Am nächsten Morgen saßen Aaron und Finya erstmals in diesem Jahr wieder auf der Terrasse zum Frühstück.
„Nach dem Frühstück klären wir die Sache mit Jaro." ergriff Aaron das Wort, als sie schließlich fertig waren. „Heute Nachmittag kannst in den Garten gehen. Die Sonne wird dir gut tun nach dem harten Winter."
„Finya nickte. „Habt Ihr bereits über eine Fortsetzung von Kjells Spiel nachgedacht, Herr?"
Wie am Vorabend seufzte Aaron.
„Es gefällt mir nicht, dich ungeschützt aus der Burg zu lassen, Finya. Aber es würde dir offensichtlich Spaß machen und ich sehe dich nunmal gerne glücklich. Dazu kommt, dass es wirklich eine gute Übung für meine Garde wäre."
Erneut seufzte der König und nickte schließlich.
„Nagut...Ich gestatte es dir vorerst. Allerdings für den Moment höchstens einmal im Monat."
Finyas Augen blitzten auf. „Ich danke Euch, Herr."
Für einen kurzen Moment wurde Aaron's Blick strenger. „Und ich möchte nicht, dass du, wie beim letzten Mal, deine Gesundheit riskierst. Wenn du frierst oder irgend etwas Anderes ist, machst du dich sofort auf den Rückweg und vertraust nicht darauf, dass die Garde dich schnell findet. Verstanden?"
Finya neigte ergeben den Kopf. „Verstanden, Herr." bestätigte sie.Nur etwa eine halbe Stunde später saß Aaron in seinem Büro hinter dem Schreibtisch.
Finya saß an ihrem eigenen kleinen Schreibpult und hatte Jaros Akte vor sich liegen.
Kurz darauf öffnete sich die Türe und Jaro betrat, in Begleitung von Gregori, den Raum.
Respektvoll verneigte er sich vor Aaron, bevor er -auf ein Zeichen hin - auf dem Stuhl Aaron gegenüber Platz nahm. Er wirkte zwar deutlich gelöster als noch in der Nacht aber dennoch sichtlich angespannt. Auch die mentalen Strapazen der letzten Zeit standen ihm nun mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben.
Aaron musterte Jaro kurz und nickte Gregori dann zu. „Danke, Gregori. Du kannst gehen."
Erneut musterte Aaron Jaro nachdenklich.
„Was mache ich nur mit dir..." sprach er mehr zu sich selbst. Sofort schien Jaro sich wieder zu verkrampfen.
„Gilt dein Wort nach wie vor, dass du jedwelche Strafe akzeptieren wirst?" Jaro neigte ergeben den Kopf. „Ja, Hoheit."
Aaron nickte zufrieden und gab Finya ein Zeichen, die Akte aufzuschlagen und mitzuschreiben.
„Bis auf weiteres wirst du in deiner Zelle bleiben." erklärte er.
„Allerdings werde ich dir Aufgaben zuteilen lassen, die du von dort aus erledigen kannst.
Wenn du dich bewährst, wirst du auch Aufgaben außerhalb deiner Zelle erledigen dürfen. In jedem Fall wirst du dich nach Erledigung deiner Arbeiten wieder einschließen lassen." fuhr er fort. „Über die Dauer der Strafe entscheide ich wenn es soweit ist.
Bist du damit einverstanden?"
Erneut verneigte sich Jaro. „Ja, Hoheit."
Zufrieden lehnte sich Aaron zurück.
„Hast du alles aufgeschrieben, Finya?"
„Ja, Herr." erwiderte Finya und wiederholte, was sie aufgeschrieben hatte.
„In Ordnung, Jaro. Dann ist dein Urteil hiermit offiziell.
Enttäusche mich nicht, denn noch einmal werde ich nicht so milde urteilen."
Jaro schüttelte den Kopf. „Ich werde bestimmt nicht nochmal einen solchen Fehler begehen, Hoheit."
Aaron nickte nur.
„Dann geh jetzt zurück in den Kerker und melde dich bei Victor zum Einschluss."
Jaro erhob sich, verneigte sich vor seinem Herrscher und verließ den Raum.Aaron seufzte auf. Finya erhob sich und reichte ihrem Herren die Akte, der seine Unterschrift unter das Urteil setzte.
„Du kannst die Akte wegräumen, Finya."
Als Finya einige Minuten später zurück kehrte, saß Aaron unverändert an seinem Schreibtisch.
Nachdenklich musterte sie ihren Herren, bevor sie neben ihm auf die Knie sank und sich leicht gegen sein Bein lehnte.
Erneut seufzte Aaron, lächelte aber dabei und vergrub seine Finger in Finyas Haar.
„Was habt Ihr, Herr?"
Aaron lachte leise, doch wirkte es eher erschöpft als fröhlich.
„Die letzten Wochen und Monate waren anstrengend. Wir sind alle kaum zur Ruhe gekommen. Am liebsten würde ich einfach eine Zeit verreisen und alles hinter mir lassen...aber ich war in letzter Zeit schon viel zu oft und viel zu lange weg..."
Nachdenklich hob Finya den Blick. „Habt Ihr niemanden, der Euch für eine gewisse Zeit vertreten kann?"
Nachdenklich rieb sich Aaron über das Kinn.
„Ich muss darüber nachdenken... . Vielleicht ist das eine Lösung."
Eine ganze Weile arbeitete er schweigend weiter, während Finya neben ihrem Herren knien blieb und ihm Gesellschaft leistete.
Erst als er ihr ein Buch aus seinem Schreibtisch reichte, setzte sie sich bequemer hin und begann neben Aaron zu lesen.
Es ging bereits auf Mittag zu, als Aaron endlich aufsah und amüsiert auf seine Sklavin hinab blickte, die tief in ihr neues Buch vertieft war.
Leise räusperte er sich. Sofort ruckte Finyas Kopf nach oben und sie sah ihren Herren betreten an. Schon lange war es ihr nicht mehr passiert, dass sie sich derart in ihr Buch vertieft hatte, dass sie nichts mehr mitbekam.
„Verzeiht, Herr..." entschuldigte sie sich sichtlich zerknirscht.
Als Aaron jedoch schmunzelte, entspannte sie sich etwas. „Mir scheint, ich habe dir ein zu spannendes Buch herausgesucht..." wandte er sich gespielt tadelnd an seine Sklavin.
Noch vor wenigen Monaten hätte Finya das Buch an sich gedrückt, als ob ihr Herr es ihr im nächsten Moment wegnehmen würde und wäre mehr als nur verunsichert gewesen.
Doch diese Zeit war lange vorbei.
Statt dessen lächelte Finya sacht und klappte das Buch lediglich zu. „Es ist wirklich sehr spannend, Herr." erwiderte sie. „Dieser Mann, der alleine auf einer einsamen Insel im Meer lebt..."
Nachdenklich hob Finya den Blick. „Ist das Meer wirklich so wie in dem Buch, Herr?"
In diesem Moment fasste Aaron einen Entschluss. „Ja, meine kleine Sklavin. Es ist wirklich so. Zumindest weit draußen auf dem Meer."
Langsam stand er auf. „Lass uns etwas Essen gehen. Es ist schon weit nach Mittag."
Etwas steif erhob sich Finya ebenfalls und legte ihr Buch auf ihren Tisch.
Nach dem Essen wirkte Aaron sichtlich entspannter, wirkte fast schon vorfreudig.
„Räum bitte hier noch auf, Finya, und dann schick mir Dimitri in mein Büro. Danach kannst du in den Garten gehen." wandte er sich an seine Sklavin. Kurz zögerte er. „Nimm Rebecca und Taro mit. Es wird ihnen auch gut tun."
Finya verneigte sich und begann, den Tisch abzuräumen.
Bald darauf machte sie sich auf die Suche nach Dimitri.
Schließlich fand sie ihn im Wachraum.
„Dimitri...? Aaron möchte Euch in seinem Büro sprechen."
Dimitri nickte nur. „Ich gehe gleich zu ihm."
Wieder vor dem Wachraum zögerte Finya kurz und lief dann zurück in ihre Kammer, um ihren Umhang zu holen. Dann eilte sie in den Thronsaal und verbarg den Umhang hinter einem der Vorhänge, bevor sie in die Küche lief um Taro und Rebecca abzuholen.
Respektvoll verneigte sie sich vor Lucien.
„Mein Herr schickt mich, dass ich Taro und Rebecca mit in den Garten nehme..." erklärte sie höflich.
Lucien brummte leicht unzufrieden, riss sich aber dann zusammen.
„Ich hole sie dir..."
Kurz verschwand er in einem der hinteren Räume und kehrte wenig später mit Taro und Rebecca zurück.
Finya lächelte die beiden an. „Unser Herr möchte, dass wir den Nachmittag im Garten verbringen und die Sonne genießen."
Taro strahlte und wischte sich die Hände an der Hose ab.
Fragend blickte er dann jedoch zu Lucien,
„Nun Lauf schon, Junge...und du auch, Rebecca..." forderte er die beiden zwar etwas brummig, aber dennoch mit einem Lächeln auf.
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Finya 3
VampireTeil 3 meiner Finya Reihe. Auch hier gilt: Bitte zuerst die anderen Teile lesen. Wie bei Teil 2 sind die Kapitel fortlaufend nummeriert. Imperator Aegir ist tot und stellt keine Gefahr für Finya mehr da. Dennoch muss sich Finya den Geistern ihrer...