Kapitel 55 - Der Funke

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Der Sheriff von Nottingham trat wie ein finsterer Schatten aus dem Torbogen

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Der Sheriff von Nottingham trat wie ein finsterer Schatten aus dem Torbogen. Als er die Hand zum Signal hob, rollte eine Welle von Raunen und sichtlicher Nervosität über alle Anwesenden auf dem Burghof. Einige Frauen griffen halt-suchend nach den Armen ihrer Männer, als die Trommler sich erhoben und die Schlägel zu dem monotonen Rhythmus des Totenmarsches ansetzten. Der Sheriff schritt voran, Richter und Henker in einem dunklen Mann vereint.

Begleitet von zwei Wachmännern, die ihre Seite flankierten, schritt hinter ihm Lady Marian De Burgh. 'Wir müssen mit allem rechnen und diesmal werden wir vorbereitet sein', hatte der Sheriff den Wachen scharf eingebläut. Ihre Köpfe drehten sich immer wieder von einer zur anderen Seite und weitere Männer des Sheriffs drängten das Volk auf Abstand.

Lady Marian trug ein blaues Gewand mit Perlenbesatz um Kragen, Saum und Ärmeln. Der Stoff war von einem so dunklen Blau, dass er beinahe schwarz wirken mochte. Dort, auf dem Weg zum Galgen mit dem hochgesteckten Haar, wirkte die edle Lady so deplatziert, als hätte man sie aus einem Märchen entführt und in einen Albtraum geworfen. Würdevoll setzte sie ihre Schritte, doch gleich wie hoch sie ihr Haupt auch trug: das Bangen stand wie eisiger Frost an einem Sommertag in ihren Augen.

Worte könnten es kaum in Worte fassen, was Marian empfand, während sie langsam durch den Burghof schritt; Ihrem Ende in Form einer einfachen Schlinge aus Tau entgegen. Wieder und wieder hatte sie sich zugesprochen, mutig zu sein. Dennoch besaß sie an diesem Morgen keine Tränen mehr, die sie vergießen konnte. Ihr Gesicht war fahl, die Farbe aus ihren Zügen gewichen und ihr Magen war flau, sodass sie die Henkersmahlzeit kaum hatte anrühren können. Die Magd, welche es ihr gebracht hatte, flehte sie an, alles zu sagen, was nötig wäre, damit man sie verschonte. Ihre Kammerzofe, die ihr Haar frisierte, schluchzte ununterbrochen und es war Marian, welche sie tröstete, statt umgekehrt - dabei besaß sie selbst kaum Kraft für das, was ihr bevorstand. Ein Wachmann wischte sich scheinbar beiläufig eine Träne aus dem Gesicht und Marians Herz war schwer wie Blei.

Ein dicker Klumpen in ihrem Hals drückte ihre Kehle zu, machte ihr das Schlucken schwer und die Lippen trocken. Als sie die Stufen hinaufging, musste sie sich zu jedem Schritt zwingen. Zweifel und Angst rangen in ihrem Innern mit der Tapferkeit, die sie sich sonst immer sehr viel leichter zugesprochen hatte. Hundert Dinge waren ihr die ganze Nacht durch den Kopf gegangen und hatten sie umgetrieben, von den Tränen, die sie sekündlich vergoss, ganz zu schweigen.

Zweifel und Enttäuschung hatten sich ihres Herzens angenommen, weil sie die ganze Nacht unermüdlich gehofft hatte, Robin würde wie ein heldenhafter Retter auftauchen und sie befreien. Doch das war er nicht und auch keiner der anderen, für die sie ihr Leben riskiert hatte. Hatte Guy vielleicht recht mit dem, was er sagte? Würde ihr Opfer umsonst sein?

Nun, wo der Sheriff sie auf den Galgen führte, musste Marian ihren ganzen Mut zusammennehmen, um das Kinn aufrecht zu halten. Immer wieder musste sie sich zu erinnern, dass sie es sich den Rest ihres Lebens nicht verzeihen könnte, jetzt feige zu sein.

Die Königin von Pfeil & BogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt