Toms selbstbewusstes Auftreten erfuhr jäh einen kleinen Dämpfer, als die Befragungen um Carter Crouch und das Quidditchspiel zwei Tage später konkreter wurden. Es war der einunddreißigste Oktober und Professor Flitwick schmückte mit ein paar Hauselfen die große Halle. Er ließ Kürbisfratzen in die Luft schweben und verteilte schwarze Kerzen auf den Tischen. Kleine, haarige Spinnen wurden beauftragt, um ihre Netzte als Halloweendeko in Windeseile zu spannen. Die achtbeinigen Tierchen hatte bis zum Ende des Tages wohl alle Hand zu tun, dachte Tom, während des Frühstücks seinen Tee in Seelenruhe trank. Vor dem Unterricht wollte er Ava noch einen kurzen Besuch im Krankenflügel abstatten, sie sollte heute entlassen werden.
"Ä-äm!", ein fremdes Räuspern äußerte sich hinter Tom. Der Fünfzehnjährige drehte sich gelassen um und lächelte charmant sein Gegenüber an. Eine Ministeriumshexe in tristem Grau hatten den starren Kragen des Umhangs typisch aufgestellt. Sie hatte weißes, glattes, kinnlagnes Haar und trug eine Brille mit kleinen, achteckigen Gläsern auf der Nasenspitze.
"Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte der Junge bemüht freundlich, die Verachtung verbergend.
"Tom Marvolo Riddle?", antwortete die Hexe mit einer Frage.
"Ja?"
"Folgen Sie mir bitte", die alte Hexe verzog keine Miene, starrte ihn nur mit ihren kleinen Augen durch die achteckigen Brillengläser ungeduldig an. Tom seufzte, nahm einen letzten Schluck von seinem Tee und folgte der drögen Person. Lucas Lockhart feixte Unheilverkündend über beide Wangen, als er die Große Halle Betrat während, der Fünfzehnjährige und die alte Hexe hinausgingen.
Er überragte ihre gekrümmte Gestalt um einige Köpfe, während der Vertrauensschüler der Ministeriumshexe möglichst gelassen durch Flure folgte. Sie blieben vor einer dunklen Kammer stehen, was Tom verwunderte. Langsam öffnete sich die Tür. Das Holz knarrte. Die Kammer hatte nur ein kleines Fenster, welches glaslos die Kälte in die Steinmauern einlud und den kleinen Raum in sparsames Licht tauchte. In der Mitte stand ein Tisch, auf dessen Seiten vier zu eins Stühle aufgestellt waren.
"Nehmen Sie bitte Platz, Mr Riddle", die weißhaarige Frau zeigte auf den einsam stehenden Stuhl. Tom sträubte sich, alles an der Situation widersprach seinem Selbstverständnis, Stattdessen entgegnete er fordernd: "Was wird das hier, wenn ich fragen darf?" Sein Unterkiefer spannte sich an.
"Wir werden Sie im Fall Carter Crouch befragen", ein unangenehmes Lächeln zog sich über das Gesicht der Hexe und offenbarte spitze, gelbliche Zähne, die so gar nicht zu dem schneeweißen Haarschopf passten. Toms Nase kräuselte sich. Missmutig nahm er auf dem zugewiesenen Stuhl platz. Die Ministeriumsangestellte nickte zufrieden und schloss die Tür zur Kammer von außen. In diesem schäbigen Ort fühlte sich Tom wie ein Verbrecher, statt wie der Held, der Avas Fluchverletzungen als erster versorgt hatte.
Er starrte auf den Boden und musterte einen Riss, der sich über eine große Steinplatte zog und ihn in Gedanken versinken ließ.
"Folge mir", eine kalte Stimme ertönte und der Junge drehte sich erschrocken um. Niemand außer ihm war in diesem kleinen Raum. Die Tür war immer noch geschlossen. War er etwa vor Müdigkeit eingenickt? Tom zwang sich nun konzentriert und wach zu bleiben, was nicht leicht fiel, da die Ministeriumshexe auf sich warten ließ.
Nach einem langem Moment öffnete sich die Tür und Licht flutete den düsteren Raum. Die Umrisse von Professor Slughorn, Professor Dippet, der weißhaarigen Hexe und eines weiteren, fremden Mannes zeigten sich. Alle vier betraten die Kammer.
"Hallo, Tom! Was ein unerfreulicher Grund sie zu sehen!", begrüßte der Schulleiter den Jungen und ließ sich auf den erstbesten Stuhl nieder. Slughorn schüttelte Tom die Hand und lächelte ermutigend: "Wie geht es Ihnen, mein Junge?" Es folgte der fremde Mann. Er trug den gleichen Umhang, wie die alte Frau, allerdings blitze ein Violettes Hemd unter dem Umhang hervor. Seine Haare waren dunkelblond und gewellt. Er lächelte unangenehm, viel zu weiße Zähne blitzen auf: "Freut mich sehr! Ich bin Mauricius Lockhart, Schutzbeauftragter für minderjährige Waisen! Mein Sohn ist auch hier auf der Schule. Vielleicht kennen Sie sich? Ein sehr begabter Junge!" Die Ähnlichkeit zwischen Mr Lockhart und seinem Sohn war unbestreitbar, dachte Tom. Er gab sich größte Mühe, seine Verachtung dem freundlichen Mann gegenüber nicht zu zeigen als er Lucas' Gesichtszüge in denen des Schutzbeauftragten entdeckte.
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Tom Riddle auf der Suche nach dem Erben von Slytherin (5. Schuljahr)
FantasyTom Riddles Schulzeit (5. Schuljahr, Kanon) II Auf der Suche nach seiner Herkunft ahnt er noch nicht, dass eine todbringende Riesenschlange in der Schule als sein Erbe auf ihn wartet. Doch Ava Starling, eine Ravenclawschülerin, weckt fast so etwas w...