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Am nächsten Morgen nahmen Kari, Aaron und Finya ein letztes Mal ein, wenn auch spätes, gemeinsames Frühstück ein.
Die anderen Gäste waren bereits abgereist und so hatte Kari auch Aaron's Garde eingeladen, mit ihm gemeinsam zu speisen.
Etwas unsicher saß Juna dieses Mal neben ihm. Dennoch war die Stimmung sehr entspannt an diesem Morgen.
Doch schließlich kam auch für Aaron und seine Begleitung der Zeitpunkt der Abreise.
Als sie gemeinsam auf den Vorplatz traten, hatten Karis Sklaven bereits die Kutsche angespannt und beladen.
Auch die Pferde waren bereits gesattelt.
Kurz darauf brachte eine Wache Jaro aus dem Schloss.
Vor Aaron blieb er stehen und verneigte sich respektvoll. Noch immer wirkte er zwar niedergeschlagen, aber dennoch gefasst.
Prüfend blickte Aaron auf seine ehemalige Wache. „Wirst du freiwillig mit mir zurück kommen oder muss ich dich fesseln lassen?"
Erneut verneigte sich Jaro leicht. „Ich werde mitkommen, Hoheit und mich den Konsequenzen meines Handelns stellen.. Ihr habt mein Wort." erwiderte er ernst.
Aaron nickte nur. „Dann steig auf." forderte er ihn auf und wies auf ein Pferd, bestieg dann gemeinsam mit Finya die Kutsche und gab das Zeichen zum Aufbruch.

Gegen Mittag gab Aaron das Zeichen zum Halten, damit Finya sich etwas die Füße vertreten konnte. Auch die Garde und Jaro stiegen ab, wobei Jaro jedoch direkt in der Nähe der Kutsche blieb.
Fragend blickte Finya zu Aaron und als ihr Herr ihr zunickte, ging sie auf Jaro zu.
„Wie geht es Euch?" wandte sie sich freundlich an ihn.
Jaro verneigte sich höflich, ließ sich dann jedoch auf den Boden sinken und lehnte sich an einen Baumstamm.
Leicht zuckte er mit den Schultern. „Ich reite meinem eigenen Tod entgegen." erklärte er niedergeschlagen.
Finya nickte langsam, als Jaro sich auf einmal straffte. „Aber ich werde mich dem stellen. Ich habe dem König mein Wort gegeben und werde es nicht noch einmal brechen." fuhr er dann mit fester Stimme fort.
Finya lächelte sacht. „Das ehrt Euch."
Sacht erwiderte Jaro das Lächeln. „Ich bereue es wirklich, mich auf Aegir eingelassen zu haben. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist... Er klang einfach so....überzeugend, so...logisch..." ergriff Jaro dann mit einem Seufzen erneut das Wort.
„Ich kann mich nur bei Euch entschuldigen und hoffen, dass Ihr meine Entschuldigung annehmt. Auch wenn das nichts an meiner Strafe ändern wird."
Finya nickte leicht. „Ich nehme Eure Entschuldigung an."
„Ich danke Euch."  erwiderte Jaro, sah dann aber zu Aaron. „Ich glaube, König Aaron will aufbrechen..."
Gemeinsam gingen sie die wenigen Schritte zurück zur Kutsche. Während Finya sich in die Kutsche setzte, stieg Jaro auf sein Pferd und wartete ruhig, bis sich zwei Männer neben ihm postiert hatten, bevor er losritt und der Kutsche folgte.

„Wie lief dein Gespräch mit Jaro?" wandte sich Aaron an seine Sklavin, als sie eine Weile gefahren waren.
„Er sagt, er bereut, was er getan hat." erwiderte Finya. „Und irgendwie glaube ich ihm, er scheint es wirklich ernst zu meinen. Auch damit, dass er sich seiner Konsequenz nicht entziehen wird."
Nachdenklich nickte Aaron. „Und er hat sich bei mir entschuldigt."
Aaron lachte trocken auf. „Glaubt er etwa, mich dadurch milde zu stimmen?"
„Nein, Herr." Finya schüttelte den Kopf. „Er weiß, dass das nichts ändert..."
Sichtlich zufrieden blickte Aaron aus dem Fenster, wo ein Stück neben der Kutsche, flankiert von Andrej und Ivar, Jaro ruhig neben seinen Wachen her ritt.
„Ihr wollt ihm nicht die Freiheit schenken, Herr..." setzte Finya an, die seinem Blick gefolgt war. „...die anderen Strafen haltet Ihr aber ebenso für unangemessen."
Bestätigend neigte Aaron den Kopf.
„Warum macht Ihr es dann nicht wie bei Jonas? Kerkerhaft in der Nacht und Arbeitsdienst am Tag...?"
Aaron nickte langsam. „Darauf wird es vermutlich hinauslaufen. Die Frage ist jetzt eher, wann ich ihn...erlöse... Heute Abend noch, morgen früh oder erst auf dem Richtplatz..."
Nachdenklich sah Finya aus dem Fenster zu Jaro.
„Das kommt darauf an, was Euer Ego sagt, Herr." Finya lächelte.
„Er geht jetzt schon sehr lange davon aus, sterben zu müssen. Daher wäre es gnädig, es ihm heute noch zu sagen." Aaron nickte.
„Je später Ihr es ihm sagt, desto mehr könnte das Euer Ego beruhigen. Dann gäbe es natürlich noch die Möglichkeit, ihn mit einem Schlafmittel scheinbar zu töten. Das Erwachen wäre dann quasi ein Neubeginn..." erstaunt hob Aaron die Augenbraue. „So grausam diese Option wäre, gefällt mir die Bildhaftigkeit irgendwie..."
Dieses Mal nickte Finya. „Eines solltet Ihr jedoch nicht außer Acht lassen, Herr... . Momentan scheint er Euch sehr ergeben zu sein. Je länger Ihr wartet, desto mehr könnte sich seine Einstellung ins Gegenteil wandeln. Je länger Ihr wartet, desto mehr könnte sein Vertrauen in Euch geschwächt werden... ."
Aaron seufzte leise. „Danke, Finya. Ich denke, ich weiß nun, was ich tun werde... ."

Die Sonne ging bereits unter, als sie schließlich auf der Burg ankamen. Direkt nach der Ankunft führten Andrej und Ivar Jaro in eine Zelle. In der Eingangshalle wandte Aaron sich noch einmal an Andrej. „Bringt Jaro eine große Karaffe Blut und was auch immer er sonst essen und trinken möchte..."
Deutlich konnte er sehen, wie Jaro schluckte und mehr in sich zusammenfiel. Sehr wohl schien Jaro zu ahnen,, dass dies seine Henkersmahlzeit werden sollte. Dennoch ging er weiterhin ohne Gegenwehr mit in den Kerker.
Aaron nickte Finya zu, ihm zu folgen.
Fast schon mitleidig sah Finya Jaro einen Moment hinterher.
Wenig später saß sie jedoch mit Aaron am Esstisch seiner Wohnung.
Nur wenige Minuten später traf auch die Garde ein, wobei Andrej und Ivar etwas länger brauchten. „Ist Jaro versorgt?" hakte Aaron nach. Andrej nickte.
„Ja. Aber jetzt hat er eindeutig Angst vor dem kommenden."
„Hat er Probleme gemacht?"
„Nein. Er scheint sich wirklich mit seinem bevorstehenden Tod abgefunden zu haben."
Aaron nickte zufrieden. „Dann werde ich ihn heute noch von seiner Angst erlösen. Aber jetzt lasst uns essen."
Wie auf Kommando klopfte es an der Türe und kurz darauf betrat Rebecca mit einem Servierwagen den Raum.
Aaron nickte Finya zu, damit diese Rebecca half, den Tisch zu decken.
„Setz dich zu uns und iss auch etwas" forderte Aaron Rebecca freundlich auf und wies auf einen freien Platz.
Mit großen Augen sah Rebecca ihren Herren an. Als Finya ihr ebenso zunickte, nahm Rebecca auf dem zugewiesenen Stuhl platz.
Zwei Stunden später, Finya und Rebecca hatten immer wieder den Tisch abgeräumt und den nächsten Gang aufgetragen, war das Abendessen schließlich beendet und Aaron und Finya saßen vor dem brennenden Kamin.
Fragend blickte Finya zu Aaron. „Noch nicht, Finya. Bring mir bitte erst einmal einen Wein," erklärte Aaron.
Kurz darauf saßen Aaron und Finya mit einem Weinkelch und einem Buch vor dem Kamin, doch Finya konnte sich nicht wirklich auf das Buch einlassen.
Es ging bereits auf Mitternacht zu, als Aaron schließlich sein Buch zuklappte.
„Jetzt können wir gehen." erklärte er und stand auf. „Komm mit, Finya."

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt