132

123 10 0
                                    

Vom Inneren der Höhle ertönte erst ein amüsiertes Lachen, dann ein Rascheln, als zwei Personen aufzustehen schienen.
Völlig perplex wanderten Dimitris Augenbrauen in die Höhe und er machte einen Schritt auf die Felsspalte zu.
Sofort spannte sich sein Stellvertreter etwas an - der Plan sah nicht vor dass Dimitri sich in direkte Reichweite der Spalte begab, doch Dimitri blieb erst kurz vor dem Felsspalt stehen.
Ein Schatten bewegte sich im Inneren der Höhle und alle Wachen griffen nach ihren Dolchen.
„...Vater....?" fragte Dimitri ungläubig nach.
Erneut ertönte ein Lachen aus dem Inneren. „...wer denn sonst, mein Junge..."
Verwirrt hob Dimitri die Hand und trat zur Seite. Sofort steckten alle die Waffen wieder weg und sammelten sich neben ihrem Anführer, der abwartend zur Felsspalte blickte.
„Ich schicke euch erst einmal Finya raus...Hier drin wird es gerade etwas kühl für sie..."
Im nächsten Moment zwängte sich Finya bereits durch die Felsspalte.
Sofort trat Dimitri neben sie und musterte sie eingehend. Skeptisch blieb sein Blick auf ihrem nackten Fuß hängen.
„Ist bei dir alles in Ordnung, Finya?" fragte er besorgt nach.
Finya nickte lächelnd. „Ja Dimitri."
„...und wo ist dein Schuh?"
„...der ist nass...deshalb habe ich ihn ausgezogen.."
Dimitri nickte leicht und blickte zu Raphael, der gerade eben mit Finyas Schuh in der Hand die Höhle verließ.
Schmunzelnd trat er neben Dimitri und legte ihm die Hand auf die Schulter. „...jetzt schau nicht so besorgt, mein Sohn. Finya geht es gut. Bis auf den nassen Schuh ist ihr nichts geschehen."
Inzwischen hatten sich auch die anderen von Finyas Wohlergehen überzeugt.
Kjell knuffte ihr liebevoll gegen den Arm. „...da hast du uns ganz schön reingelegt, Finya...
Nie hätten wir damit gerechnet, dass du ausgerechnet hier auf der Insel unser Spiel fortsetzt..."
Gregori nickte bestätigend. „Aaron ist fast durchgedreht, als du nicht zurück gekommen bist und nirgends zu finden warst..."
Etwas betreten senkte Finya den Kopf.
Inzwischen war es fast komplett dunkel geworden. Skeptisch blickte Dimitri erst zum Himmel, dann zu seinem Vater. „Du kennst die Insel besser, Vater...Können wir den Rückweg mit Finya wagen oder sollten wir besser bis morgen warten?"
Einen Moment lang schien Raphael zu überlegen. „...warten wir, bis der Mond aufgeht. Dann sollet das Licht für uns ausreichend sein. Finya sollte jedoch von einem von uns getragen werden..."
Dimitri nickte nur. „Ich werde sie selbst tragen."

Gemeinsam setzten sie sich auf den noch warmen Boden.
Fragend blickte Finya zwischen Raphael und Dimitri hin und her.
„Wie kommt es eigentlich, dass ihr euch überhaupt nicht ähnlich seht?" stellte sie schließlich die Frage, die sie schon lange brennend interessierte. Fragend blickte sie zu Raphael.
Beide Männer schmunzelten und Raphael nickte Dimitri zu.
„Ich war noch ein kleines Kind, vielleicht so alt wie Ichiro, als mein Vater mich im Wald aussetzte.
Raphael hat mich damals gefunden und auf die Burg von König Andros gebracht.", begann Dimitri zu erklären und blickte lächelnd zu Raphael.
„...es war Winter und Dimitri wäre fast erfroren. Daher entschied König Andros, dass Dimitri bei uns bleiben darf - als Spielkamerad, Freund und Sklave für Aaron, der damals im gleichen Alter war. Für mich war er vom ersten Tag an wie ein Sohn und so habe ich ihn auch stets behandelt." setzte Raphael fort.
„Viele Jahre später, wir waren beide längst erwachsen, wurde Aaron auf einem gemeinsamen Ausritt angegriffen. Ich konnte ihn noch zur Seite ziehen, doch der Pfeil traf mich tödlich." führte Dimitri die Geschichte wieder weiter.
Raphaels Blick wurde ernst, bei der Erinnerung. „Aaron brachte den schwer verletzten Dimitri ins Schloss, aber es war zu spät, um sein Leben zu retten. Es gab nur zwei Möglichkeiten...Sein Leid, seine Schmerzen schnell zu beenden oder ihn in einen Vampir zu wandeln. Da Andros aber nie jemanden gegen seinen Willen verwandeln würde und Dimitri nicht ansprechbar war, beschloss er, meinen Jungen zu töten.
Im wirklich letzten Moment kam Dimitri kurz zu sich und gab sein Einverständnis."
Finya nickte ernst und blickte die beiden mit neuem Verständnis und neuem Respekt an.
„Ich danke euch, dass ihr mir diese Geschichte erzählt habt..." wandte sie sich an die beiden Vampire.
Dimitri schmunzelte. „Wie ich sehe, verstehst du jetzt noch besser, was Aaron und mich verbindet."
Finya lächelte. „Ja...das stimmt...und auch so manch andere Sachen.."
Raphael schmunzelte und erhob sich.
„Es ist soweit. Wir können aufbrechen." erklärte er und wies zum Himmel, wo inzwischen der Mond strahlte.
„Es ist wichtig, dass ihr genau hinter mir bleibt, denn ich werde nicht den sichersten Weg wählen. Das würde zu lange dauern..." erklärte er.
Während Finya auf Dimitris Rücken stieg, stellte sich die Garde hinter Raphael auf und folgte ihm im Schein des Mondes bergab.
Immer wieder machte Raphael die Männer auf Gefahrenstellen aufmerksam und so kamen sie zwei Stunden später auf dem sicheren Teil der Insel an.
Zufrieden wandte sich Raphael an die Garde. „Der schwierige Teil ist geschafft."
Während die Garde selbst noch relativ fit wirkte, schien Jaro ziemlich erschöpft und auch Finya hatte inzwischen Mühe, sich auf Dimitris Rücken fest zu halten.
Behutsam ließ Dimitri zu Boden sinken, wo sich Finya sogleich hinsetzte.
„Finya und Jaro brauchen eine Pause..." bestimmte er, woraufhin Jaro verlegen den Blick senkte.
Arvid trat neben ihn und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ihr wart lange eingesperrt. Dafür habt Ihr ohnehin gut durchgehalten. Ruht Euch aus..." forderte er den Mann auf und wandte sich dann an Dimitri.
„Ich würde vorschlagen, dass Ivar oder ich voraus laufen und Aaron informieren, dass wir Finya wieder haben."
Dimitri nickte nur. „Lass Ivar zu Aaron gehen, falls wir dich hier anderweitig brauchen." bestimmte er und wandte sich an den zweiten Haror.
„Ivar...lauf zurück zum Haus und informiere Aaron. Wie ich ihn kenne, wird er ohnehin Finya hier abholen wollen...Sollte ich mich täuschen, dann gib uns ein Zeichen. Ansonsten warten wir hier."
Ivar lächelte. „Ich denke, du hast Recht. Wir sehen uns später..."
Im nächsten Moment lief er bereits los und war wenige Augenblicke später in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen.

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt