Kapitel 10

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„Luke?? Das ist braune Farbe! Du hast mir die falsche Farbe gekauft. Ist es so schwer mal die Richtige zu nehmen? Du hättest doch nur nachfragen müssen, aber nein, das war ja schon zu viel verlangt.", jammere ich nachdem ich mir meine Haare gefärbt und getrocknet habe.

Ich gehe ins Wohnzimmer, in dem sich Luke aufhält. „Ich habe dir nicht die falsche Farbe gekauft.", meint er und lächelt. In mir steigt die Wut und ich frage „Dann hast du mir also mit Absicht die falsche Farbe gekauft? Luke, ich finde das echt nicht lustig." „Ich schon.", lacht er provokant. Und vorher dachte ich mir noch, dass er irgendwie süß sei. Jetzt könnte ich ihn umbringen. Ich verdrehe meine Augen, schnappe mir meine Süßigkeiten und verschwinde in meinem Zimmer.

„SAMARA, AUFSTEHEN!! Wir müssen abhauen, sie sind hinter uns her. SAMARA!", weckt mich Luke. Freundlich ist sein zweiter Vorname. „Was ist denn los?", murmle ich noch im Halbschlaf vor mich hin. Luke trampelt in mein Zimmer und zieht mir die Decke vom Leib. Nun treibt er es endgültig zu weit, denn er zieht die Fenster auf und die Sonne blendet mich in meinem Gesicht. Ich zucke zusammen und schreie ihn an „SAG MAL GEHT'S DIR NOCH GUT?" Luke rollt plötzlich am Boden vor Lachen und meint „Dein Blick... der war einfach.... einfach so lustig."

Ok, falsch. Freundlich ist sein erster Vorname. Wütend schmeiße ich ihm ein Kissen ins Gesicht und verdrehe genervt die Augen „Du bist so ein Arschloch." Er kriegt sich langsam wieder ein und meint „Ach komm Püppchen, es war schon lustig. Kommst du frühstücken? Dir würde es ja nicht schaden." Damit hat er nicht so unrecht, also komme ich mit. Aber nur weil ich Hunger hab und nicht wegen Luke.

„Und was machen wir heute?", frage ich Luke, während ich mir ein Erdnussbuttersandwich in den Mund schiebe. Er löffelt gerade sein Müsli und sagt nachdem er runtergeschluckt hat „Ich wär für alles offen, Püppchen." Dabei zwinkert er mir zu. Ich verdrehe meine Augen. „Ach komm schon, als ob du noch nie dran gedacht hast.", er steht nun auf und stellt seine Schüssel auf einen Kasten. Dann geht er in meine Richtung.

„Kommst du nun mit oder nicht?", fragt er schließlich. Hatte er etwas in seinem Cafè oder was ist los mit ihm? Ich schaue ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Keine Antwort ist nun mal auch eine Antwort. „Tja, selbst Schuld. Du verpasst etwas." Was verpass ich denn bitteschön? Dass ich mir AIDS hole oder was? Nein danke, wenn das jetzt modern ist, dann nennt mich bitte altmodisch.

Nachdem ich mit meinem Sandwich fertig bin, gehe ich entspannt ins Badezimmer um mir die Hände zu Waschen. Ich reiße die Tür vom Badezimmer auf und bin gerade dabei den Wasserhahn aufzudrehen, als ich plötzlich Luke im Spiegel hinter mir halbnackt erkenne. Ich drehe mich zu ihm um und zucke kurz auf. „Was machst du hier? Du hast mich gerade erschreckt.", keuche ich. Ich lehne mich mit meinen Händen an dem Waschbecken hinter mir an. Er hat sich ein Handtuch um seine Taille gewickelt, doch sein Oberkörper war frei und oh Junge hat der einen guten Körper. Von seinem Sixpack bis zu seinen kräftigen Armen. Ich sehe wie sich auf seinem gut trainierten Bauch noch die Wassertropfen abperlen.

Luke scheint wohl bemerkt zu haben, dass ich ihn mustere und grinst mich schief an. Ich drehe mich also wieder zum Waschbecken um, um mir meine Hände zu Waschen. Genau das hatte ich vor, mir die Hände zu waschen und stattdessen finde ich einen halbnackten Luke vor. Als er den Raum verlässt flüstert er mir noch in den Nacken „Wie gesagt selbst Schuld." Womit er mir eine leichte Gänsehaut bereitet. Ja selbst Schuld. Er sieht schon ziemlich gut aus. Irgendwie. Ach was rede ich denn hier, er ist ein Arschloch. Früher dachte ich er sei wenigstens nett. Früher war er das auch. Meiner Meinung nach. Vielleicht sollte ich meinen eigenen Weg gehen und er seinen. Ja, vielleicht ist das besser so.

„Luke, ich sollte gehen.", stampfe ich ins Wohnzimmer mit unglaublicher Überzeugung. So viel Selbstbewusstsein habe ich bis jetzt noch nie gezeigt vor Luke. Wow. Applaus. Doch Luke, der übrigens wieder angezogen ist, muss sich daraus wohl einen Spaß machen, denn er meint nur „Ach Püppchen, ich war doch erst gestern einkaufen. Ich hab dir sogar deine Gummi Küken mitgebracht. Du musst nicht weg."

Während er das sagt, sind seine Augen völlig auf die Zeitung fokussiert die er liest. Ich setze mich zu ihm auf das Sofa und allein das widert mich schon an. Mit so einer arroganten und egoistischen Person auf dem Sofa zu sitzen.

„Das sind Gummi Häschen, aber lassen wir's. Nein, ich sollte gehen. Aus deinem Leben. Und falls du denkst, das ist so ne dämliche Nummer, wie in einem Liebesfilm, in der das Mädchen den Jungen verlassen muss, er sie daran hindern will und sie dann doch bei ihm bleibt, dann tut es mir leid, aber du spielst leider in diesem Film nicht mit. Ich meine das ernst, ist ja nett, dass du mir geholfen hast, aber ich denke ich komme ganz gut allein zu Recht.", sage ich melodramatisch. Mein Sarkasmus hat ihn wohl so mitgerissen, dass er nun seine Zeitung bei Seite legt und sich nur mir widmet. Wie freundlich.

Und wenn ich diesen Jungen nochmal erklären muss was ich will, dann stopfe ich ihm seine Zeitung in den Mund. Er zieht seine Augenbrauen nach oben und meint „Die werden dich wieder kriegen, ich sag's dir. Aber mir ist es nur Recht. Meinetwegen, aber verpetze mich ja nicht." Ich lächle ihn dankend an. Ein Wunder, dass er mal keinen beleidigenden Spruch oder sowas in der Art abgeliefert hat. Echt krass.

Aber um ehrlich zu sein, etwas enttäuscht bin ich schon, dass er mich nicht davon abgehalten hat zu gehen. Ja, wir Mädchen sind kompliziert. Aber fehlen wird mir sein Egoismus und seine Arroganz ganz und gar nicht also sehe ich es mal positiv. Ich packe mein Zeug zusammen in einen alten Rucksack, viel ist das ja nicht. Ich habe mir vorgenommen am Abend loszugehen wohin mich meine Nase eben führt.

Während ich meine ganzen Sachen in den Rucksack packe, habe ich die ganze Zeit ein komisches leeres Gefühl in meinem Bauch. Tue ich denn etwas Falsches? Vielleicht sollte ich doch hierbleiben. Nein, ich habe das schon beschlossen, also ziehe ich es eben auch durch. Als ich fertiggepackt und angezogen bin checke ich mich noch kurz im Flur vorm Spiegel ab. Ich betrachte mein Spiegelbild. Meine, bereits, blasse Haut. Meine braunen Haare, die ich gerne lieber wieder blond hätte. Meine zierliche Figur und mein Gesicht, indem sich Angst spiegelt.

Hinter mir erscheint plötzlich Luke und sein Kopf ist zur Seite gelehnt. „Willst du echt abhauen?", fragt er und wie immer gefühlslos. Mit diesem gefühllosen Blick. Sein Blick zeigt überhaupt keine Emotionen, daher kann ich nicht erkennen, ob er traurig ist oder sich erfreut mich endlich loszuwerden. Aber ich denke das zweite.

Ich wende mich zu ihm und nicke. Luke kommt einen Schritt näher zu mir und grinst schief „Gar kein Abschiedskuss?" Was hätte ich mir auch anders denken können? Ich verdrehe wie bei jeder seiner Aussagen meine Augen, jedoch grinse ich dabei.

„Danke.", lächle ich ihn an. Luke scheint wohl nicht erwartet zu haben, dass ich mich bei ihm bedanke, denn in seinem Gesicht zeigt sich nun eine Emotion, die ich als überrascht deute.

„Wofür?" „Für alles. Dass du mir geholfen hast aus der Irrenanstalt zu fliehen, dass ich hier wohnen durfte. Dass du für mich gekocht hast oder es mehr oder weniger versucht hast." Er muss lachen und sein Lachen ist noch immer so wunderschön wie beim ersten Mal. Luke lacht viel zu selten, doch dafür ist es mal umso schöner, wenn er lacht. Dieses Lachen werde ich vermissen. Ich werde Luke vermissen.

Nummer 213Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt