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Inzwischen war eine Woche vergangen.
Jeden Tag ging Finya bereits in den Morgenstunden, gleich nach dem Frühstück, an den Strand und schaute den Wellen zu, wie sie an den Strand schlugen.
Im Wasser war sie bisher jedoch noch nicht gewesen, zu groß war ihre Angst, zu ertrinken.
Jedes Mal, wenn sie vom Strand zurück kehrte, standen bereits zwei gesattelte Pferde auf dem Innenhof und Aaron wartete, mit den Zügeln in der Hand, auf seine Sklavin, um mit ihr das Reiten zu üben.
Jedes Mal stöhnte Finya leise auf, denn das Reiten fiel ihr nach wie vor schwer und noch immer spürte sie jedes Mal alle Knochen.
An diesem Morgen saß Finya jedoch bereits vor dem Frühstück am Strand und beobachtete, wie die Sonne langsam aus dem Meer zu steigen schien.
Nachdenklich war ihr Blick in die Ferne gerichtet und so merkte sie nicht, wie sich leise Schritte näherten.
Entsprechend zuckte sie auch erschrocken zusammen, als sich auf einmal eine Hand auf ihre Schulter legte.
Im nächsten Moment war sie bereits aufgesprungen und einige Schritte zurück gewichen, nur um gleich darauf betreten den Kopf zu senken.
„Guten Morgen, König Andros." grüßte sie den Mann, der sie derart erschreckt hatte.
Andros nickte ihr freundlich zu. „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken."
Einladend wies er auf den Boden und setzte sich selbst ebenfalls in den Sand.
„Warum so nachdenklich, junge Sklavin?" wandte er sich freundlich an Finya, als sie schließlich neben ihm saß.
Finya seufzte leise und blickte wieder in die Ferne.
Schweigend wartete Andros ab.
„...ich weiß nicht, was ich tun soll, Herr..." begann Finya schließlich zögerlich, den Blick weiterhin in die Ferne gerichtet.
Noch immer schwieg Andros, ließ Finya die Zeit, die sie brauchte.
„...Es....ist etwas..kompliziert..." fuhr Finya fort.
„...nur zu..." ermutigte Andros Finya.
Finya lächelte schwach und wandte ihren Blick zu Andros.
Tief atmete Finya durch und schloss für einen Moment die Augen.
„...ich war noch nicht lange die Sklavin Eures Sohnes und wollte mein Schicksal nicht annehmen..." begann sie schließlich.
„Deshalb habe ich auch versucht, zu fliehen. Natürlich hat mich...König Aaron...mit seiner Garde sehr schnell wieder eingefangen gehabt und die Konsequenz war alles andere als schön..."
Aufmerksam hörte Andros Finyas Erzählung zu.
„Ich habe meinem Herren schließlich mein Wort gegeben, nie wieder zu fliehen. Allerdings...ich liebe meine..."Freiheit"...und das weiß Aaron auch. Daher kam Kjell eines Tages die Idee für ein...Spiel...wie er es nannte."
Neugierig legte Andros den Kopf schief. „Sein Plan sah vor, dass ich zum Schein versuche zu fliehen, damit die Garde üben kann, mich schnell wieder...einzufangen..."
Amüsiert lachte Andros auf. „...das passt zu Kjell...immer für einen Spaß zu haben..."
Finya lächelte schwach.
„Im Herbst haben wir dann die erste Runde gestartet...Danach..." Finya seufzte. „Es war so viel los und so viele trachteten mir nach meiner Gesundheit, dass mein Herr eine Fortführung des Spiels verbot."
Andros nickte. „Verständlich, bei dem was er mir berichtet hat."
„Vor etwa einem Monat hat er mir erlaubt, das Spiel wieder fortzusetzen....natürlich ohne der Garde Bescheid zu geben..."  fuhr Finya fort.
„Eigentlich hatte ich gleich an diesem Tag den Versuch wagen wollen, aber Aaron...er wirkte so niedergeschlagen an diesem Morgen, weshalb ich es im letzten Moment doch gelassen habe..."
Andros nickte. „Du hast ein sehr gutes Gespür für die Gefühle und Bedürfnisse meines Sohnes...Und es ehrt dich, dass du derart Rücksicht auf ihn nimmst und ihm so bereitwillig dienst"
Finya lächelte. „Seit diesem Tag überlege ich, ob und wann ich dieses...Spiel...wieder aufgreifen könnte.
Ich habe bereits überlegt, ob ich es hier auf der Insel tun soll..."
„Aber...?" fragte Andros sanft nach.
Finya wandte ihren Blick, der zwischenzeitlich über das Meer geglitten war, wieder ihm zu und lächelte schwach. „Zum Einen möchte ich meinen Herren nicht vor Euch kompromittieren....Was würdet Ihr wohl von ihm...von mir... denken, wenn ich versuche zu ‚fliehen'..."
Andros lächelte sacht. „Und zum anderen?"
„Zum anderen....Er würde sich große Sorgen machen, da er gerade hier nicht damit rechnet. Und eine Regel des Spiels besagt, dass er selbst nicht eingeweiht sein darf, wenn ich es versuche..."
Andros grinste leicht.
„Ich kann dich beruhigen, junge Sklavin. Ich weiß, wie ergeben du meinem Sohn bist. Du brauchst also keine Sorge zu haben, irgend jemanden zu kompromittieren. Und jetzt, wo du mir das alles erzählt hast, werde ich dich sogar unterstützen..."
Überrascht sah Finya Andros an.
„Ich weiß jetzt Bescheid, kann meinen Sohn also beruhigen. Und das wird nötig sein, so, wie ich ihn kenne...
Außerdem stelle ich dir Raphael zur Seite. Er wird dich begleiten und auf dich aufpassen - mehr nicht. Aber das wird Aaron beruhigen, sobald er es erfährt."
Ungläubig blickte Finya den alten König an, der gerade jetzt so viel Ähnlichkeit mit Aaron aufwies.
„Außerdem gestatte ich dir, in Begleitung von Raphael, alle Bereiche der Insel zu betreten."
Finya nickte, fast schon fassungslos, lächelte aber dann als ihr kam, welche Möglichkeiten ihr das bot.
„Ich danke Euch, Herr."
Andros schmunzelte lediglich und klopfte Finya sacht auf die Schulter.
„Ich werde Raphael jetzt gleich informieren. Geh zu ihm, falls du Fragen hast oder aber wenn du aufbrechen möchtest. Er wird dir alles geben, was du brauchst. Auch ein Pferd, falls du das möchtest... Ich bin schon gespannt, wie lange Aaron braucht, um dich zu finden."
Finya lächelte. „Ich danke Euch, Herr."
Andros nickte Finya noch einmal zu und kehrte dann zurück zum Haus.
Finya blieb noch eine Weile sitzen. Die Sonne war längst über den Horizont gestiegen.
Mit einem leichten Seufzen löste sich Finya von dem Anblick, stand auf und kehrte zum Haus zurück.
Oben, am Weg, wartete bereits Aaron auf sie.
„...du bist heute schon früh unterwegs, meine kleine Sklavin...Ist alles in Ordnung?" fragte er sanft nach.
Finya lächelte. „Ja, Herr. Es ist alles in Ordnung. Ich habe mir nur den Sonnenaufgang angeschaut."
Nachdenklich nickte Aaron.
„...und was wollte mein Vater von dir?"
Finya stockte. Was sollte sie darauf nur antworten, ohne ihren Herren anzulügen?
Sie setzte gerade an, etwas zu sagen, als Andros neben seinen Sohn trat und das Wort ergriff.
„Finya wirkte so nachdenklich. Da wollte ich einfach wissen, ob es ihr gut geht.." erklärte er und zwinkerte Finya leicht zu.
Aaron hob skeptisch die Augenbraue, doch als Finya bestätigend nickte, gab er sich damit zufrieden.
„Komm, Finya... das Frühstück steht bereit und die Anderen warten schon."

Nach dem Frühstück wollte Jaro gerade wieder zurück auf sein Zimmer gehen, als Aaron ihn aufhielt.
„...auf ein Wort, Jaro...."
Die ehemalige Wache drehte sich um und verneigte sich vor Aaron. „Ja, mein König?"
„Du hast dich die letzte Woche vorbildlich verhalten, Ich gestatte dir daher, dich hier ab sofort frei zu bewegen. Allerdings gelten für dich die gleichen Einschränkungen, wie für meine Sklaven.
Wenn du dich weiter als Sichtweite vom Haus entfernen möchtest, sagst du mir oder Dimitri Bescheid."
Jaros Augen, die bisher eher eingefallen und erschöpft gewirkt hatten, blitzten freudig auf.
„Ich danke Euch, Hoheit. Das bedeutet mir wirklich sehr viel."
Aaron nickte ihm zufrieden zu. „Lass dir von Dimitri zeigen, wo auf der Insel dir gestattet ist, dich zu bewegen."
Mit leuchtenden Augen verneigte sich Jaro und machte sich auf den Weg, Dimitri aufzusuchen.

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt