Am nächsten Tag reiste Aaron mit seiner Begleitung ab.
Er war froh, als am Nachmittag endlich seine Burg am Horizont auftauchte.
Dennoch wurde es bereits dunkel, als die Kutsche endlich auf den Innenhof fuhr.
Aaron seufzte. Die letzte Zeit war wirklich zu turbulent für seinen Geschmack gewesen. Er hoffte, dass nun endlich wieder Ruhe einkehren würde. Es blieb nur noch eine Sache zu tun, um die vergangenen Ereignisse endgültig abzuschließen. Doch das hatte Zeit bis zum nächsten Tag.Am nächsten Vormittag ließ Aaron Jaro in sein Büro bringen. Finya kniete an seiner Seite, ein Stück hinter ihr stand Jonas.
Ivar und Gregori führten nur wenig später Jaro in den Raum und obwohl er dieses Mal nicht gefesselt war, ging er ruhig und ohne Gegenwehr neben seinen Wachen her, die ihn dennoch sicherheitshalber an den Armen festhielten.
Erst vor Aaron's Schreibtisch ließen sie ihn los.
Jaro ging vor seinem König auf die Knie. Unsicher und angespannt wartete er mit gesenktem Kopf ab.
„Du weißt, warum du hier bist?"
Jaro nickte. „Ich vermute, Ihr werdet heute mein Urteil sprechen, Hoheit." antwortete er ruhig.
„Richtig." erwiderte Aaron trocken. „Du hast mein Vertrauen missbraucht und mich hintergangen. Du hast mich verraten und mit dem Feind kollaboriert. Es gibt nur eine Strafe, die hierfür angemessen ist."
Jaro hob den Blick und sah Aaron direkt an. „Ich weiß, Hoheit. Die einzige angemessene Strafe ist der Tod. Ich bereue, was ich getan habe und bedaure, dass erst die Silberkammer nötig war, um mich zur Einsicht zu bringen. Aber ich werde mein Schicksal annehmen."
Erwiderte Jaro gefasst.
„Du hast Recht. Der Tod wäre die einzige angemessene Strafe und dennoch habe ich mich dagegen entschieden."
Aaron's Blick lag ruhig und prüfend auf Jaro, der ihn nun sichtlich überrascht ansah.
„Nicht der Tod?" fragte er ungläubig nach.
„Nein." Aaron schüttelte den Kopf.
„Zumindest vorerst nicht. Nach deiner, wenn auch späten, Einsicht hast du dich entschlossen, zu kooperieren. Diese Entscheidung rettet dir nun dein Leben.
Ich schicke dich jedoch in die Verbannung. Und solltest du es wagen, vor Ablauf der nächsten sieben Jahre in mein Reich zurück zu kehren, erwartet dich doch noch der Tod. Nach sieben Jahren sei deine Strafe abgegolten und es steht dir frei, zurück zu kommen.
Gregori und Ivar werden dich morgen früh zur Grenze bringen."
Ungläubig und erleichtert blickte Jaro seinen Herrscher an. Er wusste, dass die nächsten sieben Jahre anstrengend werden würden. Niemand hatte gerne einen Verbannten im eigenen Land. Oft wurden Verbannte verfolgt und mussten fast täglich um ihr Überleben kämpfen. Die Länder, die Verbannte bereitwillig aufnahmen, hatten ihre Gründe. Doch genau diese Gründe waren es, weshalb Jaro sie nicht aufsuchen würde.
Immer noch kniend verneigte er sich tief vor Aaron. „Ich danke Euch, König Aaron."
Wie so oft nickte Aaron nur, bevor er sich an Ivar und Gregori wandte. „Bringt ihn zurück in seine Zelle und lasst ihn sich ausreichend stärken, bevor ihr morgen aufbrecht.Ein paar Wochen später war der Winter auf der Burg eingezogen.
Waren die Wiesen und Bäume rund um die Burg die letzten Tage noch von einer dichten Schicht Raureif bedeckt gewesen, so wurden sie nun von einer dünnen Schicht Schnee bedeckt, als Finya am Morgen aus dem Fenster sah. Es hatte zu schneien begonnen.
Dicke Flocken fielen vom Himmel.
Erst war es nur ein leichter Schneefall gewesen , doch noch während des gemeinsamen Frühstücks mit ihrem Herren war der Schneefall immer kräftiger und dichter geworden, hatte sich zu einem regelrechten Schneegestöber entwickelt.
Immer wieder wanderte Finyas Blick sehnsüchtig hinaus.
Schließlich legte Aaron sein Besteck zur Seite.
„Nun hol schon deinen Umhang und geh raus." meinte er schmunzelnd. „Aber nimm Jonas mit."
Finya strahlte. „Danke, Aaron."
Kurz darauf verließ sie, in ihren Umhang gehüllt, Aaron's Gemächer.
Nur wenig später betrat sie den Innenhof und stapfte durch den bereits knöcheltiefen Schnee.
Auf einmal hörte sie ein Kichern und im nächsten Moment traf sie von hinten ein Schneeball. Schnee rieselte kalt in ihren Nacken. Erschrocken drehte Finya sich um.
Ihr gegenüber stand Kjell, den nächsten Schneeball bereits in der Hand.
Noch bevor sie reagieren konnte, traf der Ball sie an der Brust.
Lachend bückte sich Finya, um nun ihrerseits einen Schneeball zu formen, als sie ein weiterer Schneeball am Rücken traf.
Sofort blickte sie einem grinsenden Arvid entgegen. Sie versuchte, ihn mit ihrem Schneeball zu treffen, doch Arvid wich aus und Finyas Wurf ging ins Leere.
Gleich darauf wurde sie erneut von einem Schneeball getroffen. Dieses Mal wieder von Kjell.
„Das ist ungerecht..." beschwerte sich Finya gespielt schmollend, strahlte dabei aber über das ganze Gesicht.
Inzwischen waren auch Gregori, Jonas und Eric dazugestoßen.
„Jonas, hol Rebecca und Taro. Ihr vier und Gregori gegen Arvid, Eric und mich." schlug Kjell gut gelaunt vor.
Kurz darauf lieferten sich fünf Gardemitglieder und drei Sklaven eine erbitterte Schneeballschlacht. Das Lachen der Vampire und Sklaven schallte durch den ganzen Innenhof und lockte weitere Zuschauer an.
Inzwischen stand auch der Rest der Garde um den Hof verteilt und beobachtete das Schauspiel sichtlich amüsiert. Auch einige der Stallsklaven unterbrachen ihre Arbeiten und schauten dem Treiben zu, diese jedoch eher verwundert.
Hoch oben an einem der Fenster stand Aaron und beobachtete ebenfalls gut gelaunt das lebhafte Treiben.
Schließlich, nach gut einer Stunde, trat Dimitri jedoch einen Schritt nach vorne.
„Ich unterbreche Euren Spaß nur ungern..." setzte er an und wich gleich darauf einem Schneeball aus.
„...aber Finya, Taro und Rebecca sind völlig durchnässt..." fuhr er zwar streng, aber dennoch mit einem Schmunzeln fort.
„Und auch wenn zumindest Finya einen Umhang trägt, ist keiner von ihnen wirklich passend gekleidet für dieses Wetter."
Sofort stellten alle ihre „Angriffe" ein.
Finya, Rebecca und Taro standen mit sichtlich geröteten Wangen in der Mitte des Hofes und nicht nur Finya merkte, wie durchgefroren sie eigentlich war. Ihre Schuhe waren völlig durchnässt und ihre Zehen wahrscheinlich fast schon blau gefroren. Zitternd und mit den Zähnen klappernd schlangen die drei Sklaven auf einmal ihre Arme um sich.
Arvid trat mit prüfenden Blick auf die drei zu. „Ab ins Warme mit euch." forderte er sie streng auf. „Am besten ihr nehmt alle ein warmes Bad, bis ihr wieder aufgetaut seid."
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Finya 3
VampireTeil 3 meiner Finya Reihe. Auch hier gilt: Bitte zuerst die anderen Teile lesen. Wie bei Teil 2 sind die Kapitel fortlaufend nummeriert. Imperator Aegir ist tot und stellt keine Gefahr für Finya mehr da. Dennoch muss sich Finya den Geistern ihrer...