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Die Türe hatte sich kaum geschlossen, als Finya bereits ihren Herren ansprach. „Wisst Ihr, was Arvid mit mir besprechen soll, Herr?"
„Nicht so ungeduldig, meine kleine Sklavin." erwiderte Aaron schmunzelnd.
„Aber Ja: Ich weiß es. Doch zuvor sollte ich mir endlich Gedanken darüber machen, welche Konsequenz für Jaro angemessen ist..." fuhr er fort.
Finya nickte und setzte sich auf ein Zeichen hin neben ihren Herren.
Nachdenklich sah sie ihn an, bis Aaron ihr schließlich aufmunternd zunickte.
„Wollt Ihr ihn nach wie vor töten, Herr?"
Aaron lachte freudlos. „Ein Teil von mir schon." erklärte er. „Aber das wäre wohl kaum angemessen. Immerhin hat er seine...Gesundheit...riskiert, damit du geschützt werden kannst." Finya nickte langsam.
„Ich könnte ihn zurück in die Verbannung schicken. Das wäre zwar angemessen, aber sehr hart für ihn. Ich könnte ihn auch in den Kerker sperren. Ob das wirklich viel milder als die Verbannung ist, wage ich zu bezweifeln,"
Aufmerksam hörte Finya zu und sah ihren Herren abwartend an. „Natürlich könnte ich ihm zum Dank auch die Freiheit schenken. Das wäre seiner Tat durchaus angemessen, doch lässt dies mein Ego nicht zu." Aaron seufzte.
„Wenn ich nur wüsste, wie ernst es ihm wirklich ist..."
Finyas Augen blitzten auf einmal auf. „Vor der ganzen Sache...wart Ihr da zufrieden mit Jaro?"
Aaron nickte. „Durchaus. Er war sogar in der engeren Auswahl für den Posten eines Hauptmanns."
Finya nickte nachdenklich. „Also war er durchaus zuverlässig."
„Bis zu der Sache mit Aegir ja."
„Hat Jaro nicht gesagt, dass er jede Konsequenz annimmt? Dass es kein Versuch war, ein milderes Urteil zu bekommen?"
Bestätigend nickte Aaron. „Das hat er."
„Warum sagt Ihr ihm nicht einfach, dass Ihr nach unserer Rückkehr sein angedrohtes Todesurteil vollstrecken werdet? Je nachdem wie er reagiert und sich verhält könnt Ihr zumindest erkennen, wie ehrlich er mit seiner Aussage war. Vielleicht hilft Euch das ja..."
Aaron schmunzelte. „So gemein kenne ich dich gar nicht, meine kleine Sklavin. Aber du hast wie so oft Recht."
Kurz darauf klopfte es und Arvid betrat den Raum.
Aaron nickte beiden zu. „Dann lasse ich Euch mal in Ruhe reden. Ich selbst werde mit Jaro sprechen."

Wenig später nickte Aaron dem Krieger, der vor Jaros Kammer Wache stand zu und betrat das Zimmer.
Sogleich sank Jaro auf sein Knie und senkte respektvoll den Kopf. „...Hoheit..." grüßte er ihn.
Aaron nickte ihm ernst zu.
„Dank deiner Hilfe konnten wir den Angriff auf meine Sklavin mit Leichtigkeit vereiteln. Ich bin dir daher zu Dank verpflichtet." erklärte er. „Allerdings bin ich auch ein Mann, der zu seinem Wort steht. Ich habe vor Zeugen geschworen, dich zu töten, solltest du vor Ablauf der Frist zurückkehren. Zu diesem Wort muss und werde ich stehen."
Sichtlich gefasst neigte Jaro den Kopf. „Dich wird also nach unserer Rückkehr auf meine Burg der Tod erwarten."
Langsam nickte Jaro. „Ich danke Euch, Hoheit, für Eure Offenheit und Ehrlichkeit." erwiderte er dann leise. „Und ich nehme Euer Urteil an. Ich werde Euch keine Probleme machen und mit Euch zurück kehren, um mich meinem Schicksal zu stellen."
Aaron musterte ihn genau. Jaro wirkte nach wie vor gefasst, schien in keinster Weise enttäuscht oder gar mit seinem Schicksal zu hadern.
„Da du geholfen hast und ehrlich warst, verspreche ich dir einen schnellen und schmerzfreien Tod." sicherte Aaron seinem Gefangenen zu, der erneut lediglich nickte. „Danke, Hoheit."
Die leicht brüchige Stimme Jaros war das einzige Zeichen, dass die Strafe Jaro durchaus traf. Dennoch schien er sie bedingungslos zu akzeptieren.
Kurz darauf stand Aaron wieder auf der anderen Seite der Türe und instruierte die Wache. „Ich habe Jaro soeben mitgeteilt, dass ihn nach unserer Rückkehr der Tod erwarten würde. Ich habe zwar nicht vor, das auch in die Tat umzusetzen, doch will ich ihn damit prüfen."
Die Wache nickte verstehend. „Wir werden verstärkt auf ihn achten." bestätigte er.

Zur gleichen Zeit saß Finya mit Arvid in der Sitzecke des Gästezimmers. Ungeduldig sah sie ihn an.
„Was möchte der Jarl, dass Ihr mir erklärt" fragte sie neugierig nach.
Arvid lachte leise auf. „So ungeduldig kenne ich dich gar nicht, Finya." erwiderte er amüsiert.
„Es geht darum, dass er dich unter seinen Schutz gestellt hat." erklärte er dann jedoch etwas ernster.
Sogleich griff Finya nach ihrem Anhänger und betrachtete ihn andächtig.
Arvid nickte leicht. „Die Idee kam ihm durch deine Tätowierung." begann er zu erklären.
„Genauso wie du, wie jeder, dir deine Armbänder und deine Kette abnehmen kann, kann das auch jeder mit deinem Wolfsanhänger tun."
Finya nickte.
„Er möchte dir daher ermöglichen - so du es möchtest - sein Zeichen auch... dauerhaft... zu tragen."

Erstaunt sah Finya ihn an. „Ihr meint, eine Tätowierung?"
Arvid schmunzelte, neigte dann bestätigend den Kopf.
Verwirrt erwiderte Finya seinen Blick. „Ich dachte, nur jemand, der sich besonders verdient gemacht hat, darf das Zeichen des Jarl auf diese Art tragen...als Zeichen der Treue und Loyalität."
Arvid lachte leise. „Du HAST dich besonders verdient gemacht. Du hast dich loyal und selbstlos gezeigt, Finya..."
„Und das...Ritual?" hakte Finya weiter nach.
„Das Ritual bezieht sich nur auf die Krieger des Jarl. Deine Tätowierung, so du sie denn möchtest, wäre daher auch an einer anderen Stelle. Zugegeben: du bist die erste Nicht-Kriegerin, der Kari angeboten hat, sein Zeichen auf diese Weise zu tragen, aber es wäre ihm eine Ehre." 
Langsam nickte Finya und jetzt setzte sich auch wieder ein Lächeln in ihr Gesicht.
„Es wäre mir eine Ehre, Arvid." erklärte sie dann.
„Und wo würdet Ihr es stechen?"
„Jarl Kari hätte diese Stelle vorgeschlagen..." Arvid griff sanft nach Finyas Hand und deutete auf die Innenseite ihres Handgelenks unter ihrem Armband." „und auch nur recht klein. Vielleicht so groß wie eine große Münze..."
Finya nickte zustimmend. „Aber ich muss erst noch mit Aaron reden, ob er einverstanden ist."
In diesem Moment öffnete sich die Türe.
„Womit soll ich einverstanden sein, Finya?"
Finya lächelte. „Mit der Tätowierung, die Jarl Kari mir vorgeschlagen hat, Herr. Er bietet mir an, sein Zeichen dauerhaft zu tragen."
Aaron nickte, war offensichtlich bereits im Bilde über den Plan des Jarl. 
Langsam kam er auf Finya zu und setzte sich neben sie, strich über ihr Handgelenk.
„Und du möchtest es tun?"
„Ja, Herr. Sofern Ihr einverstanden seid.
Aaron schmunzelte. „Er hätte dir dieses Angebot nicht unterbreitet, wenn er nicht zuvor mit mir geredet hätte. Also Ja, ich bin einverstanden."

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt