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Als das Essen schließlich beendet war, verteilten die Gäste sich in dem großen Saal.
Aus einer Ecke erklang Musik und einige Vampire begannen, zu tanzen.
Finya sah sich unsicher um und drängte sich dicht an ihren Herren.
Gerade wollte Aaron seine Sklavin auf die Tanzfläche ziehen, als eine Wache auf die beiden zutrat und sich direkt an Finya wandte.
„König Nikolai wünscht Euch zu sprechen." erklärte der Mann.
Panisch sah Finya ihren Herren an. Sie konnte es nicht verhindern, leicht zu zittern.
Aaron legte ihr beruhigend den Arm um die Schulter. „Dann sollten wir König Nikolai nicht warten lassen." wandte er sich an die Wache und reichte Finya seinen Arm.
Die Wache trat jedoch einen Schritt nach vorne. „Mein König hat ausdrücklich nach Finya verlangt. Er wünscht, sie alleine zu sprechen. Kommt, Dame." Höflich, aber bestimmt trat er zwischen Finya und ihren Herren.
Aaron's Augen blitzten rot auf vor Wut, eindeutig musste er sich beherrschen. Immerhin war er hier zu Gast.
„Geh mit ihm, Finya." wandte er sich mit zusammen gebissenen Zähnen an seine Sklavin. „Du bist hier sicher."
Finya schluckte schwer und ließ sich von der fremden Wache aus dem Saal führen.
Sie warf noch einen letzten, Hilfe suchenden Blick zu Aaron, der noch immer eindeutig wütend im Saal stand, dann schlossen sich die Türen hinter ihr.
Unsicher und ängstlich ging sie neben der Wache her, die sie in ein schlichtes Büro am Ende des Ganges führte.
Dort saß, hinter einem erstaunlich schlichten Schreibtisch, König Nikolai und nickte ihr freundlich zu.
Finya zuckte zusammen, als sich die Türe in ihrem Rücken schloss. Sie war alleine mit den fremden Herrscher in einem Raum.
Sie unterdrückte den Impuls, auf die Knie zu gehen und machte statt dessen einen höflichen Knicks, doch ihr Blick wanderte gehetzt durch den Raum.
Der Schreibtisch stand genau gegenüber der Türe vor einer großen Fensterfront.
Zu Finyas Linken war eine weitere Fensterfront mit Türen, die in den Garten hinaus führten.
„Ihr braucht keine Angst zu haben, Finya." richtete Nikolai ruhig das Wort an sie.
„Jetzt nicht und nie wieder."
Irritiert legte sich Finyas Blick auf den fremden König, doch ihre Angst legte sich nicht.
Nikolai deutete Finya, näher zu kommen. Zögerlich folgte sie der Aufforderung.
„Ich weiß, was Ihr seid." ergriff Nikolai erneut das Wort. „Und ich habe Euch den Abend über beobachtet. Eure Angst. Eure Unsicherheit.
Ich werde Euch helfen. Eben in diesem Moment wird der Schlitten Eures Herren angespannt. Ihr müsst nicht wieder mit ihm zurück kehren."
Entsetzt legte sich Finyas Blick auf den Mann ihr gegenüber, der ihren Blick jedoch falsch deutete.
„Keine Sorge, Finya. Seine Garde kommt hier nicht rein. Fünf der Männer waren ohnehin außerhalb meines Schlosses und den anderen beiden habe ich einen Schlaftrunk untermischen lassen."
Finya schüttelte panisch den Kopf.
Sie unterdrückte die Erleichterung, dass Nikolai von einem Gardemitglied nichts zu wissen schien.
Auf einmal ertönten laute Stimmen auf dem Flur, doch auch wenn Finya inzwischen einzelne Wörter der Vampirsprache kannte, konnte sie nichts verstehen.
Nikolai lächelte. „Entspannt Euch, Finya. Euer Herr wird soeben von meinem Gelände entfernt. Ihr werdet ihm nie wieder als Sklavin dienen müssen. Ihr werdet frei sein."
Finya schluckte schwer, doch sie spürte, wie die Wut in ihr hochkochte.
Ganz dicht ging sie auf den Schreibtisch zu. „Und wenn es das ist, was ich will?" fuhr sie Nikolai wenig respektvoll an, der sie jedoch nur verblüfft ansah.
„König Aaron ist ein guter Herr. Ich mag nicht frei sein, zu gehen wohin ich möchte, aber dennoch fühle ich mich freier als je zuvor in meinem Leben."
Nikolai wollte gerade etwas erwidern, als die Terrassentür klirrend zersplitterte.
Im nächsten Moment stand ein sichtlich verstimmter Andrej neben Finya.
„Geht es dir gut, Finya?" hakte er nur kurz nach und als Finya erleichtert nickte, schob er sie schützend hinter sich.
Noch bevor Nikolai reagieren konnte, standen Ivar und Arvid  drohend neben ihm, während Gregori die Türe sicherte und Finya dann freundlich zunickte.
„Kein Laut..." drohte Arvid und richtete seinen Dolch auf den fremden Herrscher.
Nikolai nickte langsam. Verwirrt wanderte sein Blick zwischen Aaron's Wachen und der jungen Sklavin hin und her, die auf einmal viel entspannter als noch zuvor wirkte.
„Aber..." setzte er an, wurde aber durch Ivars Knurren zum Schweigen gebracht.
Kurz darauf öffnete Gregori die Türe und ließ Aaron eintreten. Hinter ihm betraten Jonas, Kjell, Eric und Dimitri den Raum, die zwei Wachen von König Nikolai mit sich führten.
Als diese ihren König sahen, versuchten sie augenblicklich, sich los zu reißen um zu ihm zu gelangen, doch die Gardewachen hielten die beiden Männer sicher fest.
Nikolais Blick richtete sich fest auf seine Wachen, die immer noch aufbegehrten.
„Rovin, Erin. Es ist in Ordnung." richtete er zwar ruhig, aber eindeutig angespannt, das Wort an sie. „Hört auf, Euch zu wehren."
Widerwillig gaben die beiden Wachen ihren Widerstand auf.
Im Gegenzug nickte Aaron Ivar und Arvid zu.
Augenblicklich traten beide einen Schritt zurück und steckten ihre Waffen weg.
Mit einem Lächeln trat Aaron nun auf Finya zu, die ihm gelöst entgegen eilte und vor ihm auf die Knie sank.
Aaron strich ihr sanft durchs Haar. „Steh auf, Finya." Lächelnd erhob sich Finya und stellte sich dicht neben ihren Herren.

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt