„Vic? Hörst du mir überhaupt zu?", höre ich plötzlich Luke fragen. Ich habe ihn wohl nicht zugehört. „Ja klar.", lüge ich.
„Ach, ist ja auch egal. Hast du etwas gefunden das dich bis am Abend beschäftigt hat?"
„Ja, ein Buch. Das Leben ist unberechenbar, hast du es auch schon gelesen?"
„Ja, ich hab' es mal gelesen als ich 13 Jahre alt war, aber wirklich daran erinnern kann ich mich nicht mehr."
„Erinnerst du dich an den Schluss? Wo ihr Mann in den Krieg zieht und es dann einfach endet? Wie denkst du, ging es wirklich aus?", frage ich neugierig.
Luke muss kurz überlegen. „Wie kann ich mich daran nicht erinnern? Ich schätze mal, dass er gestorben ist. Was denkst du?"
„Ich glaube es steckt mehr dahinter. Vielleicht hat die Autorin das Buch mit Absicht nicht zu Ende geschrieben. Es geht doch im Leben genau um das. Wo man aufhört zu erzählen. Jeder von uns hat doch mal eine Geschichte nicht zu Ende erzählt, oder nicht? Wir haben das Ende vertuscht, dass jeder andere denkt, die Geschichte sei zu Ende. Ich denke, die Geschichte hat erst da angefangen. Es ist noch mehr passiert. Das steht fest.", erzähle ich entschlossen.
„Wow du kannst ja richtig philosophisch sein. Ich bin schwer beeindruckt.", scherzt Luke.
Nachdem ich ein weiteres Glas Wein getrunken habe, drehe ich mich mit meinem Körper auf die Seite und Luke macht dies ebenfalls. Wir liegen nun gegenüber von einander und sehen uns gegenseitig an. Angeheitert vom Wein nimmt Luke meine Hand und drückt sie fest. Unsere Nasenspitzen berühren sich schon fast und schließlich küssen wir uns. „Ich liebe dich!", haucht mir Luke in meinen Mund. Ich erwidere seine Worte.
Als ich meine Augen langsam versuche zu öffne ohne zu blinzeln, bemerke ich, dass Luke nicht mehr neben mir liegt. Ich liege noch immer auf der Decke im Gras, wo Luke und ich gestern wohl oder übel einschliefen. Ich schaue mich im Garten um und schätze dass Luke reingegangen ist. Mich hat er hier liegen lassen. Was für ein Gentleman.
Mit der Decke um meinen Körper gewickelt betrete ich die Küche und entdecke auch schon Luke, der am Küchentisch sitzt und gerade ein Erdnussbutterbrot verschlingt. Als er mich sieht sagt er murmelnd mit vollem Mund „Guten Orgen! Gut geschlahen?"
Ich nehme mir ein Glas Orangensaft und setze mich gegenüber von ihm auf den Tisch. „Mhm.", antworte ich ihm während ich einen Schluck von meinem Glas mache. Mit einem leeren Blick schaue ich in das Glas.
„Ich gehe in mein Zimmer. Etwas Lesen.", sage ich kalt und stehe auf, auf den Weg in mein Zimmer. Dort angekommen schnappe ich mir Das Leben ist unberechenbar und beschließe dort weiter zu lesen wo ich gestern aufgehört hatte.
Nach nur wenigen Seiten, klopft auch schon jemand an meiner Zimmertüre. Na, hat jemand gelernt höflich zu sein? Welch' ein Wunder. „Ja?", schreie ich.
Luke macht die Tür auf und tritt in mein Zimmer. „Ich wollte dich nicht aufwecken.", sagt er entschuldigend während er zu meinem Bett geht. „Ich habe nicht geschlafen.", flüstere ich. „Was ich dich fragen wollte ist. Ich fahre heute wieder einkaufen. Soll ich dir wieder etwas mitnehmen oder willst du mitfahren?" Ich lege das Buch auf die Seite und muss kurz überlegen.
„Nein ist schon egal. Fahr ruhig.", lächle ich ihn an. Er lächelt zurück und nimmt meine Hand. Dann gibt er mir einen Kuss auf die Stirn und verlässt den Raum.
Ein wenig später höre ich von meinem offenen Fenster auch schon den Motor starten und weg ist er. Ich liege gemütlich in meinem Bett und lese Das Leben ist unberechenbar.
Da das Buch relativ dünn ist, habe ich es nach nur einer Stunde auch schon fertiggelesen und begebe mich erneut in Lukes Zimmer um nach einem weiteren Buch zu suchen und mich fündig zu machen.
Ich suche in dem großen Schrank, doch finde mit Vergebung keines, welches mir zuspricht. Vielleicht hat er ja auch noch woanders Bücher versteckt. Also suche ich in seinen weiteren Kästen nach Büchern, die mir gefallen könnten. In seinem Schreibtisch herrscht das totale Durcheinander. Von Bleistiften bis hin zu Dosen finde ich hier alles. Ich könnte schwören, dass ich gerade eine tote Fliege hier entdeckt habe. Igitt.
Ich sehe plötzlich etwas hervorglitzern. Ein Metallstück. Ich durchkrame den ganzen Müll und habe es endlich in der Hand. Es ist ein Schlüssel, doch zu was? Ich schaue unter seinem Bett und entdecke mit meinem Glück auch schon eine Box mit einem Schloss. Sie ist so groß wie eine Schuhschachtel. Jetzt schaue ich mal, was Luke so zu verstecken hat. Vielleicht ein Tagebuch? Der Gedanke bringt mich zum Lächeln. Aufgeregt stecke ich den Schlüssel in das Schloss und sperre es auf. Ich öffne die Box, doch was ich da drin finde, hätte ich mir nie erwartet.
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Nummer 213
HorrorWas würdest du tun, wenn du gefangen wärst? In einer Anstalt, ohne jegliche Ausgänge.. Wenn du ein Geheimnis hättest, weshalb du in diese Anstalt kamst? Samara hat ein Geheimnis, weswegen sie in einer alten Psychiatrie festgehalten wird und ihr mon...