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Es war bereits später Nachmittag. Noch immer suchte Finya sich ihren Weg durch das unwegsame Gelände.
Meist fand sie Passagen, die zumindest entfernt an ausgetretene Wege erinnerten. Oft musste sie aber auch über kleinere Felsbrocken klettern, die im Weg herum lagen.
Immer wieder stoppte Raphael die junge Frau. "Hier entlang..." wies er sie dann jedes Mal in eine andere Richtung. "dort wird es zu unwegsam und unsicher..."
Finya nickte. Sie war froh um die Gesellschaft von Raphael und fühlte sich sicher bei ihm.
Inzwischen hatte sie beinahe den höchsten Punkt der Insel erreicht und war dementsprechend erschöpft.
Müde ließ sich Finya auf einem Felsen nieder. Unter ihr breitete sich die Insel und das Meer aus.
Fasziniert ließ Finya ihren Blick über das Meer gleiten, das sich schier endlos vor ihr ausbreitete.
"...es wirkt fast so, als ob das Meer kein Ende hatte..." wandte sie sich andächtig an Raphael.
Raphael lächelte und setzte sich neben die junge Frau. "Dort drüben..." wies er mit dem Finger in die Ferne. "Ist das Festland, von dem aus deine Reise gestartet hat." erklärte er ihr. "Aber auch um uns herum liegen andere Länder..."
Finya seufzte leise. "Ich hätte mir nie träumen lassen, jemals etwas so schönes zu sehen...Da wo ich aufgewachsen bin, konnte man froh sein, wenn man überhaupt einmal die Gelegenheit bekommen hat, das eigene Dorf zu verlassen..." erklärte sie fast schon wehmütig. "Ich danke dem Schicksal, das mich zu meinem Herren geführt hat. So frei wie jetzt wäre ich ohne ihn nie gewesen."
Raphael lächelte milde. "Ich habe selten einen Sklaven kennen gelernt, der seinem Herren so verbunden und so treu ergeben ist...im Grunde erst einmal..."
Finya lächelte sacht. "Ich sollte mich wieder auf den Weg machen. Und ich sollte vielleicht langsam nach einem Lager für die Nacht suchen..."
Raphael neigte bestätigend den Kopf. "Du hast Recht, Finya...Die Dämmerung wird ohnehin bald einsetzen und dann wird der Weg zu gefährlich."
Langsam machte Finya sich wieder auf den Weg, als sie auf einmal ein leises Gluckern hörte und dem Geräusch folgte.
Kurz darauf stand sie vor einem kleinen Bachlauf. Durstig beugte sie sich nach unten und begann, das kalte, klare Wasser zu trinken.
"Das hat gut getan..." erklärte sie lächelnd und richtete sich auf.
Dabei verlor sie für einen kurzen Moment das Gleichgewicht und trat mitten in den Bachlauf hinein.
Missmutig blickte sie auf ihren nun nassen Schuh und den Abdruck, den sie hinterlassen hatte.
„Ich sollte mir wirklich einen Unterschlupf suchen..."
Mit einem Seufzen zog sie den nun nassen Schuh aus und ging barfuß am Bachlauf entlang, der Quelle entgegen.
Schließlich erreichte sie den Ursprung des Bachlaufes. Aus einer scheinbar kleinen Höhle gluckerte das Wasser hinaus.
Finya beugte sich vor und spähte durch die Felsspalte in die Höhle hinein.
"...ist diese Höhle sicher?" wandte sie sich dann fragend an Raphael, der nur schmunzelnd lächelte.
"...dann werde ich die Nacht hier verbringen..." entschied Finya. "Einen besseren Platz werde ich wohl kaum finden."
"Ich hatte gehofft, dass du die Quelle entdeckst." erwiderte Raphael grinsend.
Finya zwängte sich durch den engen Spalt und stand auf einmal in einer erstaunlich geräumigen Höhle. Kurz darauf stand Raphael bereits neben ihr.
„Hier können wir getrost die Nacht verbringen - oder auf die Garde warten. Wenn ich mich nicht täusche, sind sie dir bereits recht dicht auf den Fersen..."

Je später es wurde, desto ungeduldiger wurde Aaron. Noch immer saß er, den Blick in die Ferne gerichtet, auf der steinernen Bank vor dem Grundstück.
Immer wieder stand er auf und schritt unruhig auf und ab. Wie lange brauchte seine Garde denn noch um Finya zu finden? So viel Vorsprung dürfte sie doch gar nicht haben...
Aaron knurrte unwillig. Vielleicht sollte er der Garde doch folgen und sich an der Suche beteiligen...
"...Herr...?" unterbrach ihn auf einmal eine leise Stimme.
Ruckartig drehte er sich  um und sah, wie Rebecca erschrocken zurück wich und blass wurde.
Er seufzte. Zwar vertraute Rebecca ihm inzwischen, doch noch immer war sie sehr schreckhaft und ließ sich mehr als nur leicht verunsichern.
Aaron atmete tief durch um sich zu beruhigen. "Was ist los, Rebecca?" fragte er dann bemüht ruhig und freundlich nach.
"Ihr....seid so...unruhig Herr....ist...etwas geschehen?" fragte die Sklavin sichtlich zögerlich nach, unfähig, Aarons Blick stand zu halten.
Aaron lächelte. "...sehr aufmerksam, Rebecca...Setz dich."
Mit einem fragenden Blick nahm Rebecca auf der Bank Platz.
"Du hast Recht, Rebecca. Ich BIN unruhig. Finya ist...weg..."
Entsetzt sah Rebecca ihren Herren an. "...weg?" fragte sie ungläubig.
Aaron nickte. "Sie ist...weggelaufen..."
Rebecca schüttelte den Kopf. "Das kann nicht sein, Herr. Ihr müsst Euch täuschen. Finya würde doch nie freiwillig von Euch fliehen. Ich bin mir sicher, dass..."
Aaron musste wieder Willen leise lachen, doch Rebecca sah ihn nur mit Unverständnis im Blick an.
Amüsiert blitzten Aarons Augen auf. "Du hast Recht, Rebecca. Finya würde nie freiwillig vor mir fliehen. Und doch hat sie es getan."
Rebecca wirkte sichtlich irritiert. "Aber...ich verstehe nicht..."
Aaron grinste. "...es ist ein...Spiel...das sich Kjell ausgedacht hat." erklärte er dann. "Finya hat mir nach ihrem ersten und einzigen echten Fluchtversuch ihr Wort gegeben, nie wieder zu fliehen. Aber sie hat es stets geliebt außerhalb der Burg zu sein. Also darf sie von Zeit zu Zeit zum Schein fliehen und meine Garde muss sie finden und wieder einfangen..." fuhr er fort, seufzte dann aber jedoch.
"Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass sie es hier tun würde...Und ich mache mir Sorgen, dass ihr etwas zustoßen könnte...Du weißt, wie ungeduldig ich sein kann..." Rebecca nickte nachdenklich.
"Aber jetzt geh...genieße die Zeit hier auf der Insel." forderte er seine Sklavin schließlich freundlich auf.
Einen kurzen Moment musterte Rebecca ihren Herren noch, verneigte sich dann aber und ging zurück zum Haus.
Wenig später stand sie bereits vor Taro.
"Taro...ich brauche deine Hilfe..." erklärte sie ihm. Sofort hörte der Junge ihr neugierig zu. Je mehr Rebecca ihm erklärte, desto mehr begann er zu Grinsen.
"Ich habe auch schon eine Idee wie..." aufgeregt redete er auf Rebecca ein, die ihm aufmerksam zuhörte und schließlich lächelnd nickte. "...das könnte klappen, Taro."
Taro strahlte. "Ich gehe gleich zu ihm." meinte er noch kurz und flitzte los in Richtung seines Herren.
Dieser war gerade wieder aufgestanden und einige Schritte in Richtung Weide gegangen, doch noch immer konnte er niemanden sehen.
Missmutig drehte er sich um und zog erstaunt die Augenbraue hoch, als Taro auf einmal vor ihm stand.
"...Taro...?" wandte er sich fragend an den Jungen.
Rasch verneigte sich der Junge vor seinem Herren, der ihm mit einem Seufzen zunickte. Was hatten seine Sklaven heute nur? Er wollte doch hier nur auf Finya warten...
"Herr...? Ich....wollte fragen ob...." Taro blickte seinen Herren mit großen, unschuldigen Augen an. "Ihr...habt doch die letzte Woche angefangen, Finya das Reiten beizubringen..." setzte er dann erneut an. "Würdet Ihr es mir auch beibringen?" bettelte er.
Skeptisch hob Aaron eine Augenbraue. Diese Bitte kam zu einem sehr auffälligen Zeitpunkt.
"Hat deine Bitte zufällig etwas mit meinem Gespräch von Rebecca zu tun, das ich gerade geführt habe?" fragte er streng nach, lächelte aber.
Verlegen trat Taro von einem Bein auf das Andere. "Ja, Herr..." gab er dann zerknirscht zu.
"Sie...kam zu mir und meinte, es...wäre vielleicht eine gute Idee, Euch auf andere Gedanken zu bringen, Euch abzulenken..." erklärte er. "Und...ich dachte, wenn Ihr mir eine...Reitstunde...gebt, wäret Ihr doch abgelenkt...?" fuhr Taro etwas unsicher fort.
Aaron schmunzelte und klopfte seinem jungen Sklaven auf die Schulter.
"Ihr habt beide Recht, Taro...ich sollte mich wirklich ablenken anstatt hier zu warten. Finya kann nichts passieren. Meine Sorge ist also unbegründet..."
Kurz schien er zu überlegen, begann dann fast schon fies zu Grinsen. "Allerdings... da es Rebeccas Idee war, mich abzulenken, sollte sie natürlich ebenso eine Reitstunde erhalten."
Skeptisch hob Taro den Blick. "Rebecca mag das Reiten nicht wirklich, Herr."
Aaron schmunzelte. "Das ist mir bewusst. Doch gerade deswegen sollte sie sich an das Reiten gewöhnen."

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt