28. Ein bisschen subtiler

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Wenig überraschend wurde Louis also wenig später zu einem Gespräch mit Sergeant Johnson zitiert.

Er ließ sich seinem Vorgesetzten gegenüber nieder und verschränkte die Arme.

Natürlich war ihm klar, weshalb er ihn sprechen wollte.

Und natürlich war ihm auch klar, dass Johnson wusste, dass Louis Informationen hatte, an die er eigentlich gar nicht kommen konnte.

„Kann es sein, dass du etwas mit den verschwundenen Akten aus dem Archiv zu tun hast?", fragte er ihn direkt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

Louis schüttelte den Kopf. „Warum sollte ich das tun?"

„Oh, bitte", gab Johnson ironisch zurück. „Wir müssen uns hier nichts vormachen. Ich weiß, dass du Harry offenbar ziemlich nahe stehst..."

Louis schluckte.

Ein falsches Wort und er würde auffliegen.

Schließlich verdrehte er die Augen und bemühte sich, dabei möglichst entspannt auszusehen. „Und?"

Johnson lehnte sich nach vorne und sah ihm scharf in die Augen. „Seltsam, dass dann ausgerechnet seine Akte verschwindet...", schlussfolgerte er, „Und dann dieser freche Kommentar heute Nachmittag. Ich könnte dich sofort versetzen lassen."

Wieder zuckte Louis locker die Schultern, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug. „Sie können mir gar nichts nachweisen."

Johnson grinste. „Also gibst du zu, dass du es warst?"

„Das habe ich nicht gesagt."

Johnson antwortete nicht sofort.

Er schien kurz zu überlegen, wie er antworten sollte.

Schließlich entschied er sich, ihn weiter auszufragen.

„Wie kommt es also", wollte er wissen, „Dass ausgerechnet du, der eine so vertraute Bindung zu Harry hat, solche Dinge vom Stapel lässt, wenn du die Akten doch gar nicht kennst?"

Louis drehte den Spieß um. „Haben Sie sich denn etwas vorzuwerfen?"

Empört schnappte Johnson nach Luft. „Diese Frage ist eine Frechheit."

„Das, was Sie getan haben, ist eine Frechheit", entgegnete er, ohne mit der Wimper zu zucken.

Natürlich hätte ihm eigentlich klar sein müssen, dass er die Sache mit solchen Äußerungen nicht unbedingt wieder geraderückte.

Aber er war ein Mann, der sagte, was er sich dachte. Das war schon immer so gewesen.

Er hatte sich noch nie sonderlich viel gefallen lassen, schon gar nicht, wenn es um die Menschen ging, die er liebte.

„Also doch", zischte Johnson. „Woher hast du die Akten?"

„Ich habe keine Akten", log Louis weiter. „Das müssen Sie mir erst einmal beweisen."

Fassungslos schüttelte Johnson den Kopf. „Das werde ich auch, glaub mir das", gab er zurück, jetzt zornig. „Du hättest dir besser vorher überlegen sollen, ob du dich in solche Angelegenheiten einmischst."

Louis spürte, wie die Angst ihre eiskalten Finger um ihn legte, doch er ließ sich nichts anmerken. „Denken Sie, Sie machen mir Angst?"

Sergeant Johnson belächelte sein Gegenüber nur. „Ich kann mir wirklich nicht erklären, wie du es mit einer dermaßen respektlosen Art und Weise überhaupt in die Marine geschafft hast."

„Ich bin nicht respektlos", gab Louis zur Antwort. „Ich kann es nur nicht leiden, wenn Menschen nicht zu den Fehlern stehen, die sie gemacht haben, obwohl dadurch Menschen ernsthaft zu Schaden gekommen sind."

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