Kapitel 29

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Ich klopfe, doch ich bekomme nicht einmal eine Reaktion. Kein ‚Hallo'. Kein ‚Herein'. Keiner öffnet die Tür.

Ich klopfe erneut, doch diesmal etwas stärker.

Nichts.

Warum öffnet mir keiner die Tür? Langsam verschwindet die Hoffnung, die ich noch hatte und es bleibt reine Verzweiflung.

Vielleicht wohnt er ja hinter der anderen Tür, einen Versuch ist es wert.

Also gehe ich zur anderen und balle meine rechte Hand zu einer Faust. Ich klopfe gegen die Tür, etwas vernünftiger. Mein Klopfen klingt verzweifelt.

Doch nichts. Langsam fühle ich mich wie in einem Geisterhaus. Wo bin ich hier?

Ich schaue mich um und um mich herum sind kahle, graue Wände, welche mir scheinen immer näher zu kommen. Echt gruselig.

Ich atme tief ein und wieder aus, um mich zu beruhigen. Das ist nur Einbildung. Ich höre ein schrilles Geräusch, welches mir nur noch mehr Angst einjagt.

Ich kaue auf meinen Kaugummi herum und krame mein Handy aus meiner Tasche.

1:38 p.m.

Aus Panik suche ich die Nummer meines Bruders in meinem Handy und war gerade dabei ihn anzurufen, als mich plötzlich eine Person auf meiner Schulter antippt.

Ich bekomme einen halben Herzinfarkt und greife mir aus Reflex auf meinen Brustkorb. Ich drehe mich um und mir gegenüber steht eine alte Frau. Sie hat eine Stofftasche in ihrer linken Hand und in ihrer rechten Hand hält sie zitternd einen Schlüssel fest. Ich schlussfolgere dies, dass sie in der Wohnung hinter mir wohnt.

Also entschuldige ich mich freundlich und mache ihr den Weg frei.

Bevor sie in ihre Wohnung geht, beobachte ich sie wie sie sich umdrehte und fragt „Kann ich dir helfen? Suchst du jemanden?"

Oh Jesus, danke!

„Ja. Ich suche nach einem gewissen Jason Bennet. Nach diesen Angaben hier, wohnt er in diesem Wohnblock, stimmt das?"

Die Frau schaut bemitleidend auf den Fließen Boden und kommt dann näher.

„Es tut mir leid dir das sagen zu müssen, aber Jason Bennet verstarb vor einem Monat. Die Wohnung ist zu vermieten."

„Kennen Sie seinen Sohn? Kam er hier öfters vorbei?", frage ich nach, als hätte ich seinen Tod überhört.

„Da fragen Sie die Falsche. Ich war nicht informiert, dass Jason je einen Sohn hatte."

Schon wieder ins Leere gegriffen.

„Oh okay, danke Ihnen trotzdem.", bedanke ich mich bei der alten Frau freundlich.

Sie lächelt mich noch ein letztes Mal an und verschwindet dann in ihrer Wohnung.

Ich fühle wie sich Wut, Trauer und Verzweiflung gleichzeitig in mir ausbreiten. Ich bin so wütend und enttäuscht, dass ich nach 2 Monaten noch immer keine Informationen gefunden habe, die mich auch nur irgendwie zu Luke bringen können.

Wie lange wird es dauern wieder von ihm zu hören? Werde ich überhaupt von ihm hören?

Eine Träne läuft meine Wange herab und ich wische sie schnell mit meinem Zeigefinger weg. Ich muss jetzt stark sein. Weinen bringt mich jetzt auch nicht viel weiter.

Also setze ich mich in mein Auto und fahre wieder nach Lancaster.

Zuhause angekommen, bemerke ich dass meine Eltern weg sind. Ich hole aus meinem Zimmer die Zeichnungen von Luke und setze mich mit ihnen auf den Küchentisch.

Eine nach der anderen schaue ich mir an.

Mein Bruder kommt plötzlich aus seinem Zimmer und leistet mir Gesellschaft.

„Alles okay, Vicky?", fragt er fürsorglich nach.

Ich nicke still und widme ihm keinen Blick.

„Bist du noch immer auf der Suche nach ihm?"

„Ich werde immer auf der Suche nach ihm sein, bis ich ihn endlich finden werde.", antworte ich nur kühl.

Leon seufzt und setzt sich neben mich. Er durchblättert die Zeichnungen von Luke und zeigt auf ein Portrait von mir.

„Das ist schön.", meint er begeistert.

„Alle seine Bilder sind schön."

Er streichelt mich kurz auf meinen Arm und verschwindet wieder.

Ich kann nicht mehr lange genug stark sein und fange an zu weinen. Mit den Händen vor meinem Gesicht, sodass mich keiner sehen kann.

Leon kommt wieder aus seinem Zimmer auf mich zu gerannt und versucht mich zu beruhigen. Er hat eine Karte von Amerika in seiner Hand, doch legt sie auf den Tisch.

„Es wird alles wieder gut. Du wirst ihn finden und dann wirst du ihn nicht mehr loslassen. Du wirst ihn finden, Vicky. Du bist so stark."

Seine beruhigenden Worte zeigen langsam Wirkung und ich höre langsam auf zu weinen.

Ich schaue ihn auffordern an und schon öffnet er die Karte und zeigt auf Lancaster.

„Hier bist du jetzt. Zeige auf die Orte wo du bereits nach ihm gesucht hast."

Ich zeige auf einige Orte und mein Blick wandert dann sofort wieder zu meinem Bruder.

Er sieht verwirrt aus, wahrscheinlich weil er nicht wirklich mitgekommen ist, wo ich überall hinzeigte.

„Du hast doch erzählt, dass du ihn in Estelle zurückgelassen hast. Ist in der Nähe irgendeine Stadt, ein Ort, irgendwas wo er sich aufhalten könnte? Vicky, denk jetzt ganz genau nach. Auch wenn du bereits dort nach ihm gesucht hast. Denk nach."

Ich spiele mich bedrückt mit meiner Unterlippe und grüble.

Sofort fällt mir was ein „Wir haben uns in einem Haus versteckt. Er meinte, das gehört seinem Onkel, aber da habe ich ganz am Anfang gesucht."

„Hast du auch rund herum die Gegend abgesucht? Estelle? Warst du in dem Haus, in welchem du eingesperrt warst? Verstehe mich nicht falsch, aber ich finde du solltest dort hinfahren.", ermutigt er mich.

„Du hast Recht, aber was sage ich Mom und Dad, bezüglich, du weißt schon?"

Mom und Dad meinten es wäre besser, wenn ich am Abend zuhause bleibe, weshalb es mir nicht mehr wirklich erlaubt ist fortzugehen. Ich kann sie verstehen. Sie haben Angst, dass so Etwas nochmal passiert, aber ich finde sie übertreiben ein bisschen.

„Mach dir um die keine Sorgen. Ich sag einfach du schläfst bei einem Freund.", meint mein Bruder gelassen.

„Leon, bei welchen?", frage ich nach.

„Oh... Egal, ich sag einfach du seist bei Tante Sue, die lässt sich sicher leicht manipulieren, wenn du verstehst.", lacht er.

„Wir sind definitiv Geschwister. Komm her.", murmle ich während ich ihn an mich drücke.

„Obwohl du manchmal unerträglich bist und ich dich in dieser Zeit echt nicht leiden kann, pass auf dich auf.", schluchzte er.

Ich nicke und packe meine Sachen zusammen.



Nummer 213Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt