13. Gute Dinge brauchen Zeit

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Bei ihrer nächsten heimlichen Schwimmübung versuchten die beiden Männer, etwas weiter hinauszuschwimmen.

Als Harry die ersten Schwimmbewegungen machte, zog sein Brustkorb sich unangenehm zusammen, doch er bewegte sich weiter.

Erst, als sie anhielten und er sich umdrehte, sah er, wie weit sie vom Ufer entfernt waren.

Das waren mindestens fünf Meter.

Nackte Panik ergriff Besitz von ihm.

Die Angst umgriff ihn mit ihrer eiskalten Hand und schien ihn förmlich nach unten ziehen zu wollen.

Doch da war kein Grund unter seinen Beinen spürbar.

Nur Wasser.

Erschrocken schnappte er nach Luft und begann, panisch mit den Armen zu rudern.

Immer wieder schluckte er Wasser, während er plötzlich jegliche Schwimmbewegungen vergessen zu haben schien.

Louis reagierte sofort, packte ihn und zog ihn mit sich zurück ans Ufer.

Als Harry auf allen Vieren auf den Strand kroch und den Sand zwischen seinen Fingern spürte, schüttelte seinen Körper ein schrecklicher Hustenkrampf.

Er erbrach einen Schwall Salzwasser, den er geschluckt hatte, und sackte schließlich erschöpft in sich zusammen.

Was für eine einzige Scheiße.

„Geht es dir gut?", wollte Louis aufgeregt wissen, doch Harry winkte lediglich ab.

„Ja", antwortete er, obwohl es gelogen war.

Während er sich hinsetzte, trocknete der warme Wind sanft seine Haare. „Ich werde das nie hinkriegen."

„So ein Quatsch", widersprach Louis. „Du kannst nicht immer nur Fortschritte machen. Das ist völlig normal."

Harry schüttelte resigniert den Kopf. „Du verstehst das nicht", sagte er, „Ich war so gut. Ich stand kurz vor einer Beförderung, bevor dieser blöde Unfall passierte. Jeder in Pazifikflotte kennt meinen Namen. Das ist so verdammt peinlich."

Louis schüttelte energisch den Kopf. „Gute Dinge brauchen Zeit", antwortete er. „Oder hast du auch auf einen Tag so gut schwimmen gelernt?"

Harry seufzte. „Ich verstehe das einfach nicht", klagte er, „Wenn ich draußen im Wasser diese Angst bekomme ... Es ist, als wäre alles ausgelöscht, was ich jemals gelernt habe. Es ist einfach weg."

Louis blickte seinen Freund mitleidig an. „Du hattest einen schweren Unfall, Harry. Du wärst fast ertrunken."

Harry verdrehte die Augen. So genau hatte er Louis seinen Unfall noch nie geschildert, und dabei wollte er es vorerst auch belassen.

„Das Problem war eher, dass das Wasser so kalt war", entgegnete er und beobachtete die Wellen dabei, wie sie gemächlich gegen den Sandstrand schwappten.

„Gib dir selbst etwas Zeit", riet Louis. „Du solltest nicht zu viel von dir erwarten."

„Zu viel?", wiederholte Harry ärgerlich, „Ich erwarte doch nur den absoluten Mindeststandard, den jeder Marinesoldat haben sollte. Wenn ich das nicht bald in den Griff bekomme, wird man mich ausmustern."

„Jetzt mal doch nicht den Teufel an die Wand, „gab Louis zur Antwort und griff sanft nach Harry's Hand. „Wir kriegen das hin."

„Da bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher", seufzte Harry und stand auf.

Während sie zurück zur USS Arizona liefen, schwiegen sie eine Weile, bis Louis die Stille unterbrach. „Ich bin so stolz auf dich."

Sanft griff er nach Harry's Hand und gab ihm einen behutsamen Kuss auf die Stirn. „Und du kannst das ruhig auch sein."
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Meine Lieben,
einen wunderschönen Donnerstagabend wünsch ich euch.
Heute bin ich ein bisschen spät dran, war ein ziemlich stressiger Tag.
Ich hoffe, euch hat das Kapitel trotzdem gefallen.🤍

All the love,
Helena xx

Pearl HarborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt