesem Grund brauche ich dich. Wir beide gemeinsam können das schaffen. Erst werde ich dich an mich binden um meinen Bruder Leiden zu sehen und danach werde ich ihn zerstören. Und dann? Vielleicht sollten wir uns ein eigenes Königreich erschaffen!", fantasierte er. Es war schrecklich nur seine Stimme zu hören und nicht zu wissen, wo er war!
"Ein Königreich errichtet auf Blut und Zwängen ist zum Scheitern verurteilt!", sagte ich laut und drehte mich um die eigene Achse. "Menschen für den eigenen Egoismus leiden oder sterben zu lassen, ist verdammt ekelerregend. Da mach ich nicht mit!"
"Oh doch mein Engel! Das wirst du." Ich konnte sein widerwärtiges Grinsen schon sehen, ohne dass er vor mir stand.
"Geh weg! Lass mich in Ruhe!", weinte ich und sank auf die Knie.
"Es ist dein Schicksal, Mon Ange.", flüsterte es rechts an meinem Ohr. Ich drehte mich um. Aber da war niemand.
"So ein Schicksal will ich nicht.", wimmerte ich und drückte mir die Hand auf die Ohren.
"Früher oder später wird dir gar keine andere Wahl bleiben. Am besten notierst du dir das schon mal in dein wunderschönes Köpfchen!"
"Verpiss dich.", zischte ich. Tränen liefen über mein Gesicht und wollten nicht wieder versiegen.
"Weißt du was passiert, wenn du nicht willig bist?", fragte Maxims körperlose Stimme nun, allerdings nicht mehr so lockend wie noch zuvor.
Vor meinem inneren Auge tauchte ein Bild auf.
Eine alte Fabrikhalle. Es war dunkel und roch bestialisch. Ohne das ich es wollte setzten meine Füße sich in Bewegung. Weiter in das Dunkle. Nach einigen Schritten drang ein Geräusch an mein Ohr. Es hörte sich an, als wäre ich in eine Pfütze getreten. Langsam ließ ich meinen Blick nach unten gleiten. Etwas rotes klebte an meiner weißen Schuhsohle. Ich wollte wegsehen, aber wie schon zuvor hatte ich keine Kontrolle über meinem Körper. Mit jedem Schritt wurde die rote Pfütze größer und größer. Ich wusste, dass es Blut war, aber ich wollte nicht wissen von wem.
Und dann sah ich sie. Es waren zwei Leichen. Ihre Körper lagen verdreht und blutüberströmt auf dem Boden. In jeden Körper steckte mindestens ein Messer im Brustkorb. Ein Schrei löste aus meiner Kehle und zerriss die Stille, als ich sah wer die Toten waren. Ich hätte sie eigentlich schon alleine wegen ihrer Kleidung erkennen müssen. Es war Em. Ihre Lippen waren in einem letzten stummen Schrei geöffnet. Mein Herz zog sich zusammen.
"Du Monster.", wisperte ich leise.
Ein dünner Schwall Blut war aus ihrem Mundwinkel gelaufen und hatte seine Spur hinterlassen.
Meine beste Freundin. Gestorben. Wegen mir.
Die regungslose Person daneben, war ebenfalls jemand der einen wichtigen Platz in meinem Leben einnahm: Max.
Aus seiner Nase lief Blut und jemand hatte ihm mit einem Messer einen tiefen Schnitt von Schläfe bis Ohr verpasst.
Ich schrie auf und schlug mir die Hand vor den Mund.
"Er war doch noch fast ein Kind!", schluchzte ich.
"Es muss nicht so kommen. Es liegt in deinen Händen.", wurde mir geantwortet.
Das ist nur Fiktion. Das ist nicht real, erinnerte ich mich. Es ist nur ein böser Traum. Mein Traum. Ich würde nicht zulassen. Das Maxim mein Unterbewusstsein so manipulierte, dass ich schon solche Albträume hatte.
Ich will wieder zurück, beschwor ich mich mehrmals, ehe das Bild vor mir sich veränderte. Die dunkle Lagerhalle verschwand langsam vor meinen Augen. Sie löste sich auf. Wie feiner Nebel. Stattdessen war ich wieder in meinem oval geformten Gefängnis aus Glas.
Ich saß auf meinen Knien und hatte die Augen noch geschlossen. Das was ich eben gesehen hatte, wollte ich vergessen. So schnell wie möglich. Es hatte sich so real, so wirklich angefühlt. Zwei meiner besten Freunde gestorben, wegen mir. Nein, drei. Em, Max und Jonas.
In meinem Hals hatte sich ein dicker Klumpen gebildet.
Mit einem von Tränen verschleiertem Blick, stand ich zitternd auf und sah mich um. Ich war nicht mehr alleine.
"Was willst du hier?", schnufte ich und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.
"Das weißt du. Aber ich habe dich unterschätzt, Mon Ange.", sagte er und lächelte gefährlich.
Es war so schwer ihn böse anzusehen, wenn er so gut aussah. Verdammt ja! Es machte mich wütend, dass er attraktiv war. Das machte es schwerer ihn zu hassen.
"Das hier ist mein Traum. Verzieh dich.", zischte ich nur.
Aber er grinste nur dämlich. "Okay. Ich kapituliere." Er hielt die Hände über den Kopf und war kurz darauf verschwunden.
Zurück blieb wieder nur dieser feine Nebel. Auf einmal tauchte ein gewaltiger Schatten über mir auf.
"Ohne dich kann diese Macht nicht freigesetzt werden.", erinnerte Maxims Stimme mich nochmals. Dann bewegte sich mein Gefängnis plötzlich und erst da begriff ich. Die ovale Form. Das bläuliche Glas. Ich war in meiner Kette gefangen!
Über mir erkannte ich eine Hand die die silberne Kette festhielt.
Doch die Finger lösten sich langsam...
"Nein.Nein.Nein!Nein!NEIN!!!!!",schrie ich und klopfte gegen das Glas. "Hey! Ich bin noch hier drin!"
Aber nichts passierte. Natürlich passierte nichts. Ich wollte aufwachen! Jetzt sofort!
Es lagen nur noch zwei Finger um die Kette und meine Panik stieg. Dann fiel ich. Unter mir sah ich den grauen Boden ziemlich schnell auf mich zufallen. Und dann zerbrach der Anhänger. Schmerz in Form von Scherben, bohrte sich in meinen Körper und ich schrie.

Ich schlug meine Augen auf. Juliens blickten mir entgegen. Ich hörte jemanden schreien und realisierte kurz darauf, dass dieser jemand ich war. Langsam verebbten die Töne.
Dann bemerkte ich, dass ich weinte und begann noch mehr zu schluchzen.
"Es tut mir leid.", weinte ich.
Julien seufzte und zog mich in seine Arme. "Es ist alles gut. Es war nur ein böser Traum.", beruhigte er mich und küsste meine Nasenspitze. "Ich hab mir solche Sorgen gemacht.", flüsterte er, als ich mich ein wenig beruhigt hatte.
"Wie lange war ich weg?", fragte ich heiser.
"Knapp zwei Stunden.", antwortete er. "Und jetzt lasse ich dich nie wieder los. Mann Charly. Ich hatte solche Angst. Du hast geschrien, geweint und um dich getreten und du wolltest einfach nicht aufwachen." Ein flaches Lächeln legte sich auf seine Lippen.
"Tut... Tut mir leid.", entschuldigte ich mich und gähnte.
"Willst du schlafen?", wollte Julien jetzt wissen.
"Und was ist wenn wieder so ein böser Traum kommt?", stellte ich die Gegenfrage.
"Ich kann es dir nicht versprechen. Aber egal von was du dieses Mal träumst. Ich bin hier, okay? Und egal was auch passier, ich lass dich nicht los. Das schwöre ich."
Ich nickte nur und legte mich wieder hin. Julien legte seinen Arm beschützend um mich und ich sog seinen einmaligen Geruch ein. Mein Kopf lag an seiner Brust als er die Decke über unsere Köpfe zog.
Das regelmäßige Klopfen seines Herzens half mir schließlich beim Einschlafen.
Und letztlich fiel ich in einen unruhigen aber traumlosen Schlaf.

Hey ihr Pottwale,
Ich hoffe ihr lebt alle noch.
das war Kapitel 33 hoffe es hat gefallen.
Was sagt ihr zu Charly's Traum?
War es denn sicher nur ein Traum? Oder steckte mehr dahinter?
Was es auch ist, lasst euch überraschen.
Bis dann
Eure

Anna-Lena

Schattenkette (PAUSIERT!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt