Von einer kleinen Waldlichtung aus gen Norden und bei einem kleinen Bach rechts. Dem Lauf des Wassers folgend, bis zu einem großen Felsen, auf dem das Moos in einem heidnischen Kreis abgetragen worden war und von dort aus in den Wald, immer der Nase nach. Dann erreichte man schon bald die Stellen, in denen in den Baumkronen nur für wissende Augen zu erkennen, die Kränze aus Birken-Reisig hingen. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung bis in das winzige Lager, die mit den Mitteln des Waldes und gestohlenen Materialien grob zusammengezimmert worden waren. Hier inmitten des Sherwood Forest lag das Lager von Will Scarlet und seiner Räuberbande.
„Das war eine meiner Lieblings-Lauten", jammerte Alan-a-Dale gerade, als sie in das Räuberlager kamen. „Ich hatte sie von einem reisenden Schausteller aus Madrid."
Lagerfeuer in kleinen, gegrabenen Senken trugen die wärmende Glut, während unter Dächern aus Tannenzweigen und Stroh die Schlafstätten der Banditen gefunden werden konnten. Sofort erhoben sich ein paar in aufgewühlter Wachsamkeit.
„Hood ist noch am Leben?", wunderte sich einer von Wills Leuten, während sich jener erhob und die Arme vor der Brust verschränkte.
„Dass du dich tatsächlich hierher wagst, Hood! Glaubst du, nachdem du unseren Wettkampf verloren hast, kannst du nun angekrochen kommen und wir nehmen dich auf?" Will Scarlet grinste selbstgefällig. Allerdings schwand dieser Hohn über seinen Sieg, als er Robins ernsten Ausdruck sah. Will stellte sich auf den Ärger ein, der mit grollenden Wolken in der Haltung des anderen Diebes stand. „Du hast uns doch nicht etwas verraten, du Ratte." drohte Will, doch John, der hinter Robin stand und sich leicht schmerzverzerrt die linke Schulter rieb, schüttelte nur den Kopf.
„Was war das für ein Plan, Scarlet? Den halben Burghof in Brand zu setzen, die Leute in Gefahr zu bringen und dann noch die Lady zu entführen?", fragte Robin aufgebracht und sein Blick stach förmlich auf die umstehenden Banditen ein.
„Oho – kann der feine Pinkel es etwa nicht abhaben, wenn wir Bürgerlichen gewinnen?"
Robin Hood lachte dunkel. Es war kein spaßiges, helles Lachen, sondern bedrohlich und abwertend. Darin lag nicht der winzigste Hauch von Humor. „Ist dir klar, wie viele Männer des Sheriffs in diesem Moment den Wald auf der Suche nach ihr durchkämmen? Und nicht nur diese, sondern auch Leute des Earls und auch anderer Adliger sowie besorgte Bürger! Du hast die verdammte Tochter des Earls entführt, die Verlobte des Sohns des Sheriffs von Nottingham! Und nun haben gleich drei mächtige Männer einen Grund, diesen Wald eher niederzubrennen, als euch das durchgehen zu lassen! Und wofür?" In Robins Augen blitzte eine geschliffene Klinge. „Habt ihr das Amulett?"
Will Scarlett knirschte mit den Zähnen, dann glitt sein Blick kurz zur Seite in die betretenen Gesichter der umstehenden Männer. Man sah, dass diese Frage und Robins Aussage ihm im Stiefel drückte wie ein spitzer Kiesel.
„Nein", gestand er schließlich. Es klang wie ein Knurren, das er zwischen zusammengepressten Zähnen hindurchdrückte. „Wir haben das verdammte Gör von oben bis unten gefilzt. Aber sie hatte es nicht mehr bei sich. Sie muss es bei der Flucht verloren haben."
DU LIEST GERADE
Die Königin von Pfeil & Bogen
Historical Fiction[WATTYS 2023-WINNER/Fesselndste Welt] ** Marian, stehlende Adelstochter mit großem Herzen trifft auf Robin Hood, verwegener Dieb mit gewaltigem Ego. Werden sie alten Schmerz, Vorurteile und schließlich den grausamen Sheriff von Nottingham überwinden...