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Eine Woche war seit der Abreise Karis und seines Gefolges vergangen und in der Burg war wieder Ruhe eingekehrt.
Lediglich über Jaros Schicksal hatte Aaron noch nicht entschieden und so saß er nach wie vor im Kerker.
Es war Mittag und gerade hatte Aaron mit Finya zusammen gespeist. Eben legte er sein Besteck zur Seite und wandte sich nun an Finya.
„Finya?" „Ja, Aaron?" Der König lächelte. Immer häufiger nahm Finya sein Angebot an, ihn beim Vornamen zu nennen.
„Nachdem jetzt wieder Ruhe eingekehrt ist, wird es Zeit für Kjells kleines...Spiel..." begann er zu erklären.
„Allerdings habe ich die Regeln etwas geändert." fügte er grinsend hinzu.
„Meine Garde wird nicht erfahren, dass ich es jetzt erlaube. Das wird eine gute Übung für sie, da sie nicht damit rechnen. Das wird die Schwierigkeit steigern und vor allem bei Jonas den Lernerfolg erhöhen."
Finya blickte ihn erstaunt an, grinste dann aber ebenfalls. „Wann soll ich mit meiner...Flucht... starten, Hoheit?"
„Wann immer Du möchtest innerhalb der nächsten Tage. Es ist jetzt schon sehr kalt und wird nur noch kälter. Schieb es also nicht zu lange auf."
„Wollt Ihr wissen, wenn ich aufbreche?"
Aaron seufzte. „Ja, aber nein."
Finya sah ihn verwirrt an. „Natürlich wüsste ich gerne, wann du aufbrichst, meine kleine Sklavin. Aber realistischer ist es, wenn ich es nicht weiß.
Als Finya nickte, stand Aaron auf. „Komm mit." forderte er sie auf und führte sie in sein Schlafzimmer. Auch wenn Finya das Zimmer täglich betrat, um es für ihren Herren zu richten, war sie noch nie mit ihm gemeinsam in diesem Raum gewesen.
Aaron trat direkt an seinen großen Kleiderschrank, holte einen wollenen Umhang heraus und legte ihn Finya um die Schultern. „Damit du nicht frierst" erklärte er lächelnd. Erstaunt ließ Finya ihre Finger über den eindeutig teuren Stoff gleiten. Seltsamerweise hatte der Umhang genau ihre Größe.
Aaron schmunzelte. „Ich habe ihn eigens für dich anfertigen lassen."
Lächelnd sank Finya auf die Knie. „Vielen Dank, Herr."
Den Nachmittag verbrachten sie gemeinsam lesend vor dem brennenden Kamin.
Aaron hatte Wort gehalten und so hielt Finya ein neues Buch in den Händen und auch mit diesem war sie fast fertig.
Schließlich las sie die letzte Seite zu Ende und schloss das Buch. „Ein sehr schönes Ende..."
Aaron schmunzelte. „Es freut mich, wenn es dir gefallen hat. Morgen suche ich dir ein neues Buch heraus." versprach er. Finya strahlte.
Doch dann wanderte ihr Blick durch das Fenster ins Freie. „Darf ich noch etwas in den Garten, Herr?"
Aaron nickte. „Zieh deinen Umhang an. Es ist kalt draußen."
Finya zögerte kurz. „Darf ich Rebecca mitnehmen?"
Aaron zog skeptisch die Augenbraue hoch, nickte dann aber.
„In Ordnung. Sie ist in der Küche. Sag Lucien, dass ich es erlaubt habe."
„Vielen Dank, Herr." erwiderte Finya und holte ihren neuen Umhang. „Wenn die Sonne untergeht, kommst du zurück." befahl Aaron noch, bevor Finya die Gemächer ihres Herren verließ.
Kurz darauf stand sie bereits im Erdgeschoss. Anstatt jedoch die Treppe hinab in die Küche zu nehmen, bog sie ab und schlug direkt den Weg in den Garten ein.
Sacht lächelte sie. Sehr gerne hätte sie Zeit mit ihrer Freundin verbracht, doch dieses Mal war es eine Finte gewesen, um Aaron ihren Plan nicht zu verraten. Sie hatte beschlossen, die ‚Flucht' gleich heute zu starten.
Einige Minuten später stand sie bereits im Garten.
Eine Weile ging sie dort spazieren. Schon lange kannte sie die Plätze, an denen Wachen postiert waren und die Wege, die sie auf ihren Kontrollgängen nahmen.
Die Wachen grüßten Finya freundlich, kümmerten sich aber nicht weiter um sie. Es war schließlich nicht ungewöhnlich, dass die Lieblingssklavin des Königs alleine im Garten umher spazierte.
Schließlich kam Finya an der Burgmauer an.
Einen Moment wartete sie noch, bis die Wache in der Nähe an ihr vorbeiging, dann kletterte sie rasch den Baum hinauf.
Nur wenig später war sie bereits auf der Mauer und sprang im nächsten Moment auf der anderen Seite der Mauer hinunter.
Grinsend verbarg sie sich einen Moment im Schatten, dann lief sie auch schon ein Stück um die Mauer herum und dann in den nahegelegenen Wald hinein.

Es dämmerte bereits. Aaron saß immer noch vor dem brennenden Kamin. Die ganze Zeit schon war er von einer inneren Unruhe befallen, die von Minute zu Minute stärker wurde. Bisher war Finya immer mit Beginn der Dämmerung zurück gekehrt.
Sie war doch nicht etwa...
Aaron schüttelte den Kopf. Finya hatte sich mit Rebecca treffen wollen. Und Rebecca auf die Flucht mitzunehmen, hätte keine der beiden Sklavinnen gewagt.
Zu Aaron's Unruhe mischte sich nun auch Sorge. War Finya etwas passiert?
Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass die Sonne bereits den Horizont berührte. Spätestens jetzt müsste Finya zurück kehren.
Als Finya eine viertel Stunde später noch immer nicht bei ihm war, stand Aaron abrupt auf, trat auf den Gang und rief nach Dimitri.

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt