Kapitel 8

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Am darauffolgenden Tag nehme ich mir vor es zu versuchen. Um 8 Uhr schleiche ich mich von meiner Zelle raus. Leise flüstere ich mir selbst die Zahlen immer und immer wieder zu, welche ich mir gemerkt habe. 22-79-54-15-00-97-98. 22-79-54-15-00-97-98. Als ich endlich bei der großen Stahltür angekommen bin, atme ich ein letztes Mal tief ein und aus. Ich blicke zurück um sicherzustellen, dass mich keiner beobachtet. Keiner hier. Gut. Vor mir befindet sich eine Art kleiner Monitor welche mich an einem Bankomatkartenleser erinnert. Ich tippe die Zahlen ein und der Monitor wird rot und zeigt ‚Passwort nochmal eingeben'. Ich denke nach ob ich irgendeine Zahl vergessen habe und tippe das Passwort erneut ein. Doch schon wieder wird der Monitor rot. Irgendeine Zahl habe ich vergessen, das weiß ich. Aber vielleicht ist es ja auch gar nicht das Passwort. Vielleicht ist es ein anderes und Luke hat das nur vor sich hin gekritzelt. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt und ich versuche es ein letztes Mal. Diesmal tippe ich die Zahlen ganz langsam ein um keine zu vergessen. Als ich damit fertig war und auf OK klicke, ist einen Moment Stille. Der Monitor wechselt seine Farbe zu grün und die Tür lässt sich öffnen.

Ich mache einen Schritt vor die Tür und atme die frische Abendluft ein. Unter meinen Füßen spüre ich das Gras, welches mit einer nassen Schicht bedeckt ist. Ich habe keine Ahnung welche Jahreszeit ist, aber ich tippe auf Herbst, denn die kühle Brise bereitet mir allmählich eine Gänsehaut. Wie lange habe ich mir diesen Moment erträumt? Und ihn endlich in Wirklichkeit gehen zu lassen fühlt sich so verdammt gut an. Ich befinde mich in einem Wald, denn egal wo ich auch hinsehe, sehe ich nur Bäume.

Doch ich bin genug herumgestanden und muss hier unbedingt weg, deswegen fange ich an zu laufen. Es tut gut mal wieder zu laufen. Ich bin genug faul herumgesessen, da tut mir ein wenig Laufen schon nicht weh. Ich renne und renne ohne einen Plan wohin. Hauptsache weg von hier. Ich renne bis mir meine Kehle brennt und ich ein stechendes Gefühl in meinem linken Abteil von meinem Bauch fühle, doch darauf achte ich nicht, ich laufe einfach weiter.

Ich drehe mich kurz um, um zu sehen wie weit das Gebäude schon entfernt liegt, doch ich kann es nicht mehr erkennen, da es schon zu dunkel ist. Ich spüre allmählich wie rutschig es plötzlich unter meinen Schuhsohlen wird und wie sich mein Gesicht den Blättern nähert und ich auf dem Boden liege. Mein Knie habe ich an einen kleinen Stein aufgeschürft und unter meiner Jeans kann ich das rote Blut hervorstechen sehen. Wenn ich gehe tut es weh, doch ich überrede mich selbst, es durchzustehen, da mich jeder Zeit jemand finden könnte. Es ist bereits stockdunkel und ich kann kaum mehr etwas sehen. Doch trotzdem versuche ich mit meinen Händen abtasten weiterzugehen. Plötzlich entdecke ich ein Licht, welches immer näher kommt. Es ist ein Auto, na toll. Ich ducke mich hinab um mich kleiner zu machen. Das Licht kommt immer näher und näher bis es auf einmal neben mir stehen bleibt. Die Scheinwerfer des Autos blenden mich und ich kann den Fahrer nicht erkennen. Neben mir scheint ein Weg gewesen zu sein, den ich wegen der Dunkelheit nicht sah. Ich stehe auf und versuche obwohl ich höllische Schmerzen habe, zu Laufen und zwar so schnell ich nur kann. Ich höre hinter mir eine Autotür zufallen und eine Stimme rufen „Samara?" Lukes Stimme. Er ist gekommen um mich zu holen. Sofort bleibe ich stehen und schreie in Lukes Richtung „Luke? Ich bin hier!" Daraufhin lasse ich mich auf den Boden sickern. Mein Bein tut noch mehr weh als vorher und nicht mal wenn ich meine Hand draufpresse vergeht der Schmerz. Luke eilt zu mir und trägt mich daraufhin in den Wagen.

„Wieso bist du wiedergekommen?", frage ich ihn während ich es mir auf dem Beifahrersitz gemütlich mache. „Ich hab es dir doch versprochen, oder?", beantwortet er mit einer Gegenfrage. Ich nicke. Daraufhin muss er lachen, worauf ich lachen muss. Ich hätte ihm von Anfang an vertrauen sollen. „Ich habe etwas herausgefunden. Das erzähle ich dir, aber nur, wenn du mir dann auch ein paar Fragen beantwortest. Okay?", sagt er plötzlich mit ganz ernster Miene. „Schieß los."

„Der Ort an dem wir uns befanden. Ich habe etwas nachgeforscht. Er ist weder auf einer Landkarte noch auf Google Maps zu finden. Es ist eine Art Geister Stadt. Keine Ahnung ob du so etwas kennst. Naja jedenfalls, habe ich mich genauer informiert und einen alten Mann, aus so einer Tanke nicht weit von hier entfernt, was genau dieser Ort auf Sich hat. Er meinte, der Ort heißt Estelle und wurde im 19. Jahrhundert als Goldmine benutzt, doch wurde dann geschlossen. Es wohnen dort keine Menschen. Wahrscheinlich war das der Grund, weshalb sie das Gebäude dort errichtet haben. Zu deiner Info, Estelle befindet sich westlich von Georgia." „Was, wir sind in Georgia?", frage ich aufgewühlt. Luke muss lachen und fragt „Das ist das einzige was du dazu zu sagen hast? Aber ja, wir sind in Georgia. Jedenfalls, wollte ich als nette Geste deinen Eltern Bescheid geben, dass du noch lebst und es dir gut geht. Ich habe im Büro nach deinem Nachnamen und Wohnort nachgeschaut und ... Es gibt in New Orleans weit und breit keine Familie Higgens."
Seine Worte bereiten mir Gänsehaut. Ich schaue auf dem Boden des Wagens und sehe in meinen Augenwinkel, dass Luke mich anschaut und auf eine Antwort wartet. „Samara, wer bist du?"

Nummer 213Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt