Kapitel 15 - Sophia

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Also liefen wir noch eine Runde durch den Park, bis wir dann ganz zufällig vor seinem Auto standen.
„Ich komm auch gut allein nach Hause."
„Weiß ich Prinzessin, aber mit dem Auto geht's schneller und gemütlicher. Außerdem bist du schon mal mit mir gefahren", entgegnete er.
„Ja genau das gibt mir zu Bedenken!", kritisierte ich.
„Hey, also wenn ich eines nicht bin, dann ein schlechter Autofahrer", verteidigter er sich, sichtlich beleidigt.
Widerwillig stieg ich ein. Die Ledersitze waren wirklich angenehm, gut was war es nicht im Vergleich zur U-Bahn.
„Darf ich nächstes Mal fahren?", fragte ich enthusiastisch.
Ein Blick des Todes reichte, um mir Verstehen zu geben, dass dies nie passieren würde. Also lehnte ich mich entspannt zurück und schaltete das Radio an. Zuhause angekommen stiegen wir aus. Er kam zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange, wie beim letzten Mal. Dann flüsterte er mit einer verletzlichen Stimme:
„Danke Sophia. Danke dass du mir eine Chance gibst und mir dein Vertrauen schenkst."
Ich wusste nicht was ich erwidern sollte, also nickte ich nur und lächelte vorsichtig.
„Schlaf gut. Und wenn du eine Ablenkung bzw. eine Auszeit brauchst, meldest du dich bei mir", sagte er mit besorgter Stimme.
„Werde ich mich dran erinnern, danke. Schlaf gut." Er antwortete: „Schlaf gut und träum was Schönes", und zwinkerte mir zu.
Ich ging hoch in mein Zimmer und ließ mich in meiner Fensternische nieder. Was sollte ich nur tun, zum ersten Mal in meinem Leben war ich mir unsicher und konnte nichts wirklich vorausplanen, wie ich es eigentlich mit so gut wie jedem Ereignis tat.


Autsch, ich wachte mit einem steifen Nacken auf. War ich gestern am Fenster eingeschlafen? Ich konnte mich nicht mal mehr richtig erinnern, ob ich ins Bett gegangen war und doch lag ich jetzt hier sorgfältig zugedeckt, aber in meiner Arbeitskleidung. Ach du kacke, mein Dad musste mich wohl am Fenster gefunden haben. Ich schaute zur Uhr. Es war halb zwölf. Wie bitte. Ich hatte über zwölf Stunden geschlafen wie war das möglich.
Ich schlurfte zur Küche und machte mir einen warmen Kakao. Auf dem Tisch standen frische Brötchen, die hatte mein Dad anscheinend nach der Arbeit mitgebracht und mich dann noch ins Bett getragen. Bevor ich wirklich frühstückte, sprang ich erstmal unter die Dusche, denn ich stank in meinen ekligen, dreckigen Klamotten und musste mich endlich mal waschen. Im Bademantel und mit Handtuch auf dem Kopf setzte ich mich an den Küchentisch und aß genüsslich mein Marmeladenbrötchen. Ich fühlte mich gut und fit. Ich scrollte etwas durch Instagram und fragte die Mädchen, ob sie am Wochenende Lust hatten etwas zu unternehmen. Dann fiel mir ein, dass ich Mel noch schreiben wollte, ob sie mir Liams Nummer geben könnte, damit ich ihn fragen könnte, ob er und seine Jungs Zeit hätten mir bei dem Aufbau der Hochzeit zu helfen, da ich so eine Menge von Tischen, Stühlen und Dekoration unmöglich alleine schaffen würde.
Den Nachmittag verbrachte ich mit meinem Dad im Park. Wir spazierten umher und aßen Eis.
„Wie war denn eigentlich dein Date Liebling? Wir haben gar nicht mehr so viel darüber gesprochen", fragte mein Dad mich, während wir die Brooklyn Bridge überquerten.
„Ja also ich war gestern mit ihm nochmal kurz nach der Arbeit spazieren und Pizzaessen. Er kann wirklich nett sein und irgendwie unterhalte ich mich gerne mit ihm", antwortete ich.
„Und anscheinend ist er ja auch recht großzügig", sagte er.
„Ja, aber das meine ich nicht Dad. Er ist nett, weil er sich verständnisvoll und sehr umsorgt gibt, auch wenn er manchmal ein bisschen Arschloch ist, aber ich glaube das ist jeder Mann." „Du musst nur herausfinden, ob er in echt auch ein Arschloch ist, oder das nur macht, um dich zu ärgern und zu necken. Denn wenn ihm wirklich was an dir liegt, sollte er dich wie eine Prinzessin behandeln", sagte mein Dad liebevoll. Bei dem Wort verschluckte ich mich an meinem Eis und begann zu husten. Er klopfte mir liebevoll auf den Rücken, bis ich mich wieder einkriegte. Doch die Gänsehaut verließ mich nicht, denn ich hatte Theos Stimme im Kopf, die mich Prinzessin nannte und mir die Hitze in die Wangen schießen ließ. Wir kauften noch ein wenig ein und gingen zurück zur Wohnung. Dort kochten wir uns gemeinsam ein leckeres Curry-Reis-Gericht. Wir aßen zusammen, quatschten noch etwas und schauten eine Folge der Serie Friends weiter, welche wir uns ab und zu an solchen Abenden ansahen. Heute gingen wir nicht so spät ins Bett wie das letzte Mal, sodass ich noch etwas las, bevor ich eine Nachricht bekam. Ich war fast ein bisschen enttäuscht als ich sah, dass sie von Maxim war und nicht von ihm. Ich ohrfeigte mich innerlich für diesen Gedanken.
„Hey Mädels es ist ja morgen schon Samstag wie wäre es mit einer Girlstour durch die New Yorker Bars."
„Klingt super ich habe sonntags auch wieder frei und morgen nur eine kurze Schicht", schrieb ich zurück. Leyla antwortete:
„Wie wäre es, wenn wir die College Boys vom letzten Mal fragen, ob die Lust haben mitzukommen, dann ist es keine Mädels Tour mehr, aber gemischt macht es doch immer mehr Spaß."
Maxim war natürlich sofort Feuer und Flamme und auch ich schrieb, dass ich damit kein Problem hatte. Mel war erst etwas verhaltender, konnte dann jedoch nichts gegen Maxim ausrichten. Ich bot an, dass ich die Jungs über Liam einladen würde, weil Mel sich etwas davor drückte.
„Dann schlaft gut bis morgen", schrieb ich noch und legte mich schlafen.
Meine kurze Schicht von mittags bis 17 Uhr, war mal angenehm, außer dass Tony dann genügend Zeit hatte mich nach vorgestern Abend auszuquetschen.
„Meine Liebe, ich spüre da fliegen Schmetterlinge durch die Luft."
„Ich glaube, das sind viel mehr deine Eigenen", entgegnete ich. „Wie läuft es denn bei dir und deinem mysteriösen Lover?", fragte ich, um die Aufmerksamkeit schnell auf ihn zu lenken.
„Ja glaub ja nicht ich wüsste nicht was du da vorhast. Aber ja es läuft gut. Wir gehen heute Abend das erste Mal zusammen mit noch ein paar seiner Freunde aus. Ich bin echt gespannt. Ich habe nämlich keine Ahnung, ob die auch alle schwul oder eben hetero sind", erzählte er.
„Ich glaube da brauchst du dir keine Sorgen machen, ganz egal welche Sexualität sie haben. Das wird bestimmt ein schöner Abend. Ich geh auch heute Abend mit den Mädels und ein paar College Jungs aus, die wir letztes Mal getroffen haben."
Tony musste natürlich sofort wieder nachhaken: „Und ist dein Lover auch dabei?"
„Nein ist er nicht", antwortete ich leicht genervt. Tony beließ es dann zum Glück auch dabei. Um 17 Uhr machte ich mich dann auf den Rückweg, denn um halb sieben kamen schon die Mädels zu mir und wir wollten gemeinsam was kochen, vorglühen und quatschen. Wir schminkten uns, kochten Spaghetti Bolognese und hatten einen schönen Abend mit viel Sekt und Wein, wie immer.
„So also ich brauch jetzt gleich erstmal ein paar Shots und Cocktails", trällerte Maxim.
„Ich bin doch jetzt schon voll", stöhnte Mel.
„Deswegen machen wir uns jetzt auch auf den Weg. Dann werden wir unterwegs wieder etwas nüchtern. Ich schreib den Jungs, dass wir uns in 20 min an der Beach Bar treffen", sagte Maxim.
Wir alle räumten schnell auf, zogen unseren Lippenstift nach und dann ging es auch schon los. Dort angekommen, waren die Jungs natürlich schon da, weil wir das niemals in 20 min geschafft hätten.
„Schön da kommen die Damen ja auch mal", sagte Liam mit einem charmanten Lächeln und begrüßte uns alle, wie auch die anderen. Es war unschwer zu erkennen, dass es zwischen Mel und ihm definitiv knisterte. Aber mal sehen vielleicht ergab der heutige Abend ja was. Wir gingen in die Bar, dessen Boden komplett mit Sand bedeckt war und deren komplettes Mobiliar aus Surfer Requisiten, wie Surfbrettern, Paddeln, Muschelketten und Tauchanzügen bestand.
„Die erste Runde geht auf mich!", rief Jasper und orderte unsere Cocktails. Im Hintergrund lief coole Musik, die alle zehn Minuten lauter wurde, sodass wir uns irgendwann sehr laut anbrüllen mussten, um uns zu verstehen. Wir quatschten viel interessanten Smalltalk und erfuhren von jedem, was er gerade so tut und macht. Mittlerweile waren wir bei der dritten Runde Cocktails, da rief Zane:
„So Mädels es wird Zeit für Shots und ein Trinkspiel. Wer ist dabei?"
Wir alle lachten und stimmten mit ein.
„Wie wäre es mit Wahrheit oder Pflicht, dann kommen jetzt mal die tiefen, schmutzigen Geheimnisse raus", lachte Jasper.
Na toll. Das kann ja was werden. Die Flasche drehte sich und zeigte knapp neben mir auf Leyla.
„Pflicht", sagte sie sofort. „Du wirst jetzt zum Kellner rüber gehen und dir seine Nummer klären mit gratis Shot dabei. Wenn du das schaffst, werde ich den trinken. Wenn nicht, trinkst du zwei", sagte Jaden.
„Okay, kein Problem", sagte Leyla selbstsicher und ging zur Theke. Sie setzte ihr nettestes Lächeln auf, warf ihre Haare zurück und flirtete was das Zeug hielt. Nach zwei Minuten kam sie mit stolzem Lächeln wieder.
„Hier Jaden ich habe dir ein Date für nächste Woche organisiert und nen leckeren Drink."
Es sah widerlich aus und Jadens Blick zu urteilen war es das auch.
„Baah, dein Ernst Kokosnusswodka. Übrigens meine Nummer hast du dir mit dem Auftritt gleich mit geklärt", sagte er mit rauer Stimme und Leyla errötete direkt. Dann fiel die Flasche auf einen der Jungs. Jasper. Oh, Rache ist süß.
„Du wirst jetzt zur Bar gehen, und dir das Lied Anaconda von Nicky Minaj wünschen und eine heiße Twerkvorstellung abgeben", platze es plötzlich aus mir raus.
Keine Ahnung wie mir gerade diese Idee gekommen war, aber Jasper hatte schon viel zu lange Spaß gehabt andere zu blamieren. Die anderen Jungs konnten es nicht fassen und grölten. Jasper schaute mir tief in die Augen. Sein Blick verriet mir, dass ich das noch bereuen würde. Es dauerte eine Minute, da ertönte auch schon der Bass und Jasper riss sich das T-Shirt vom Leib und begann verführerisch zu tanzen und perfekt zu twerken. Wir alle schrien auf, denn Jasper konnte wirklich gut Twerken und heizte die ganze Bar auf. Alle feuerten ihn an und pfiffen. Denn ja man musste zugeben ein twerkenden Jasper sah nicht schlecht aus. Er tanzte tatsächlich das Lied zu Ende und kam mit verschwitzten Haaren wieder auf unseren Tisch zu.
„So welche von euch Hübschen kann das Überbieten?", fragte er schwer atmend in die Runde und wir mussten lachen. Es kam noch zu ein paar Wahrheitsfragen, die typischen Sex, Ex und Peinlichkeitsfragen. Keine Ahnung wie viel wir schon getrunken hatten, doch man merkte den Alkohol, wie er uns benebelte und alles leichter machte. Das war vermutlich auch der Grund warum noch keinem aufgefallen war, dass die Flasche mich bisher verschont hatte. Bis auf jetzt.
„Sophia, die hat bisher noch nichts machen müssen, da wird es jetzt aber Zeit", lachte Jasper fies. Fuck, bei Wahrheit kommen die unangenehmen Fragen zu Sex, und Beziehungen, die ich nicht beantworten konnte und wollte und Pflicht war mit Sicherheit auch der reinste Horror.
„Pflicht", rutschte es mir raus und ich bereute die Antwort sofort, als ich Jaspers grinsen sah.
„Du wirst dir jetzt das Oberteil ausziehen und auf dieser Bühne Karaoke singen."
Der wollte mich doch wohl verarschen. Konnte man mich noch mehr entblößen. Ich funkelte ihn mit meinem schärfsten Blick an. Gut, wenn er mich ärgern wollte, konnte ich das auch. Ich stand auf zog mir mein Oberteil aus, sodass ich nur noch in Rock und BH dastand. Der Alkohol zeigte anscheinend seine Wirkung. Glücklicherweise hatte ich heute mein schwarzen Spitzen BH an und nicht meine Omi Unterwäsche. Ich folgte seinen Augen, die einmal an mir runter und wieder hochschauten. Anscheinend hätte er nicht damit gerechnet, dass ich das so durchziehe. Also schnappte ich mir ein Shotglas, spülte den Alkohol runter und ging zur Bühne. Ich sagte dem DJ kurz meinen Song und nahm das Mikrofon in meine Hand.
„Soo liebe Leute, meine Freunde wollten unbedingt, dass ich für euch etwas singe, deswegen werde ich jetzt mal etwas Stimmung in die Bude bringen!", schrie ich.
Es ertönte nur „Nanana Come on!", und die Mädels flippten aus, denn sie wussten sofort, dass dies S&M von Rihanna war. Ich startete mit den ersten Zeilen, für die ich keinen Text brauchte, denn wir alle kannten den Text auswendig. Ich steckte meine ganz Energie in diesen Song, tanzte und sang mir die Seele aus dem Leib. Die Jungs und vor allem Jasper schienen mehr als geschockt. Ich schaute ihm beim Refrain ganz genau an und genoss den Triumph der Überraschung, den ich ihm verpasst hatte. Ich ließ einfach alles los, kreiste mit meinen Hüften, streckte meine Arme in die Luft und wackelte mit meinem Hintern zum Takt. Ich lief durch die Bar mit dem Mikro in der Hand und fühlte mich seit langem mal wieder richtig frei und genoss die Aufmerksamkeit sogar.
Als der Song vorbei war hörte man nur Schreie und Pfiffe. Die Stimmung war auf jeden Fall auf ihrem Höhepunkt. Ich lief zum Tisch zurück grinste in die verblüfften Gesichter und genoss meinen kleinen Erfolg.
„Dachtest du etwa du könntest mich verunsichern und blamieren? falsch gedacht! Tanzen und Singen ist meine Leidenschaft", sagte ich zu Jasper und setzte mich auf meinen Stuhl.
„Sophia das war der Wahnsinn so offen hast du noch nie gesungen und dass obwohl du es richtig drauf hast!", schrie Maxim nur so in mein Ohr.
Ich hatte keine Ahnung wie lange wir da noch so saßen und unseren Spaß hatten, doch irgendwann verließen wir die Bar, halb taumelnd. Wir entschlossen uns das definitiv zu wiederholen und für heute nach Hause zu gehen. Wir fuhren noch ein paar U-Bahn-Stationen zusammen, bis wir uns langsam trennten. Die anderen Gäste schauten uns alle leicht genervt an, weil wir wie besoffene laute Teenager aussahen, naja und uns auch so verhielten, aber das war uns egal. Nachdem ich nach einer halben Stunde endlich meine Haustür erreicht hatte, schlurfte ich nur noch die Stufen hoch. Ich schmiss meine Schuhe in die Ecke, putzte mir schnell die Zähne und schaffte es noch so eben mir meinen Rock und mein Shirt auszuziehen.

Schattenpfade im Licht - gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt