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Am nächsten Morgen lud Kari seine Ehrengäste erneut zu sich zum Frühstück ein.
Nach der Begrüßung sank Finya vor ihm auf die Knie. „Jarl...?"
„Ja, Finya?" erwiderte Kari und blickte freundlich zu ihr.
„Ich habe gestern mit Arvid gesprochen. Und auch mit meinem Herren..."
„Und wie hast du dich entschieden?" fragte er neugierig nach. „Es wäre mir eine Ehre, Euer Zeichen zu tragen, Jarl." erwiderte Finya lächelnd.
„Dann werde ich Arvid heute noch anweisen, was genau ich mir vorstelle."
Direkt nach dem Frühstück ließ Kari Arvid zu sich rufen.
Während Aaron und Finya bereits zurück in ihr Zimmer kehrten, gingen Kari und Arvid in das Besprechungszimmer des Jarl.
Eine Stunde später klopfte es an Aaron's Türe und Arvid betrat mit seinem Holzkoffer und einer Zeichnung den Raum.
Mit der Zeichnung in der Hand trat er auf Aaron zu und erklärte ihm leise etwas in der Vampirsprache während er ihm etwas auf der Zeichnung zeigte.
Schließlich nickte Aaron zufrieden. „Ich bin einverstanden." erklärte er.
„Während ihr hier beschäftigt seid, werde ich den Jarl unterstützen." erklärte er und verließ nach einem Nicken den Raum.
Erst jetzt zeigte Arvid auch Finya die Zeichnung.
Fasziniert musterte sie das Bild.
„Es ist wunderschön."
Auf dem Blatt, das Finya nun in ihren Händen hielt, war der stilisierte Kopf eines Wolfes abgebildet. Um diesen herum fand sich, wie bei Arvids Tätowierung, ein Ring aus fremden, seltsamen Zeichen. Die Zeichen ähnelten auch denen, die sich auf Finyas Anhänger fanden, schienen sich aber von denen auf Arvids Tätowierung zu unterscheiden.
„Was sind das eigentlich für Zeichen?" fragend blickte Finya zu Arvid.
„Das sind Runen, Finya. Die alte Schrift meines Volkes."
Nachdenklich nickte Finya, was Arvid ein Schmunzeln entlockte. „Was möchtest du noch wissen?"
„Sehen die Zeichen bei Euch nicht anders aus?"
Arvid nickte anerkennend. „Du bist sehr aufmerksam, Finya. Ja, es sind andere Zeichen. Sogar bei Kjell, David und mir unterscheiden sich die Runen teilweise."
„Und was heißen diese Zeichen?"
Arvid schmunzelte und zeigte nacheinander auf verschiedene Gruppen von Zeichen. „Dort steht dass du die Sklavin von König Aaron bist, aber auch unter dem Schutz von Jarl Kari stehst. Und natürlich, dass du dich um ihn sehr verdient gemacht hast."
Fragend sah Arvid zu Finya, ob sie noch weitere Fragen hatte.
„Wollen wir dann anfangen?" Finya nickte. „Gut. Dann setz dich an den Tisch. Ich muss dich allerdings warnen...es wird deutlich mehr schmerzen als das letzte Mal. Und da es so klein ist, ist es noch wichtiger, dass du dich möglichst ruhig hältst."
Finya nickte nur und setzte sich an den Tisch. Kurz darauf begann Arvid bereits, das Zeichen auf die Haut zu malen und dann zu stechen.

Zur gleichen Zeit saßen Aaron und Kari in einem der größeren Besprechungszimmer. Wenig später stieß König Makiko in Begleitung seiner Sklavin dazu.
Sichtlich verstimmt nahm Makiko Platz. Sogleich ging seine Sklavin neben ihm auf die Knie.
„Ich hatte doch gesagt, ihr sollt mit den Männern verfahren wie ihr wollt. Ich will nichts mehr mit ihnen zu zu tun haben..." richtete er verärgert das Wort an die beiden anderen Männer.
„Das ist mir durchaus bewusst, König Makiko." erklärte Kari ruhig. „Aber damit alles offiziell ist, kann ich Euch nicht komplett außen vor lassen..."
Makiko nickte leicht und Kari nahm einige Unterlagen zur Hand.
„Fangen wir mit Krait an... Durch eine Finte hat er alles gestanden. Wir bezweifeln, dass er aus seinem Verhalten lernen würde, da er zudem unsere ganze Art beleidigt hat. Ich würde daher die Todesstrafe vorschlagen."
Makiko nickte. „Einverstanden."
„Nagan..." Kari griff nach der nächsten Akte.
„Hier wird es schon etwas komplizierter. Auch er hat seine Beteiligung in vollem Umfang gestanden. Allerdings wissen wir bereits, dass Krait ein sehr überzeugendes Wesen hat. Nagan war schockiert, als ihm das bewusst wurde. Er bat darum, Euch seine Entschuldigung auszurichten. Ihm ist bewusst, dass Ihr ihn nicht mehr sehen wollt und er rechnet bereits mit der Todesstrafe...
Was würdet Ihr vorschlagen?"
Makiko musste nicht lange überlegen. „Ich will ihn zumindest die nächsten Jahre nicht sehen. Macht mit ihm, was Ihr wollt."
Kari nickte leicht. „Also Verbannung aus Eurem Land für...sagen wir...sieben Jahre?"
Makiko nickte. „Gut. Den Teil der  Strafe für sein Verhalten mir gegenüber werde ich entscheiden." fuhr Kari fort.
„Machen wir weiter mit Finn." erklärte er. „Er war unbeteiligt und wusste von nichts. Dahingehend waren die Aussagen deckungsgleich."
Makiko nickte. „Dann möge er gerne mit mir zurück kehren. Was ist mit Magnus?"
„Auch bei ihm ist es etwas komplizierter. Auch er hat seine Beteiligung gestanden. Allerdings kam bereits in den anderen Verhören heraus, dass er getäuscht wurde und von einem Streich, einer Wette, ausging. So Ihr bereit wäret, ihn weiterhin in Euren Diensten zu behalten, würde ich eine Kerkerstrafe vorschlagen."
Nachdenklich blickte Makiko auf seine Sklavin und seufzte dann. „Ich weiß, dass dir Magnus der Liebste meiner Wachen ist...Nagut...Er bekommt eine zweite Chance."
Sowohl Kari als auch Aaron schmunzelten.
„Gut..." ergriff Kari erneut das Wort. „Dann werde ich für Krait und Nagan heute Nachmittag die Urteile verkünden. Magnus überlasse ich Euch."
Makiko nickte. „Einverstanden."

Einige Stunden später hatten sich alle in Karis Thronsaal versammelt.
Jonas stand direkt neben Finya, die dieses Mal auf einem Stuhl saß. Ihr Handgelenk war sichtlich gerötet. Dennoch konnte man bereits die neue Tätowierung, den Runenwolf, erkennen.
Auch Karis Schattenkrieger und Aaron's Garde hatten ihre Positionen bezogen.
Wenig später wurde Krait in den Saal geführt. Trotz strenger Fesselung und zweier Wachen leistete er erbitterten Widerstand.
Seine Augen funkelten wütend jeden Anwesenden im Raum an und steigerte sich nochmals, als er Finya gewahr wurde.
Nachdem die Wachen Krait auf die Knie gezwungen hatten, richtete Kari das Wort an ihn.
„Ich habe es Euch bereits angedroht....Eure Tat habt Ihr ohnehin selbst gestanden. Ich verurteile Euch - mit Einverständnis von König Makiko - zum Tode. Das Urteil wird noch heute vollstreckt, sobald die Sonne untergeht." erklärte er kurz und bündig, bevor er sich an die Wachen richtete. „Bringt ihn zurück in seine Zelle und holt mir Nagan."
Wenige Minuten später wurde Nagan hereingeführt. Und auch wenn er ebenso streng gefesselt war wie Krait und auch genauso von zwei Wachen geführt wurde, leistete er keinerlei Widerstand.
Vor dem Jarl sank er auf die Knie und senkte ergeben den Kopf.
Er wirkte mehr als nur niedergeschlagen, aber dennoch gefasst
„Erhebt Euch, Nagan, und empfangt Euer Urteil."
Ruhig stand der Gefangene wieder auf und erwartete angespannt sein Urteil.
„König Makiko will Euch nicht mehr in seinem Land wissen." begann Kari. „Es ist daher sein Wunsch, Euch für sieben Jahre aus seinem Land zu verbannen." fuhr er ruhig fort. „Euch erwartet also nicht der Tod, allerdings wird die Verbannung nicht Eure einzige Strafe bleiben. Über Eure weitere Strafe aufgrund Eures Verhaltens mir gegenüber werde ich zu einem anderen Zeitpunkt entscheiden."
Ungläubig hob Nagan den Blick. Seine Beine schienen unter ihm nachzugeben und er sank auf die Knie. „Ich danke Euch, Jarl."
Kari nickte nur. „Nutzt diese zweite Chance."
Auf ein Nicken hin führten die Wachen auch Nagan zurück in seine Zelle und brachten dieses Mal Magnus und Finn mit.
„Finn...Es hat sich gezeigt, dass Ihr unschuldig seid. Ihr seid frei." Kari nickte den Wachen zu, die daraufhin Finns Fesseln lösten.
„Magnus...König Makiko gewährt Euch eine zweite Chance. Er wird Euer Urteil selbst nach Eurer Rückkehr sprechen."
Magnus verneigte sich erleichtert und auch respektvoll. „Ich danke Euch, Hoheit und unterstelle mich Eurem Urteil."
Makiko sah zu Kari, woraufhin dieser den Wachen zunickte. „Ihr könnt ihm die Fesseln lösen."

Finya 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt