Kapitel 13 - Sophia

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Der Wecker klingelte und missmutig machte ich mich bei Dämmerung auf den Weg zur Arbeit. Währenddessen musste ich an Theo denken. Ob er wohl wieder so früh auf war und ins Café kommen würde. Irgendwie wollte ich ihm nicht begegnen, irgendwie aber schon. Am Café angekommen, stellte ich alles bereit, schaltete die Maschinen an und überlegte welchen Kuchen ich denn heute vielleicht backen könnte. Plötzlich ertönte die Stimme, die mir immer wieder einen Schauer über den Rücken laufen ließ: „Guten Morgen Prinzessin."
Ich drehte mich um und starrte in die schönsten Augen, die ich je gesehen hatte.
„Guten Morgen."
„Wieder am Backen?", fragte er mich.
„Ne noch nicht, hast du eine Idee was ich backen könnte?"
„Ich wäre für irgendetwas mit Schokolade", antwortete er.
„Das ist schon mal eine gute Eingrenzung dann überleg ich mir mal was dazu."
„Hättest du denn schon einen Kaffee für mich?", fragte er mich, während er sich über den Tresen beugte und mir tief in die Augen schaute.
„Klar immer", stotterte ich heraus.
„Was hast du gestern so an deinem freien Tag gemacht?"
„Woher wusstest du, dass ich frei habe?", entgegnete ich.
„Nun ja du warst gestern nicht am Arbeiten", antwortete er unschuldig.
„Ach so, war da wieder jemand am Stalken, oder was?", fragte ich frech.
„Nein, ich wollte mir nur einen Kaffee holen und du warst zufällig nicht da, da habe ich eins und eins zusammengezählt", reagierte er schnippisch auf meine Provokation.
„Und das soll ich dir jetzt glauben?", scherzte ich. Er verdrehte die Augen.
„Ich habe mich gestern mit den Mädels im Park getroffen und gepicknickt", erzählte ich.
„Schön freut mich, war ja auch super Wetter. Hast du nach der Arbeit heute noch spontan Zeit?", fragte er mich plötzlich, als ich ihm seinen Kaffee zog.
Diese Frage überrumpelte mich, weil es schon um heute ging.
„Ehm, ja eigentlich schon, an was hattest du denn so gedacht?", gab ich unsicher von mir.
„Keine Sorge, wir können auch, wenn du dich damit wohler fühlst, was sehr entspanntes, einfaches machen. Kino. Pizza im Park. Film schauen. Spazieren gehen. Was du möchtest", sagte er beschwichtigend.
„Ja gerne. Ist mir eigentlich ganz egal. Wie wäre es mit heute Abend spazieren und wenn wir Lust haben, könnten wir uns ja noch spontan was zu Essen besorgen."
„Perfekt. Dann komm ich nach deinem Feierabend und hol dich hier ab. Nicht dass du es dir noch anders überlegst", scherzte er und nahm sein Kaffee entgegen.
„Könntest du vielleicht um die Ecke warten, dass Tony dich nicht direkt sieht und große Augen bekommt, weil dann kann ich mich am nächsten Tag direkt einer Befragung unterziehen."
Er grinste. „Bin ich dir etwa peinlich?"
„Nein, aber Tony ist sehr neugierig."
„Kein Problem, hier stimmt so. Bis später Prinzessin." Bevor ich auch nur gegen das hohe Trinkgeld und seine Spitznamen widersprechen konnte, unterbrach er mich auch schon wieder dreist: „Na na na, wir sagen danke und sonst nichts."
„Arschloch." „Ich freu mich auch", sagte er und ging grinsend aus dem Laden.
Mein Herzschlag beruhigte sich endlich, denn der war von dem Moment an, wo er das Café betreten und mich mit seiner rauen Morgenstimme begrüßt hatte, in die Höhe geschnellt. Den Rest des Morgens backte ich einen Schokoladenhimbeerkuchen und servierte mit Tony zusammen eine Menge Frühstücke. Rosetta und Charlie kamen auch, wie immer zum Frühstück und verbreiteten einfach gute Laune. Irgendwie war ich nervös wegen heute Abend. Wie konnte er mich nur so schnell um den Finger wickeln, dass ich mich innerhalb kurzer Zeit wieder auf ein Date einließ. Ich musste echt verrückt sein. Mir fiel ein, dass ich nur meine Arbeitskleidung mit dabeihatte, die nicht nur langweilig, sondern vermutlich auch dreckig war bis heute Abend. Na super. Erst im schicken schwarzen Kleid, jetzt im schwarzen dreckigen T-Shirt. Der Nachmittag war anstrengend. Viele Gäste, die Platz nahmen und gleichzeitig Leute die to go natürlich genauso schnell bedient werden wollten. Eine wirkliche Pause war da heute Nachmittag nicht drinnen. Also stand ich um sechs Uhr fix und fertig immer noch im Café.
„Sophia, jetzt geh endlich, du müsstest absolut tot sein nach über 12 Stunden arbeiten. Du bekommst morgen frei. Emma kann für dich einspringen", sagte Tony plötzlich von hinten, wo er dabei war das ganze dreckige Geschirr in die Spülmaschine zu quetschen.
„Danke Tony, das ist sehr lieb von dir. Aber wenn ihr Hilfe braucht, rufst du mich an ok?"
„Mach ich, jetzt komm gut nach Hause, bzw. hab noch einen schönen Abend mit deinem Lover", sagte er anzüglich mit seinen Augenbrauen wackelnd.
„Ehm, was, wie kommst du denn darauf?", stotterte ich perplex vor mir hin und wurde sofort rot.
„Liebes du hast versucht deine Flecken aus dem T-Shirt zu waschen, deine Haare neu gebunden und draußen geht ein heißer Typ sehr auffällig auf und ab und lugt in den Laden", sagte Tony lachend.
„Idiot", murmelte ich. „Es ist nur ein Spaziergang!", sagte ich schnippisch.
Doch Tony war damit nicht zu beleidigen, geschweige denn aufzuhalten. Also verließ ich so schnell ich konnte das Café, rief Tony noch ein „Auf Wiedersehen bis übermorgen" zu und verschwand durch die Tür. Ich ging um die Ecke und da lief ich auch schon in den Mann rein, der mich einfach nur verrückt machte.
„Ja du bist mir ja ein ganz toller Undercover Spion. Mich drei Wochen verfolgen, aber dann bei meinem Chef vor dem Fenster wie ein Verrückter aufkreuzen", machte ich ihn an.
„Hey danke fürs erneute Anrempeln, Entschuldigen und Bedanken dafür, dass ich hier bin. Ich freu mich auch dich zu sehen", erwiderte er in einem ironisch netten Ton, der mich zurückrudern und schlecht fühlen ließ.
„Harter Tag?", fragte er mitfühlend.
„Ja, tut mir leid, ich, ich..." Doch ich kam nicht dazu weiterzusprechen, denn er umarmte mich einfach. Ich war so geschockt, denn wenn ich mit einem nicht gerechnet hatte, dann mit dieser Geste. Ich fiel gegen seine harte Brust, und atmete schwer aus und ein. Dabei stieg mir der beruhigende Duft seines Aftershaves in die Nase und ich fühlte mich augenblicklich leichter. Dann löste er sich leicht räuspernd, als wäre er gerade selbst von sich überrascht und verwirrt.
„Geht es dir schon etwas besser?", fragte er vorsichtig.
„Ja danke, das tat gut." Und ich lächelte.
„Wie wäre es mit Pizza im Park?", fragte er mit einem Schmunzeln.
„Das ist die beste Idee seit langem."
Auf dem Weg zum Park sprachen wir kein einziges Wort. Doch es war eine angenehme Stille und ich genoss seine Gegenwart, auch wenn wir kein Wort austauschten. Die letzten Sonnenstrahlen schienen durch die Bäume die langsam ihre ersten Blätter verloren und New York in herbstliche Farben tauchten.
„Wollen wir uns hier eine Pizza holen und mitnehmen?", fragte er plötzlich, sodass ich völlig aus meiner Trance gerissen, zusammenzuckte.
„Ehm, sorry, ja gerne, sind ja dann nur noch ein paar Minuten zu Fuß."
Wir betraten den kleinen Laden und ein herrlicher Duft von frischer Pizza stieg uns in die Nase. Ich bestellte mir eine Pizza Rucola und er sich eine Salami. Nach bereits zehn Minuten standen wir mit unseren dampfenden Pizzen auf der Straße und gingen die letzten Meter zum Park. Dort war zum Glück noch eine gemütliche Bank in der Sonne frei und wir setzten uns dort hin.
„Danke für die Einladung und den netten spontanen Abend", sagte ich. Denn natürlich hatte er mich wieder unbedingt einladen wollen, aber ich war wirklich dankbar für die positive Abwechslung nach dem harten Tag. Er erwiderte mein Lächeln.
„Immer gerne."
Die Pizza schmeckte göttlich und ließ mich die letzten Stunden vergessen.
„Warum arbeitest du eigentlich so hart und so viel? Möchtest du mal studieren?", wollte er wissen.
„Nein studieren steht nicht auf dem Plan. Ich arbeite gerne im Café und mein Traum ist es irgendwann mal ein Eigenes aufzumachen und deswegen spare ich bis dahin, aber ich lebe jetzt schon meinen Traum irgendwie, denn Tony ist weniger ein Chef, er ist eher ein sehr guter Freund mit dem Arbeiten wirklich Spaß macht und er lässt mir sehr viele Freiheiten", sagte ich und bemerkte seine leicht gehobene Augenbraue.
„Keine Sorge Tony ist viel zu alt und außerdem homosexuell", sagte ich lachend.
„Also keine potenzielle Konkurrenz für mich, oder gibt es jemand anderen?", fragte er sehr ernst. Ich musste bei seinem eindringlichen Blick schlucken.
„Ehm, nein."
„Dann ist ja gut", erwiderte er zufrieden und lehnte sich gelassen nach hinten. Ich schüttelte den Kopf.
„Warum machst du dir so große Sorgen, du meintest doch du kriegst eh alles was du willst, hat da jemand Zweifel?", fragte ich mit einem Grinsen.
„Da hast du Recht Süße. Also wie siehts aus, kommst du noch mit zu mir gleich?"
Sein Blick war provozierend, ernst und ironisch zu gleich. Ich schaute ihm tief in die Augen, kam ihm immer näher. Mein Herz klopfte wie wild und ich spürte, dass sein Atem flach ging. Ich schloss die Augen für einen kurzen Moment als würde ich ihn küssen wollen und wisperte:
„Wird Zeit, dass du lernst, dass man nicht alles im Leben haben kann", und grinste.
Ich drehte mich schnell um, denn seine Lippen zogen mich förmlich an, sodass ich Angst um meine eigene Willenskraft hatte. Ich stand abrupt auf, nahm meinen und seinen Pizzakarton in die Hand und lief geradewegs zum nächsten Mülleimer. Das letzte was ich sah war ein kurzer benommener und geschockter Blick seinerseits. Da hatte ich ihn wohl erwischt und ich feierte mich dafür, ihn mal ausnahmsweise aus der Bahn geworfen zu haben.
„Ahhh!", kreischte ich, als mich plötzlich jemand von hinten packte und über die Schulter warf. Es war niemand anderes als Theo.
„So Fräulein, wenn du glaubst du könntest mit mir Spielchen treiben, dann hast du dich aber kräftig geirrt. Glaub mir sowas erntet bei mir ernste Konsequenzen. Wenn du nicht willst, dass ich dich in den nächsten Teich werfe, wiederholst du jetzt besser meine Worte. Ich Sophia Jane Hatch werde Theo Silver auf ewig treu ergeben sein und ihm brav gehorchen", sagte er mit solch ernster bedrohlicher Stimme, dass ich im ersten Moment keine Ahnung hatte, was ich erwidern sollte. Also fing ich aus Reflex an, um mich zu treten und zu hauen, aber das tat bei seinen harten Muskeln vermutlich mehr mir als ihm weh. Ich spürte einen kleinen Klaps auf den Hintern, bevor ich unter meinen Füßen den Boden wiederfand und erstmal umher taumelte.
„Hast du mir gerade einen Arschklappser verpasst?", fragte ich ihn komplett entrüstet und funkelte ihn wütend an.
„Kommt noch eine Entschuldigung, oder muss ich dich nochmal bestrafen und diesmal wirklich zu den Enten schmeißen?", fragte er mit einem finsteren Unterton und kam mir sehr nahe. Doch diesmal wich ich nicht zurück, sondern blieb stehen und starrte ihn mit der gleichen finsteren Miene zurück an und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie unglaublich empfindlich ich auf alle seine Worte und Berührungen reagierte.

Schattenpfade im Licht - gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt