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Abrupt sprang Aaron auf und sah seinen Vater entgeistert an.
„Sag das nochmal, Vater..."
Ruhig stand Andros ebenfalls auf und legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter.
„Finya kann gar nichts passieren, Aaron. Raphael weicht ihr nicht von der Seite."
Ungläubig schüttelte Aaron den Kopf. „Aber....warum...?"
Andros seufzte und wies auf die Bank.
Widerwillig ließ Aaron sich wieder darauf nieder.
„Du erinnerst dich an mein Gespräch mit Finya heute morgen?"
„Ja. Natürlich. Du hast gemeint, Finya hätte so nachdenklich gewirkt...."
Andros nickte und setzte sich wieder neben seinen Sohn.
Langsam schien Aaron ein Verdacht zu kommen und langsam schien er sich auch wieder zumindest etwas zu entspannen.
„Finya hat mir von ihrer ersten Zeit bei dir erzählt." begann Andros.
„Von ihrer Flucht, weil sie sich mit ihrem Schicksal nicht abfinden wollte, von der Strafe, die sie dafür erhalten hat...."
„Sie hat dir erzählt, wie ich sie bestraft habe?" unterbrach Aaron ihn interessiert, doch Andros schüttelte nur leicht den Kopf. „Nichts genaues...nur dass sie die Strafe wohl sehr hart für sie war..."
Aaron nickte. „Ich hatte sie für eine Woche in den Kerker gesperrt. Allerdings hatte ich damals noch nicht gewusst, wie sehr sie die Dunkelheit fürchtet..."
„Davon kannst du mir später erzählen..." entschied Andros.
„Finya hat mir dann von ihrem Versprechen erzählt, nie wieder zu fliehen und von dem...Spiel...was Kjell vorgeschlagen hat."
Aaron schmunzelte. „Sie liebt die Natur und so kann sie ihrem Freiheitsdrang nachkommen, während gleichzeitig die Garde eine weitere Trainingseinheit erhält."
„An dem Tag, an dem du mir den Falken geschickt hast, wollte Finya eigentlich eine neue...Trainingseinheit...starten."
Aaron nickte. „Ich weiß, sie hat sich dagegen entschieden, weil sie gespürt hat, wie aufgewühlt ich mal wieder war..."
Andros legte seinem Sohn den Arm um die Schulter. „Seit dem Tag wollte Finya eigentlich ihren Plan in die Tat umsetzen, aber nie schien der Zeitpunkt zu passen. Auf der Reise hierher wollte sie es dir nicht antun.
Jetzt, hier auf der Insel hat sie ebenfalls gezögert. Erneut um dich zu schützen. Sie wollte dich vor mir nicht kompromittieren und hatte Sorgen, dass du....zu aufgebracht....wärest.."
Aaron lächelte sacht. „...das ist Finya...stets um mein Wohl besorgt..."
Auch Andros lächelte. „Finya ist dir tief verbunden und treu ergeben. Hätte ich das nicht gespürt, hätte ich nicht angeboten, ihr zu helfen. Ich habe ihr zugesichert, mich um dich zu kümmern und dich zu beruhigen. Außerdem habe ich ihr gestattet, die ganze Insel zu betreten, jedoch nur in Begleitung von Raphael.
Als sie heute zu den Pferden ist, habe ich Raphael daher zu ihr geschickt..."
Amüsiert hob Aaron die Augenbraue. „...da habt ihr drei mir ja einen schönen Streich gespielt..."
Andros grinste. „Und auch da hat Finya wieder bewiesen, wie klug und umsichtig sie ist. Sie hat schon damit gerechnet, dass du Jaro verdächtigen würdest. Deshalb ist Raphael nochmal zu mir gekommen. Deshalb habe ich Jaro unter meine Fittiche genommen..."
Verlegen senkte Aaron den Kopf. „Meine Sklavin beweist mehr Weitsicht als ich als ihr Herr und König..."
„...du warst aufgebracht, mein Sohn. Wichtig ist, dass du jetzt wieder ruhig und besonnen handeln kannst.", beruhigte ihn Andros. „Aber was wirst du jetzt tun? Wirst du hier warten oder dich an der Suche beteiligen?"
Nachdenklich rieb Aaron sich das Kinn. „..ich wüsste zu gerne, wie sie sich machen...aber wenn ich dazu stoße werden sie erfahren, dass es nur eine Übung ist..." Eine Weile schien Aaron nachzudenken. „..ich werde hier bleiben. Auch wenn es mir schwer fällt."

Eine ganze Weile war die Garde den Hufspuren gefolgt. Der Untergrund wurde nach und nach immer felsiger und so hörten diese Spuren auf einmal auf.
Greogir fluchte leise, als er das merkte.
Dimitri gab ein Zeichen und die Garde versammelte sich um ihn. „Wir teilen uns auf..." erklärte er und wies in die verschiedenen Richtungen.
„Arvid, Kjell, Jonas...ihr sucht diesen Bereich ab..." erklärte er und wies auf einen Bereich links von ihm.
„Eric, Gregori und..." er zögerte kurz. „...Jaro. Ihr sucht diesen Bereich ab." fuhr er fort und wies auf den Bereich vor sich. „Andrej, Ivar und ich werden den rechten Bereich abzusuchen."
Kurz darauf machten sich alle, den Blick auf den Boden geheftet, auf die Suche.
Jaro hielt sich in der Mitte zwischen Gregori und Eric. Ihm war wohl bewusst, wie sehr er unter Bewährung stand. Und egal, um was es ging - er wollte keinen falschen Verdacht wecken.
Auf einmal stockte er. „...Eric...?" wandte er sich unsicher an den stellvertretenden Hauptmann.
Sofort stand dieser neben ihm. „Ich glaube, ich habe etwas gefunden..."
Jaro wies auf den Boden. Zwischen den Felsen hatte der Wind etwas losen Sand hingeweht und dort, kaum zu sehen, war ein Stück von einem Fußabdruck.
Eric hob die Augenbraue und winkte Gregori zu sich. Gemeinsam gingen sie auf die Knie und untersuchten den kaum sichtbaren Abdruck. Schließlich nickten sie einander zu und Eric wandte seinen Blick wieder Jaro zu.
„Das hast du sehr gut gesehen, Jaro. Weder Gregori, noch mir wäre diese kleine Spur aufgefallen." sprach er anerkennend zu ihm.
Dann legte Eric die Hände an den Mund und ließ den Ruf eines Falken erklingen.
Es dauerte nur wenige Augenblicke und die restliche Garde stand neben ihm.
Fragend blickte Dimitri seinen Stellvertreter an. „Jaro hat etwas gefunden, Dimitri. Gregori und ich sind uns sicher, dass die Spur von Finya stammt..." erklärte er und wies auf den Fußabdruck.
Dimitri beugte sich ebenfalls hinunter und pfiff anerkennend durch die Zähne. „Wirklich kaum zu sehen. Aber jetzt wissen wir die Richtung, die Finya genommen hat."
Der Gardehauptmann richtete sich wieder auf und blickte nachdenklich zu Jaro.
„Jaro, Jonas..." wandte er sich an die zwei Männer. „Ihr beiden werdet ab jetzt voraus gehen."
Erstaunt hob Jaro den Blick, doch Dimitri nickte ihm nur aufmunternd zu.
„Mir scheint, dass du ein Talent dafür hast, Spuren zu finden. Keinem von uns wäre dieser Hauch einer Spur aufgefallen. Und Jonas ist ein Ogun. Gemeinsam werdet ihr euch gut ergänzen."
Jaros Augen begannen zu leuchten und er verneigte sich tief und respektvoll vor Dimitir. „Ich danke Euch für das Vertrauen."
Die Garde trat zur Seite und ließ Jaro und Jonas vorbei, damit diese voraus gehen konnten.
Sie kamen zwar deutlich langsamer voran als zuvor, doch immer wieder konnte Jaro kleinste Spuren ausmachen, wenn Finyas Fuß den Sand oder die Erde statt des Felsens getroffen hatte. Doch alle waren sich einig, dass diese Spur von Finya stammen musste.

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt