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Entsetzt sah Finya ihren Herren an.
Aaron trat auf sie zu und legte ihr sanft die Hände auf die Schultern.
„Ich weiß, ich verlange viel von dir, indem ich dich das frage. Aber vielleicht versteht König Ashok dann, was er an Anuk haben könnte.
Wenn es dazu kommen sollte, wird Dimitri die ganze Zeit an deiner Seite sein und auf dich aufpassen."
Langsam nickte Finya. „Ich werde es tun, Herr."

Noch vor dem Frühstück am nächsten Morgen klopfte es.
Finya öffnete und trat respektvoll zur Seite, als Aaron neben sie trat.
Vor der Türe standen Anuk und eine Wache von König Ashok, die Anuk am Arm hielt. Anuks Armreifen waren miteinander verbunden. Zitternd und mit gesenktem Blick stand die junge Sklavin vor der Türe.
Die Wache löste die Verbindung von Anuks Armreifen und schob sie eher grob in den Raum. „Ich hole die Sklavin in einer halben Stunde wieder ab." erklärte er, verneigte sich höflich vor König Aaron und ging.
Finya schloss die Türe und setzte sich zu Rebecca auf das Sofa.
Zeitgleich mit dem Klicken der Türe fiel Anuk auf die Knie und fing an, ängstlich zu wimmern, als Aaron sich ihr näherte.
Aaron seufzte.
„Dein Name ist Anuk?" Ängstlich nickte das Mädchen.
Aaron beugte sich etwas zu ihr herunter. „Du hast nichts von mir zu befürchten, Anuk." erklärte er freundlich. „Im Gegenteil. Ich bin gekommen, um deinen Herren zu unterstützen. Zu deinem Wohl."
Ungläubig blickte Anuk nach oben. Nur, um sofort wieder ängstlich den Blick zu senken.
Erneut seufzte Aaron. Ashok schien seit dem letzten Treffen bei Aegir nichts dazu gelernt zu haben. Im Gegenteil. Anuk wirkte noch verstörter, wenn auch sie wenigstens körperlich einen besseren Eindruck auf ihn machte.
Aaron zog sich einen Stuhl heran und setzte sich Anuk gegenüber.
„Sieh mich an, Anuk." zögernd hob das Mädchen seinen Blick.
Aaron lächelte und nickte ihr zufrieden zu. „Und jetzt sieh zum Sofa."
Verwirrt wandte Anuk den Blick in die angegebene Richtung. Ihre Augen wurden groß, als sie Finya sah, die ungezwungen mit einer weiteren Sklavin auf dem Sofa saß und  sogar leise mit dieser sprach.
Noch verwirrter blickte sie Aaron an - dieses Mal direkt.
„Denkst du, Rebecca und Finya fürchten mich?"
Anuk schüttelte unsicher den Kopf.
Aaron nickte. „Genau. Und genauso wenig musst DU mich fürchten." erklärte er. „Im Übrigen...ich weiß zwar nicht, wie dein Herr es damit hält, aber ich bevorzuge es, wenn Sklaven mich ansehen und mir Antwort geben."
Anuks Augen begannen verdächtig zu glitzern.
Auch ihr Körper zitterte erneut. Dieses Mal jedoch nicht vor Angst.
Auch wenn Finya mit Rebecca sprach, bekam sie sehr wohl mit, was um sie herum geschah. Leise stand sie auf, füllte einen Becher mit Wasser und brachte diesen ihrem Herren.
Aaron nickte ihr dankend zu und reichte den Becher Anuk.
Mit großen Augen sah sie Aaron an und nahm den Becher entgegen. „Danke, Herr." sprach sie ihn leise an und lächelte zaghaft, trank aber erst, als er ihr zunickte.
Zufrieden beobachtete Aaron, wie Anuk sich entspannte und lehnte sich selbst ebenfalls entspannt zurück.
„Du kannst dich bequem hinsetzen, Anuk. Es ist nicht nötig, dass du die ganze Zeit kniest.
Anuk zögerte.
„Lässt König Ashok dich die ganze Zeit knien?"
Das Mädchen nickte. „Ja, Herr."
Aaron seufzte leicht. Sofort senkte Anuk betreten den Kopf.
„Anuk. Dienst du deinem Herren gerne?"
Er hob leicht die Hand. „Und ich will eine ehrliche Antwort." fügte er etwas strenger hinzu.
Das Mädchen zögerte, dann schüttelte sie langsam den Kopf. „Nein, Herr. Ich diene ihm nicht gerne. Doch was bleibt mir übrig? Ich versuche wirklich, ihm eine gute Sklavin zu sein, aber egal, was ich tue, er ist unzufrieden mit mir." beantwortete Anuk die Frage flüsternd.
Aaron nickte langsam. „Das habe ich vermutet."

Aaron wollte gerade weiter sprechen, als es wieder an der Türe klopfte.
Auf sein Zeichen hin öffnete Finya erneut.
Dieses Mal stand König Ashok selbst vor der Türe. Finya verneigte sich respektvoll und ging neben Aaron auf die Knie, wo inzwischen auch Rebecca und Anuk knieten.
„Ich bin gekommen, um meine Sklavin zu holen und mit Euch zum Frühstück zu gehen.
Erstaunt legte sich sein Blick auf Anuk, die ruhig und entspannt am Boden kniete.
Aaron wies auf das Sofa. „Setzt Euch doch einen Moment."
Ashok setzte sich und sah Aaron fragend an
Finya beugte sich leicht zu Anuk. „Knie dich neben ihn." flüsterte sie ihr zu.
Langsam stand die junge Frau auf, trat unsicher neben ihren Herren und sank wieder auf die Knie. Fast sofort wirkte sie wieder unsicher und spannte sich an.
„Wie habt Ihr das in der kurzen Zeit geschafft, König Aaron."
Aaron schmunzelte. „Wie Ihr seht, ist Eure Anuk durchaus bereit, Euch zu dienen." erwiderte er, ohne auf die eigentliche Frage zu antworten.
"Das Problem liegt in ihrer Verunsicherung. Sie weiß noch immer nicht, was Ihr von ihr wollt und ist verunsichert. Seht her..."
Aaron stand auf und trat neben Anuk. Schweigend blickte er auf sie hinab. Je länger er schwieg, desto unsicherer wurde sie. "Wie Ihr seht, König Ashok, habe ich zwar ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit, aber ihre Verunsicherung steigt."
Ashok nickte eifrig. "Anuk..." sprach Aaron die Sklavin ruhig an, die leicht zusammen zuckte.
"Sieh mich an." Anuk schluckte schwer. Hatte sie zuvor noch begonnen, dem fremden Herren zu vertrauen, stieg ihre Angst, einen Fehler zu machen, nun wieder an, jetzt wo ihr eigener Herr wieder im Raum war.
"Sieh mich an, Anuk." forderte Aaron noch immer freundlich, jedoch mit deutlich mehr Nachdruck.
Langsam hob das Mädchen den Blick und sah Aaron unsicher an. Als dieser ihr zufrieden zunickte, entspannte sie sich merklich.
Aaron nickte Ashok zu. "Probiert es."
"Sieh mich an, Anuk." forderte dieser sogleich. Anuk zuckte zusammen. Ihr ganzer Körper schien zu verkrampfen, doch dann wandte sie langsam den Kopf und sah ihren Herren ängstlich an.
Dieser begann zu strahlen. "Ist es wirklich so einfach?" Anuk gestattete sich, etwas zu entspannen. Als sie dabei jedoch den Blick senkte, spürte sie sofort Ashoks Verärgerung.
Noch bevor er etwas sagen konnte, legte ihm Aaron jedoch die Hand auf die Schulter. "Ja, es ist im Grunde so einfach. Doch der schwierige Teil kommt jetzt. Habt Geduld mit Anuk. Gebt Ihr Zeit, Vertrauen zu fassen. Sagt ihr, wenn Ihr zufrieden mit ihr seid, oder was sie anders machen soll."
Ashok nickte nachdenklich.

Eine Woche später saßen Aaron und Ashok zu einem letzten gemeinsamen Abendessen zusammen.
Anuk kniete inzwischen deutlich entspannter neben ihrem Herren und gab sich redlich Mühe, ihm zu dienen. Immer wieder lächelte sie sogar sacht.
"Anuk, ich habe Durst." Augenblicklich schien das Mädchen zu versteinern und blickte panisch auf.
Rebecca zuckte ebenfalls zusammen. Zu gut erinnerte sie sich daran, wie König Ashok am ersten Abend von seiner Sklavin getrunken hatte. Zu gut erinnerte sie sich auch daran, wie ihr früherer Herr ebenso von IHR getrunken hatte.
"Wartet einen Moment..." hielt Aaron ihn höflich auf und berührte Finya sanft zwischen den Schulterblättern.
Rebecca schluckte schwer und griff sich kurz an den Hals. Sie hatte in dieser Woche begonnen, ihrem Herren wirklich zu vertrauen, während er nicht nur sie gelehrt hatte zu dienen, sondern dadurch auch Anuks Situation verbessert hatte. Vielleicht... Nur kurz berührte sie Aaron am Bein. Sofort hatte sie seine Aufmerksamkeit und sah ihn bittend an.
"Bist du dir sicher, Rebecca?" Rebecca nickte. "Ja, Herr."
"Dann steh auf."
Aaron wartete, bis Rebecca stand. "Meine Sklavin hat mich gerade gebeten, zum ersten Mal von ihr zu trinken." erklärte er Ashok. Ich kann Euch also zeigen, wie ich Finya daran gewöhnt habe, von ihr zu trinken. Er zog Rebecca sanft zu sich heran. Deutlich konnten die beiden Vampire Rebeccas Anspannung und auch leichte Angst wahrnehmen.
Dann wechselte Aaron in die Vampirsprache. "Ich werde meine Sklavin jetzt gleich auffordern, tief durchzuatmen. Der Moment des Ausatmens ist der Beste, um zuzubeißen." erklärte er. "In diesem Moment ist die Sklavin auf ihren Atem konzentriert und dadurch am entspanntesten. Natürlich muss man sich selbst etwas zurück halten. Doch das ist die Sache wert." fuhr er fort.
"Rebecca..." wandte er sich wieder an seine Sklavin. "Leg den Kopf zur Seite. Entspann dich, dann wird es kaum schmerzen." Er selbst strich Rebeccas Haare zur Seite. "Schließ die Augen und atme tief durch." forderte er sie auf.
Noch immer angespannt, schloss Rebecca die Augen und atmete tief ein. Aaron zog sie noch etwas dichter heran und biss sanft zu, als sie begann, auszuatmen, trank ein paar Schlucke und löste sich wieder von ihr, nachdem er die Wunde geschlossen hatte. Sanft strich er ihr über den Kopf. "Gut gemacht, Rebecca." lobte er sie.
Aaron nickte Ashok zu.
"Anuk..." mit Panik im Blick hob Anuk den Kopf. "Steh auf." forderte ihr Herr sie auf.
Zögerlich kam sie auf die Beine und ließ es zu, dass Ashok sie an sich heran zog. Die andere Sklavin schien wirklich keine Schmerzen gehabt zu haben, als ihr Herr von ihr getrunken hatte. Anuk schluckte.
Noch bevor Ashok sie auffordern musste, legte sie den Kopf zur Seite und schloss die Augen.
Erstaunt zog Ashok sie etwas dichter an sich heran. "Tief durchatmen."  forderte er in gespannter Vorfreude.
Anuk zuckte sichtlich zusammen, als er schließlich zubiss und verkrampfte kurz, doch dann schien sich ihre Anspannung zu lösen und sie lag ruhig in Ashoks Armen, bis er zu Ende getrunken hatte.
Stolz blickte Ashok auf seine Sklavin. "Ich bin sehr zufrieden mit dir." lobte er sie und Anuk lächelte zaghaft. "Danke, Herr."

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt