Die Anderen waren längst zu Bett gegangen, als Aaron noch zusammen mit Dimitri in seinem Zimmer saß.
Die Türe zu Finyas Zimmer stand halb offen, wollte er nach dem langen Tag doch sehen und sicher gehen, dass sie wirklich im Bett lag.
„Du wolltest noch mit mir reden, Dimitri?"
Dimitri nickte und trank einen Schluck Wein. „Ja, Hoheit. Es geht um Jaro..." erwiderte er und machte klar, dass er dieses Mal nicht als Freund mit Aaron sprach.
„Was hat er getan? Hat er in irgend einer Weise Finya gefährdet?" Aarons Mine verfinsterte sich etwas, doch er nickte Dimitri zu fortzufahren.
Dimitri stellte seinen Kelch ab und blickte Aaron ernst an.
„Der Junge tut alles, was ihm möglich ist, um Euer Vertrauen wieder zu erlangen...Ich bezweifle, dass er Finya je wieder wissentlich in Gefahr bringen würde. Das Gegenteil ist daher der Fall..."
Für einen Moment ballte Aaron die Faust, der Blick immer noch finster.
Dann sah er jedoch hinüber zu Finya, die ruhig und entspannt in ihrem Bett schlief und seine Züge glätteten sich.
Allein, Finya so ruhig schlafen zu sehen, schien ihn zu entspannen. „Fahr fort..." forderte er Dimitri auf.
„Nun...die Suche nach Finya war deutlich schwerer als zu Hause. Durch das andere Gelände gibt es viel weniger Spuren. Irgendwann konnten wir gar keine Spuren mehr finden. Das heißt...WIR konnten keine Spuren finden. Jaro hingegen hat mehrmals winzigste Spuren entdeckt, die uns ohne ihn entgangen wären."
Nachdenklich nickte Aaron. „Das heißt...ohne ihn hättet ihr Finya nicht gefunden?"
Dimitri neigte bestätigend den Kopf. „Irgendwann wohl schon...aber ohne Jaro hätte es definitiv deutlich länger gedauert. Er scheint ein guter Fährtensucher zu sein."
Aaron atmete erst tief durch, seufzte dann. „Ich weiß, dass ich meinen Ärger auf ihn langsam ablegen sollte. Er gibt mir keinen wirklichen Grund, noch länger wütend auf ihn zu sein, aber alles in mir sträubt sich dagegen...Ich warte nur auf den kleinsten Fehler von ihm, um einen Grund zu haben, ihn zu bestrafen..."
„Ich weiß, mein Freund..." erwiderte Dimitri schlicht und legte Aaron die Hand auf die Schulter.
„Und er weiß das auch und ist entsprechend angespannt. Er hat regelrecht Angst, einen Fehler zu begehen, traut sich kaum, etwas zu sagen...Das war bei der Suche deutlich zu sehen."
Skeptisch hob Aaron die Augenbraue. „Das ist nicht gut...Ich denke, ich werde mit ihm reden müssen...nach der Manöverkritik morgen."
Nachdenklich trank Aaron einen Schluck Wein, bevor er Dimitri eine letzte Frage stellte.Am nächsten Tag, gleich nach dem Frühstück, rief Aaron seine Garde zusammen.
„Jaro...du auch.." forderte er den Mann auf, als dieser sich gerade zurück ziehen wollte.
Sofort wurde Jaros Blick, wie so oft, unsicher.
„Wie Dimitri mir erzählt hat, hast du entscheidend dazu beigetragen, Finya zu finden. Du hast es also verdient, bei der Nachbesprechung dabei zu sein." erklärte Aaron und nickte ihm aufmunternd zu. Noch immer etwas nervös, aber auch irgendwie stolz, setzte sich Jaro mit an den Tisch.
Zwei Stunden später war schließlich alles besprochen und analysiert.
Aaron hatte immer wieder deutlich erkannt, was Dimitri am Vorabend gemeint hatte. Jaro hörte zwar aufmerksam zu, hielt sich jedoch ansonsten im Hintergrund. Oft konnte ihm Aaron anmerken, dass er gerne etwas sagen würde, doch musste er ihn jedesmal gezielt dazu auffordern.
„Die Besprechung ist beendet." erklärte Aaron schließlich und alle standen auf, um sich anderen Dingen zu widmen.
„Jaro...auf ein Wort..." hielt Aaron seine ehemalige Wache erneut auf. „Dimitri...du bitte auch.."
Beide Männer drehten sich wieder um und nahmen erneut Platz, wobei Jaro wie so oft nervös mit den Händen spielte.
Schweigend setzte Aaron sich ihnen gegenüber.
„Jaro..." begann er schließlich nach gefühlt mehreren Minuten.
„Ja, Hoheit?" Erneut wirkte Jaros Stimme angespannt. Würde Aaron nun seine neu gewonnenen Freiheiten zurück nehmen?
Aaron atmete tief durch, bevor er zu sprechen begann.
„Seit du in der Silberzelle....zur Vernunft...gekommen bist - und noch mehr, seit du vorzeitig aus der Verbannung zurück gekehrt bist, tust du alles, um deinen damaligen Fehler auszugleichen."
Schweigend hörte Jaro ihm zu, blickte seinen ehemaligen Dienstherren dabei zwar offen, aber dennoch nervös an.
Einen kurzen Moment zögerte Aaron, dann zuckte er jedoch leicht mit den Schultern. Es war wohl wirklich am Besten, offen mit Jaro zu sprechen.
„Dennoch nimmt ein Teil von mir dir deine damalige Tat nach wie vor Übel. Ein Teil von mir möchte dich immer noch bestrafen, sucht nach dem kleinsten Fehler von dir..."
Jaro schluckte schwer bei diesen Worten und senkte den Blick, als er jedoch etwas einwenden wollte, hieß Aaron ihn mit einer Geste zu schweigen.
„Das Beste Beispiel dafür war, als ich dich gestern für Finyas Verschwinden verantwortlich gemacht habe. Diese Situation tut keinem von uns gut und könnte sogar noch Schaden anrichten."
Erneut schluckte Jaro schwer.
„Ich verstehe, dass ich Euer Vertrauen verspielt habe. Diesen Fehler bereue ich sehr und kann ihn nie wieder gut machen. Wenn es Euer Wunsch ist, Hoheit, werde ich bereitwillig zurück in die Verbannung gehen." erwiderte er leise.
Aaron schmunzelte sacht. „Dieser Vorschlag ehrt dich, Jaro. Aber ich werde ihn nicht annehmen. Vielmehr zeigt er mir, dass der Entschluss, den ich gestern Abend gefasst habe, der Richtige ist."
Unsicher hob Jaro den Blick und sah Aaron fragend an. „Was meint Ihr, Hoheit?"
Aaron nickte ihm freundlich zu. „Nach unserer Rückkehr werde ich dich wieder in die Reihen meiner Wachen aufnehmen. Vorerst zwar degradiert auf den niedrigsten Rang aber du wirst wieder meine Uniform tragen dürfen und dich auch sonst frei bewegen dürfen."
Ungläubig blickte Jaro seinen König an. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Worte zu ihm durchdrangen.
Dann erhob er sich jedoch, sank vor Aaron auf das Knie und beugte den Kopf. „Ich danke Euch, Hoheit, für diese Chance."
Aaron nickte zufrieden. „Steh auf, Jaro."
Mit einem sichtlichen Strahlen stand Jaro wieder auf, wobei eine schwere Last von ihm zu Fallen schien.
„..du wirst Fehler machen - das lässt sich nicht vermeiden. Sorge nur dafür, dass es keine Schwerwiegenden sind. Im Gegenzug werde ich mich bemühen, dir ein fairer und gerechter Vorgesetzter zu sein."
Dimitri hatte die ganze Zeit schweigend zugehört, stand nun auf und trat an Aarons Seite. „Auch ich werde ein Auge auf dich haben." erklärte er Jaro, meinte dies aber eindeutig im positiven Sinn. „Wenn du Fragen hast, oder unsicher bist, kannst du jederzeit zu mir kommen."
Jaro wandte sich Dimitri zu und er verbeugte sich auch von diesem. „Ich danke Euch."
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Finya 3
VampireTeil 3 meiner Finya Reihe. Auch hier gilt: Bitte zuerst die anderen Teile lesen. Wie bei Teil 2 sind die Kapitel fortlaufend nummeriert. Imperator Aegir ist tot und stellt keine Gefahr für Finya mehr da. Dennoch muss sich Finya den Geistern ihrer...