45. Kapitel: Happy Birthday

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[TW: Hier wird ein an eine funktionale Depression anmutender Zustand beschrieben.]

Die Themse, die den Schnee an ihrem Ufer mit sich riss, war seit je her ein Zeuge der turbulenten Zeiten, die die Londoner in den Fesseln der Jahrhunderte gefangen hielten. Ein Fluss, ein Freund, ein Verräter, in dem die Bewohner ihr verzerrtes und durch die Wellen gebrochenes Spiegelbild unermüdlich in Richtung des eigenen Schicksals treiben sahen.

Ein schlanker, großgewachsener Junge saß auf einer Bank und starrte aufs Wasser. Es war ihm nicht möglich, einen klaren Gedanken zu fassen, die Strömung riss jede Überlegung mit sich, bevor sie sich deutlich konkretisieren und manifestieren konnten.

Er hatte sich die letzten Tage treiben lassen. Der Junge funktionierte nach außen hin noch tadellos, wenn die Schatten unter den Augen auch immer tiefer wurden und der Wunsch nach Dunkelheit stetig wuchs. 

Die letzten Tage hatte er beobachten könnten, wie Pullux Black sein ältestes Kind mit Flüchen bestraft hatte, die Hexe im Zimmer einschloss oder ihr Essen verweigerte. Zumindest wenn er anwesend und nicht im Ministerium war. Der herrschsüchtige Mann sah das Erbe der gesamten Familie durch die fünfzehnjährige Tochter bedroht. Sein Lebenswerk zu dem er nicht mehr beigetragen hatte, als geboren worden zu sein, schien plötzlich in Gefahr wegen einer lächerlichen Teenieromanze. 

Zur Überraschung des Jungen, hatte Mr. Black ihm gegenüber weder Ärger noch Argwohn gezeigt. Es stellte sich heraus, dass er Tom und seine schlauen Bemerkungen sogar sehr schätzte. Viel mehr verdeutlichte Pollux dem Gast, dass seine Tochter doch nicht gut genug für den Musterschüler wäre. Während Walburga sich stur wie nie zuvor an den Plan krallte, sie und Tom wären ein glücklich verliebtes Paar, verfolgte Pollux nun das Ziel, Tom Riddle von eben jener vermeintlichen Beziehung abzubringen. 

Sobald der hübsche Schüler mit Walburga Schluss machen würde, hätte sich das größte Problem erledigt. Walburgas Herz wäre gebrochen und sie würde sich ihrem eigentlichen Schicksal beugen und bei Orions Eltern um Verzeihung bitten. So jedenfalls die Idee von Pollux Black, dem Leiter der Abteilung für Magische Strafverfolgung, der sich mit der nicht existierenden Beziehung von seiner Tochter herumschlug. 

Tom ließ die Blacks diesen Streit allein austragen. Ihm war das alles egal.. Er war versunken in seine dunklen, leeren Gedanken, die in der Themse davonschwammen. Seit er Morfin Gaunt kennengelernt hatte, schien ihm nichts wichtig. Etwas in ihm hatte sich tief ins innere zurückgezogen. Er war angeekelt von sich selbst, es war als hätte der beißende Gestank der Holzhütte sich in seine Haut gefressen und seine marmorne Haut mit Rissen durchzogen. Tom starrte die meiste Zeit mit leeren Augen an die Zimmerwand oder setzte sich an die Themse um zu rauchen. Eine neue Angewohnheit, die seine Nervosität angenehm unterdrückte, während er die Tage verronnen. Die frische Winterluft mit Rauch zu vernebeln und zu beobachten, wie die kleine Zigarette zwischen seinen Fingern immer kleiner wurde, war seit nun Toms neue und einzige Aufgabe, der er sich widmete. 

Walburga strahlte trotz des ganzen Ärgers und Streits glücklich. Sie hatte Grimaultplatz Zwölf erfolgreich in Brand gesetzt und wärmte sich nun zufrieden an den Flammen. Die Flüche ihres Vaters hielt sie mit Stolz und Sturheit tapfer aus, denn sie wusste, dass sie vorerst gewonnen hatte. 

Am Morgen des 31. Dezembers saß sie neben Tom auf der Bank und folgte seinem Blick über die Themse. Der Fluss schlängelte sich an ihnen vorbei, wie ein schwerer länglicher Körper verteilte er sein Gift in der Stadt. 

"Worüber denkst du nach, Riddle?", ihre Stimme war freundlich. Tom antwortete nicht. Seine Augen verloren sich in der Strömung des Flusses. Ein einzelner Schuh schwamm vorbei.

"Ist es, weil die arrogante Starling nicht auf deine Briefe reagiert?", Walburga konnte ein zufriedenes Glucksen nicht unterdrücken, während sie ganz mitleidig schaute. Ihr Gegenüber zog an der Zigarette und inhalierte den Rauch tief, bevor er ihn wieder losließ.

Tom Riddle auf der Suche nach dem Erben von Slytherin (5. Schuljahr)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt