42. Er schafft das.

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Harry spürte den Aufprall im Wasser.

Er wusste nicht, ob es kalt oder heiß - oder beides gleichzeitig war.

Zuerst breitete sich eine unglaubliche Hitze in ihm aus, die mit nichts zu vergleichen war - dann plötzlich war in und um ihn herum nur noch Eiseskälte.

Er wusste nicht, ob er tot war, oder ob er noch lebte.

Auch dann noch nicht, als er seine Orientierung wiedererlangte und ihm klar wurde, dass seine einzige Überlebenschance darin bestand, unter der Vestal hindurch zu tauchen.

Die Vestal, die neben der sinkenden USS Arizona im Hafenbecken lag.

Nackte Panik streckte ihre grausamen, viel zu langen Finger nach ihm aus.

Er schnappte nach Luft, doch er war umgeben von Wasser.

Langsam sickerte das Bewusstsein dessen, was sich gerade um ihn herum ereignete, zu ihm durch.

Das Bewusstsein, dass all das kein schlechter Traum und auch keine Übung war.

Und doch war da etwas in ihm, das diese Angst überschattete: sein Überlebenswille.

Aber da war noch etwas.

Immer und immer wieder tauchte Louis' Bild zwischen seinen Gedanken auf und die brennende Frage, ob es ihm gut ging.

Ob er in Sicherheit war.

Und so wagte er das gefährliche Manöver, unter der Vestal hindurch zu tauchen.

Gedämpft hörte er noch immer die Schreie der Männer und das Maschinenfeuer.

Trümmerteile, Leichen und einzelne Körperteile trieben im Wasser und trübten seine Sicht.

Er wusste, dass er jederzeit an einem der Hindernisse hängen bleiben konnte.

Das wäre sein sicherer Tod gewesen.

Kräftige Schwimmbewegungen brachten ihn seinem Ziel näher.

Er stieß mit dem Arm gegen ein metallenes Trümmerteil, das scharf war wie eine Rasierklinge.

Harry war allerdings so fokussiert darauf, sein eigenes Leben zu retten, dass er gar nicht bemerkte, wie es ihm eine tiefe Schnittwunde zufügte.

Doch er schwamm weiter.

Er wusste, dass dieses Manöver eine Todesfalle sein konnte.

Vielleicht war sie aber auch seine einzige Chance, dem Inferno auf der USS Arizona zu entkommen.

Oben an Bord der USS Vestal sah der junge Matrose, der Louis an Bord gezogen hatte, verwundert nach unten auf die vom Öl brennende Wasseroberfläche.

Ungläubig riss er die Augen auf. „Ich glaube, er will unter dem Schiff durch tauchen."

Louis schluckte und eilte neben ihn.

Er versuchte in dem ganzen Chaos, das ihn umgab, nach Harry zu suchen und ihn irgendwo im Wasser ausfindig machen zu können.

Doch er fand nichts.

Noch nicht einmal den kleinsten Schatten, die kleinste Spur von dem Mann, den er liebte.

Doch gleichzeitig schöpfte er Hoffnung.

Hoffnung, das Harry stärker war als seine Angst und das waghalsige Vorhaben nicht in einer absoluten Katastrophe endete.

Hoffnung, die ihn sofort zur anderen Seite des Schiffes sprinten ließ, ohne auch nur einen Moment lang mit seinen Gedanken woanders zu sein. Sie gehörten Harry. Zu einhundert Prozent.

Er kannte die USS Vestal nicht wirklich. Er hatte sie lediglich auf ein paar Bildern gesehen und demzufolge überhaupt keinen Plan von deren Aufbau.

Allerdings dauerte es wider Erwarten nur wenige Minuten, bis er auf der anderen Seite des Schiffes ankam und sich entgegen aller Gefahrenwarnungen weit über die Brüstung lehnte.

Die USS Vestal ist aufgrund ihrer etwas vorteilhafteren Lage nur wenig beschädigt, doch auch dort standen Teile in Flammen.

Hoffnungsvoll blickte Louis nach unten und zählte die Sekunden.

„Er müsste längst aufgetaucht sein...", murmelte er viel mehr zu sich selbst als zu den anderen, die auch verwundert und unter Hochspannung auf die Wasseroberfläche starrten.

Louis hätte in diesem Moment alles dafür gegeben, irgendeine Absolution zu haben.

Eine Art von Gewissheit, auch wenn das bedeutete, dass Harry es nicht geschafft hatte.

Die Ungewissheit war schlimmer zu ertragen, als jedes andere Gefühl, das in diesem Moment in ihm wütete.

„Er wird auch nicht auftauchen", gab ein anderer Soldat mittleren Alters neben ihm zur Antwort. „Es ist praktisch unmöglich, in dieser Situation unter einem Schlachtschiff hindurch zu tauchen."

„Nein", sagte Louis mit zitternder Stimme. „Er schafft das."

Und irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm auch, dass es so war.

Harry würde es schaffen.

Er konnte es einfach spüren.

Doch Minuten vergingen, ohne dass Harry wieder auftauchte.

Louis' Hoffnung schwand mit jeder Sekunde, und eigentlich, so dachte er, hätte ihm von Anfang an klar sein müssen, dass Harry keine Chance gehabt hatte.

Doch dann tauchte ein junger Soldat aus dem Wasser auf.

Er rang nach Luft und strich sich das schulterlange, braune Haar aus der Stirn - Harry lebte.

Er blutete, aber er war am Leben.

Louis' Herz setzte einen Schlag lang aus, bevor ihm die Tränen der Erleichterung über die Wangen flossen.

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Hallo meine Lieben,

Ich weiß, es ist sehr harter Inhalt.

Gerne dürft ihr mir eure Meinung in den Kommentaren dalassen - würde mich sehr freuen.

Denkt ihr, ich habe die Tragik der Situation gut umgesetzt? Spürt ihr die Gefühle, die ich euch näher bringen wollte?

Das sind Fragen, die ich mir oft stelle. Gerade bei solchen Themen muss man mit großem Respekt an die Arbeit gehen und ich möchte einfach alles richtig machen. :)

Ansonsten wünsche ich euch einen wunderschönen mittlerweile Montagmorgen und ich hoffe, dass euch das Kapitel trotz der Tragik der Situation gefallen hat.

All the love,

Helena xx

Pearl HarborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt