5. März 1820
Nordsee vor Englands Küste"Be careful what you wish for, lest it come true."
- Aesopˋs fablesJack Rackham
Jack lag in seiner Hängematte und starrte finster zu den breiten Balken des Decks hinauf, über denen die Mannschaft emsig ihren Aufgaben nachging.
Das Geräusch dumpfer Schritte vermischte sich mit dem Rauschen der Wellen, die pulsierend gegen den Bug schlugen."Lass mich nochmal zusammenfassen: Er weiß, dass die Mannschaft unzufrieden ist. Die Lager sind leer, im Vorrat ist nichts mehr weiter als ein Sack mit trockenem Hafer und ein schimmliges Fass mit Wasser, dann entdeckt er ein Schiff am Horizont, ein französisches Schiff."
"Eine Galeone", fügte Jonah mit seiner tiefen melodischen Stimme hinzu.
"Eine verfluchte französische Galeone, die so tief im Wasser liegt, dass sie vor Reichtum beinahe unterzugehen scheint. Der Wind steht uns im Rücken." Ben machte eine bedeutungsvolle Pause. "Und er gibt nicht den verfickten Befehl zu Entern?"
Seine Stimme wurde laut. "Erklär mir das, Jack! Zum Henker noch eins!"Jack schloss genervt die Augen.
Er drehte die Enden seines bunten Halstuchs, das aus weicher Calicobaumwolle bestand, zwischen Daumen und Zeigefinger seiner Hände.
"Länge läuft, Breite gleitet, je tiefer der Schwerpunkt, desto schneller das Schiff", wiederholte er seine gelogenen Worte von zuvor. "Sie wären uns einfach davon gefahren. Hätten uns wahrscheinlich noch ausgelacht.""Das hast du dir doch ausgedacht!"
Bens Stimme überschlug sich, während der kleine blonde Mann weiterhin aufgebracht vor Jack auf und ab lief. "Es war das erste Schiff, auf das wir seit zwei Wochen gestoßen sind. Wie lange sollen wir noch auf unsere Prisen warten?""Beruhig dich, Ben!", raunte Jonah.
"Es bringt nichts, wenn du dich so aufregst." Der ehemalige Sklave lehnte sich vor.Jack konnte den Hauch gespannter Erwartung aus seiner Haltung herauslesen, der allen anderen entgangen wäre.
Er hatte keine Ahnung, was er seinen Freunden als weitere Erklärung liefern sollte, das nicht noch mehr an den Haaren herbeigezogen klang, als die Wahrheit: Charles Vane war ein alter, verbrannter Feigling!Als Jack nicht antwortete, sondern lediglich damit fortfuhr, die Enden des Stoffes zwischen seinen Fingern zu zwirbeln, warf Ben aufgebracht die Hände in die Luft.
"Ihr lügt doch. Du und Vane. Alle beide. Wir hätten sie eingeholt. Du warst selbst Feuer und Flamme. Ich habe das Funkeln in deinen Augen gesehen, als du durch das Fernrohr geschaut hast. Du hättest den Befehl zum Entern gegeben, Jack!"
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Dust and Water
Historical FictionWir schreiben das Jahr 1801, als in England die junge Anne Bonny als uneheliche Tochter eines Richters das Licht der Welt erblickt. Verstoßen und geächtet von der Stadtgemeinde, flieht sie als sie älter wird und lernt auf ihrer Reise Jack Calico ken...