42. Kapitel: Weihnachten

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Der vierundzwanzigste Dezember begrüßte Tom wenig herzlich. Er wurde von langen, knochige Finger geweckt, die sich an seinem Kopf entlang schoben und ihn unangenehm am Ohr kratzten. 

"He!", murmelte der dunkelhaarige Junge verschlafen und blinzelte. Er war noch nicht ganz aus der traumlosen Welt zurück und registrierte nur bedingt, was vor sich ging.

Der Raum war dunkel, denn die Sonne tat ihr bestes sich aus dem Haus der Blacks herauszuhalten. Toms Blick wanderte vom halb zugezogenen Samtvorhang durch den Raum. Erst jetzt realisierte der Zauberer die kleine, gedrungene Gestalt, die "Guten Morgen, Sir, Sie sollten wohl bald aufstehen", schnarrte und auf halbem Weg war, den Raum zu verlassen.

Kreacher war schnell - aber Tom war schneller. 

Während Tom aus dem Bett geklettert war, um nach Kreachers Arm zu greifen, hatte dieser den Türrahmen bereits passiert. Tom zog den Elfen grob zurück. Dieser fluchte leise.

"Was soll das, Kreacher? Was machst du hier in meinem Zimmer!", zischte Tom wütend. Der Elf  versuchte sich in Toms Griff zu verbeugen: "Kreacher wollte nur die Sachen des jungen Herrn Riddle in den Schrank räumen und Ordnung schaffen."

Der Zauberer starrte auf seinen Koffer, in dem zuvor alle Dinge akkurat eingeordnet waren. Nun bildeten Hemden, Pullover, Hosen und Bücher ein Chaos, dass sich über den gesamten Boden erstreckte. Der Elf hatte sich sogar die Mühe gemacht, die Sockenpaare auseinanderzuziehen. Während Kreacher versuchte, sich aus Toms Griff zu befreien, bemerkte der Zauberer, wie der Elf langsam eine Hand hinter den Rücken wandern ließ. Der Blick des Zauberers folgte der Bewegung des schmuddeligen Dieners. Kreacher war definitiv zu weit gegangen. 

Das in schwarzes Leder gebundene Notizbuch blitze durch die knochigen Krallen hindurch. Tom entriss dem Elfen das Buch und schleuderte ihn gegen die Wand. "Finger weg von meinen Sachen, du dreckiger Dieb!" 

"Kreacher ist kein Dieb. Kreacher würde doch niemals etwas von einem Freund der Familie klauen...", murmelte der Elf mehr zu sich selbst als zu Tom: "Vor allem keine leeren, abgegriffenen und wertlosen Bücher..."

"Steck deine lange Nase nie mehr in meine Sachen, oder du bereust es!"

Die Worte drangen nur bedingt an die spitzen Ohren des Elfen heran, während dieser weiter mit sich selbst sprach: "Der Herr äußert leere Drohungen... Kreacher hat keine Angst vor dem Jungen... Kreacher will nur seine Herrin vor dem Fremden bewahren..." 

"Ach ja? Verschwinde gefälligst!", Tom deutete auf die Tür. Hätte er außerhalb der Schule zaubern dürfen, hätte er gern einige Flüche an dem Elfen ausprobiert, aber so blieb ihm nicht wirklich viel übrig. Kreacher nickte und humpelte in den Flur hinaus während Tom sich daran machte, seinen Koffer wieder einzuräumen und das Chaos zu beseitigen. Ohne Magie war er damit so lange beschäftigt, bis Walburga um Neun Uhr an seine Tür klopfte: "Frohe Weihnachten, Tom." Die Hexe trug einen festlichen Umhang aus Samt und hatte ein Seidenband in das schwarze Haar geflochten. Selbstgefällig fuhr sie durch den dunklen Lockenschopf, des Jungen, der vor seinem Koffer kniete und dabei war, das letzte Hemd zu falten. "Räumst du den Koffer aus?", flötete sie unschuldig.

Tom schüttelte den Kopf: "Der Hauself hat meine Sachen komplett durchwühlt. Ich möchte, dass du ihm verbietest, meine Sachen noch einmal anzufassen."

Die Hexe nickte unbeeindruckt und bemerkte beiläufig: "Onyx ist übrigens zurück." 

Tom zog die Augenbrauen hoch. Er hatte die Eule frühestens zu Mittags erwartet. 

"Und?", fragte er betont gelangweilt.

"Nichts und! Er schläft im Käfig. Oder hast du ne Antwort erwartet?", zischte sie. Tom schüttelte den Kopf, stand auf und drückte sich am Türrahmen an Walburga vorbei: "Gehen wir runter?" 

Tom Riddle auf der Suche nach dem Erben von Slytherin (5. Schuljahr)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt