53. Kapitel: Ein Löwe, ein Rabe und eine lauernde Schlange

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Früh am Samstagmorgen wachte der blasse Junge mit schmerzenden Knochen auf. Feuchter Stein der unterirdischen Kammer hatte sich wie die Eifersucht durch den Umhang bis auf die Knochen des Zauberers hindurchgefressen. Während das Blut noch müde durch seine Adern floss, klopfte die Wut in seiner Brust bereits laut und trieb den Herzmuskel ungeduldig an. Im gleichen Rhythmus wie das rote Hämoglobin bewegten sich die grün schillerden Schuppen der Riesenschlange dicht an dem gähnenden Schüler entlang. Das Tier zischte und der riesige Muskel schleppte den schweren Körper aus seiner Schlafposition. Der Basilisk und der Erbe waren wach und hungrig. Bereit fürs Frühstück.

***

Die große Halle zerbarst am Morgen vor dem Quidditchspiel beinahe vor tosendem Beifall, Kampfschreien und Jubelliedern. Rote und blaue Flaggen hingen von der sonnendurchschienenen Decke und am Gryffindortisch stimmte ein riesiger, zerzauster Junge ein Lied an. Tom, dessen Körper noch immer von der Nacht auf dem Steinboden schmerzte, beobachtete beim Betreten der Halle, wie sich einige der glitzernden Schnipsel in den blonden Haaren von Ava Starling verfingen. Das fünfzehnjährige Mädchen saß in ihrer blauen Quidditchuniform zwischen ihren Teamkollegen. Sie schüttelte die Lockenmähne, doch das Konfetti verteilte sich nur noch mehr. Einzelne reflektierende, rote und goldene Flocken schneiten auf eine blasse Scheibe Toast, die unberührt auf dem Teller vor ihr lag und bis jetzt sehnsüchtig auf Belag gewartet hatte. Ava pustete das Konfetti vom Toast und riss missmutig ein Stück der laffen Kruste ab.

Untypisch, während ihre Mitspieler deutlich wacher und lauter neben ihr vor nervöser Vorfreude zu explodieren schienen. Überheblich und selbstsicher lachten sie und verschlangen Unmengen an Frühstück. Benjamin Bagman, der einen albernen Witz über die Gryffindors zum besten gab, schob Ava eine Tasse Tee zu, während er tosenden Beifall für einen sicherlich sehr schlechten Witz erntete. Die Sucherin lachte nicht. Angespannt umschlossen ihre Finger das warme Porcelan.  Sie nippte an dem Tee, doch zuckte zurück, als das plötzlich siedende Wasser ihre Zungenspitze verbrannte. Mit der ruckartigen Bewegung stieß sie zurück und verschüttete den brodelnden Tee über Bagmans Ärmel. Der Kapitän fluchte laut auf und rutschte reflexartig zur Seite. Andere Ravenclaws sprangen erschrocken auf. 

Tom ließ seinen Zauberstab zurück unter den Umhang wandern. 

Zufrieden schlenderte er am Tisch der Ravenclaws vorbei. Die pickelige, unscheinbare Myrtle Warren, die weit entfernt von der Quidditchmannschaft saß, haftete mit ihren Glupschaugen wie Kaugummi an jedem von Toms Schritten. Er schenkte Myrtle ein kühles Lächeln, dass die Pusteln auf den Wangen der unbeliebten Ravenclawschülerin rot anlaufen ließ bis sie letztendlich ihren Blick senkte und die dicken Brillengläser zurechtrückte. 

Dann, auf höhe des Ravenclawteams hielt Tom inne, lehnte sich vor und klopfte gönnerhaft auf die Schulter: "Viel Erfolg beim Quidditch." Bagman drehte sich um. Das Strahlen auf seinem Gesicht erlosch, als er realisierte wer da hinter ihm stand. "Ehm... Danke, Riddle.", grunzte er und warf Ava einen fragenden Blick zu, die sich provokant von den beiden Jungen weggedreht hatte. 

"Du weißt ja was man sagt, Glück im Spiel...", während Benjamins Mimik einfror, breitete sich Toms Lächeln maskenhaft auf den ebenmäßigen Gesichtszügen aus. Hannah Thomson, die gegenüber von Bagman saß, lehnte sich vor: "Benjamin, ignorier Riddle einfach." Beide wandten sich von dem Vertrauensschüler ab und auch Tom drehte sich um und ging zufrieden zum seinem Haustisch. Niemand hatte bemerkt, dass sich Bagmans Kürbissaft leicht verfärbt hatte.

Einen Moment später ließ er sich neben Oliver auf die Bank fallen. Das Holz ächzte leise. Im Vergleich zu den anderen Häusern, waren die grün gekleideten Schüler recht ruhig. Man könnte beinahe vermuten, die Slytherins wären noch im Halbschlaf gefangen, hätte man nicht gewusst, dass es die Arroganz gegenüber Ravenclaw und Gryffindor war, die hier im schweigenden Einvernehmen geteilt wurde. Keiner unter Salazars Wappen gönnte einem der anderen Häuser einen Sieg. Selbst der sonst so quidditchverrückte Treiber Oliver Gamp schien etwas desinteressiert.

Tom Riddle auf der Suche nach dem Erben von Slytherin (5. Schuljahr)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt