Kapitel 19 - Sophia

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Die nächsten Tage waren wie immer. Kurze Nächte, lange Arbeitstage im Café. Doch es machte mir wenig aus. Denn je mehr ich zu tun hatte, umso weniger Sorgen konnte ich mir machen. Ich erzählte Tony nur kurz, dass ich sitzengelassen wurde, als er penetrant nachhakte, was denn wäre. Abends schaute ich einige Folgen Friends mit meinem Dad und klärte den Treffpunkt mit den Jungs ab, die beim Aufbauen helfen wollten. So war es einfach schon Donnerstag und in zwei Tagen fand mit eine der krassesten Hochzeiten, die ich je organisiert hatte, statt. Ich war natürlich super nervös und angespannt. Denn es musste alles klappen. Das ist ein Job bei dem immer alles sitzen muss.
So stand ich um 15 Uhr mit den Jungs, Maxim und Leyla vor dem Sky Room, um die schönste Hochzeitslocation auf der höchsten Dachterrasse Manhattans vorzubereiten. Ich kam mir vor wie ein Offizier, der den Soldaten den Schlachtplan erklärte und zugegebenerweise fühlte es sich auch so an. Maxim und Leyla waren für die Annahme von den tausenden Blumen verantwortlich. Liam für den Aufbau der Tische und Stühle, Jasper und Jaden für das Gerüst des Blumendaches und Zane für die Sortierung der Deko an die richtigen Ecken, damit zum Schluss alles schnell und ordentlich dekoriert werden könnte. Und jetzt musste ich noch gucken, dass alle ihren Job machen, nichts schief ging und alles vollständig war. Keine fünf Minuten später kamen auch schon die Dekorationsartikel, die Möbel und im Anschluss die Blumen. Alle pünktlich auf die Minute, sodass wir alle Hände voll zu tun hatten.
Die Lieferanten brachten die Sachen zum Glück nach oben und halfen uns beim Tragen. Die Gläser wurden direkt in die Bar einsortiert bzw. zum späteren Aufbau bereitgestellt. Die dunkelroten Teppiche wurden wie Gänge in einem Labyrinth ausgelegt, die die vielen Stehtische und Sitz Loungen umrundeten. Dann fingen wir an die Tische aufzubauen und die extra georderten Stühle. Ich fing an die Glühlampen aufzuhängen, umso die ganze Terrasse in ein warmes Licht zu tauchen. Das Blumengerüst war in kurzer Zeit aufgebaut, sodass nun die richtig komplizierte Arbeit anfing. Die tausend Gerbera mit Drähten, Seidentüchern und alles was uns zur Verfügung stand an das Gerüst zu binden, um eine der schönsten Blumenhimmeldecken zu errichten. Die Jungs bauten in der Zeit die Tische mit den Champagnertürmen auf, errichteten eine Candybar, bereiteten den extra Essenssaal im Inneren her und sorgten dafür, dass die Getränke bereitstanden und kühl gelagert wurden. Gegen 20 Uhr waren wir mit der Hälfte des Blumenhimmels fertig, die Möbel standen soweit und der Rest lag so bereit, dass er morgen schnell fertig gemacht werden könnte. Und wir? Wir waren fix und fertig aber stolz auf unser bisheriges Werk.
„Vielen Dank, Leute wirklich, also ohne euch hätte ich das nicht so gut und schnell hinbekommen", sagte ich zu allen.
„Kein Ding, immer gerne."
„Ich schicke euch dann die Tage euren Dankeschön Bonus."
„Bist du denn bescheuert? Auf gar keinen Fall. Du gibst das nächste Mal einfach zwei Runden aus, wenn wir wieder Karaoke singen", wand Jasper ein und zwinkerte mir wieder zu.
„Ok machen wir so. Also wie gesagt, wenn ihr morgen Nachmittag nochmal Zeit hättet, wäre ich euch wirklich dankbar, sodass wir dann den Blumenhimmel fertigstellen können und den letzten Feinschliff", sagte ich.
„Klar kein Problem bis morgen", verabschiedete Liam sich und ging mit den anderen. Nur Leyla blieb noch kurz, damit wir ein Stück gemeinsam nach Hause fahren konnten.
„Was Neues von dem Idioten?", fragte sie mich in der U-Bahn.
„Nein, nichts", sagte ich etwas betrübt.
Sie hakte nicht weiter, weil es nicht mehr zu erzählen gab. Zuhause zog ich meine dreckigen und stinkenden Arbeitsklamotten aus, stellte die Musik laut und sprang unter die Dusche. Ich schaute mir eine neue Folge von The Good Doctor an und legte mich dann früh schlafen. Ich musste morgen zwar nicht ins Café, doch es war noch einiges vorzubereiten und ich wollte bis zum Nachmittag mit allem fertig sein.
Also stand ich am nächsten Tag mit Croissant und Apfel im Aufzug des Sky Rooms, bereit für den letzten Feinschliff. Einer der Hoteliers empfing mich freundlich. Und gab mir ein Schlüssel für die oberen Geräumigkeiten. So fing ich an das Blumendach weiterzuknüpfen. Die Vasen mit den Blumen zu basteln und die Lichterketten überall auf dem Dach, den Tischen und zwischen den Blumen zu verteilen. Den Essenssaal, dekorierte ich auch noch mit den Blumenvasen, Lichterketten und Kerzen ein. Die Kellner kümmerten sich zum Glück um das Tischdecken und falten der Servierten.
Gegen 12 legte ich eine kleine Pause ein, als plötzlich Dad in der Tür stand mit einem Kakao und Stückchen Kuchen in der Hand.
„Hallo mein Schatz, ich wollte fragen, ob ich mich noch etwas nützlich machen kann?", fragte er.
„Dad!", rief ich und fiel ihm um den Hals, er war tatsächlich in all dem Stress gekommen.
„Das ist so lieb, dass du gekommen bist, musst du nicht ganz müde sein?", fragte ich besorgt.
„Ach was wir haben doch schon zwölf Uhr, sonst hätte ich ja gar nicht mehr helfen können. Da haben ein paar Stunden Schlaf gereicht", erwiderte er. Wir aßen gemeinsam den Kuchen, bevor wir uns weiter an die Arbeit machten. Es fehlte noch einiges vom Blumendach und die Seidenstoffe mussten eigentlich noch auf der ganzen Terrasse verteilt werden, zwischen den Sitzecken, Stühlen, Geländern, Durchgängen, überall.
Um zwei Uhr kamen dann nochmal Jasper und Liam mit Mel, Maxim und Leyla und halfen uns den Blumenhimmel fertig zu weben. Dann verteilten wir die letzten Kleinigkeiten, wie Decken und Kissen, stellten überall Kerzen auf und ich flechtete in den ganzen Blumenhimmel, alte Glühbirnen, sowie einige Seidentücher hinein. Das Personal fegte währenddessen nochmal ein wenig und polierten ihre Cocktailbar für den kommenden Tag auf. Dann kam um drei Uhr der Techniker, der in einer Stunde, die gesamte Lichtanlage, mit bunten Scheinwerfern, Laserstrahler und der Musikanlage für die Band aufbaute, sowie die Bühne für das Orchester. Ich war sehr gespannt auf diese Mischung von Klassik zu Beginn und moderner Partymusik am Abend und in der Nacht. Ich ging durch alle Räume und letztendlich auf die Dachterrasse um einmal, zweimal, dreimal alles zu prüfen. Meine fleißigen Helfer, saßen auf einer der bequemen Chill Loungen und schauten mir verwirrt und amüsiert zu.
Als ich alles dreimal gecheckt hatte, atmete ich erleichtert aus. Es war halb sechs und es war alles perfekt, so wie ich es mir vorgestellt hatte. Der schicke edle Saal, indem morgen ein Festmahl präsentiert werden würde. Die Bühne für das Orchester, jede einzelne Kerze stand an ihrem Ort. Die Kühlschränke waren voll bis unters Dach mit Champagner, Wein und allem was das Herz begehrt. Die Stehtische mit den Barhockern vor der New Yorker Skyline, die Sitzlounges, die Champagnertürme, die Candybar, die Livebandbühne, die schicken Bars links und rechts von der Terrasse und das alles unter tausenden von Gerbera mit Glühlampen, Lichterketten, Kerzen und Seidentüchern. Es sah traumhaft schön aus und im Dunkeln wahrscheinlich noch schöner. Ich war so erleichtert, dass alles stand und geklappt hatte, dass ich vor Freude nur grinsen konnte. Ich war nicht nur froh, weil dies ein schöner Abend morgen werden könnte und würde, sondern weil dies auch nochmal ein weiterer Durchbruch für mich als Hochzeitsplanerin sein könnte. Denn ich hatte mir in den letzten Jahren ein gewissen Titel für besondere, große, pompöse Hochzeiten gemacht. Leute mit großen Träumen, denen ich ihren Traum verwirkliche. Doch so eine Hochzeit wie Ambers, hatte ich noch nie und ihre Kontakte könnten mich in der Zukunft weiterbringen. Deswegen und aus den vielen vielen anderen Gründen musste das morgen klappen.
So jetzt war es Zeit nach Hause zu gehen, um für morgen fit zu sein. Zwar ging es für mich erst gegen frühen Abend los, da gegen Mittag die kirchliche Trauung stattfand, dennoch musste dann nochmal alles durchgecheckt werden und ich selber musste mich ja auch noch herrichten. Wenn die beiden mit der Limousine zum Sky Room fahren werden, beginnt mein Einsatz mit dem Sektempfang. Nun ja, ich würde eigentlich nicht so viel zu tun haben, ich hatte genügend Kellner und Barkeeper engagiert, die für morgen genaustens Bescheid wussten, was sie zu tun hatten. Doch mein Job war es zu observieren, ob denn am Ende auch wirklich alles glatt lief. Wobei Amber mir mit Sicherheit die ganze Zeit mit Champagner hinterlief, damit ich auch mal Spaß habe. Ich verabschiedete mich von meinen fleißigen Helfern und fuhr mit Dad zusammen nach Hause. Plötzlich vibrierte mein Handy. Unbekannte Nummer. Wer sollte mir jetzt schreiben. Ich öffnete die Nachricht und erlitt einen kurzen Schock. Sie war von niemand anderen als von Theo.
„Hey Sophia, es tut mir unglaublich leid, ich musste von heute auf morgen nach Singapur fliegen, um da etwas Wichtiges zu klären, und mein Handy ist mir am Flughafen gestohlen worden."
Ich wusste nicht was ich sagen sollte, ich war wütend und erleichtert. Als hätte er nicht noch eben im Taxi, am Flughafen oder sonst wo eine Nachricht schicken können. „Sorry ich schaff es nicht, erklär es dir später", oder was auch immer. Nein da ließ er mich ins Messer laufen. Wie eine Idiotin in der Kälte stehen und machte mir Sorgen, Gefühlschaos und viel zu viele Gedanken. Ich schrieb wütend zurück, was ich dachte, dass er mir ja schon vorher kurz hätte Bescheid geben können.
„Können wir uns die Tage treffen und das nochmal bereden. Ich habe sehr viel an dich gedacht und war auch sehr sauer, dass das es so ungünstig gelaufen ist."
Ich verstaute das Handy in meiner Tasche, ohne ihm zu antworten. Das würde nur Probleme geben, nur Schwierigkeiten und Enttäuschungen, das war Beweis dafür wie sprunghaft sein Leben war und ich brauchte Sicherheit und Stabilität und musste mich jetzt erstmal auf die Hochzeit morgen konzentrieren.
„Alles ok bei dir?", fragte meine Dad. Er musste mitbekommen, wie sehr mich Theos Nachricht aus dem Konzept gebracht hat.
„Ja nur ein paar kleine Männer Probleme", erwiderte ich mit einem halbherzigen Lächeln.
„Ist es dein kompliziertes Date, von dem du mir schon ein wenig erzählt hast?", fragte er vorsichtig.
„Ja, aber ich werde ihn eh nicht mehr treffen, also brauchst du dir auch keine Sorgen machen und ich möchte jetzt auch nicht weiter über ihn reden, dazu bin ich viel zu müde und zu fokussiert auf den morgigen Abend", sagte ich.
„Dann ist ok Schätzchen. Wie wäre es, wenn wir uns was beim Mexikaner holen, eine Folge Friends schauen und uns dann für morgen ausschlafen", schlug er vor.
„Das ist eine super Idee, das brauch ich jetzt."
So machten wir uns einen gemütlichen Abend und tot müde vom langen Tag fiel ich dann auch ins Bett. Morgen würde auch nochmal ein anstrengender, aber auch sehr aufregender und hoffentlich schöner Tag werden. Ich dachte an mein wunderschönes Kleid, welches ich morgen tragen dürfte und den bevorstehenden magischen Abend.

Schattenpfade im Licht - gefährliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt