Jeder begeht Fehler

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05. Mai 1821
Irgendwo auf dem Ozean

„Menschen machen Fehler. Fehler machen Menschen."
~ Erhard Horst Bellermann

"~ Erhard Horst Bellermann

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Anne Bonny

Der Shipdoctor war ein mittelalter Mann mit krausem, grauen Haar, das ihm in sämtliche Richtungen abstand. Wie ein wahnsinnig gewordener Giftmischer, der Tag und Nacht mit seinen Philolen experimentierte.
Nachdem er sich ihr als Bernard Casterly vorgestellt hatte, hatte er sich ihre Unterlippe angesehen. Dabei war er ihrem Gesicht so nahe gekommen, dass sie seinen Alkohol geschwängerten Mundgeruch wahrgenommen und daran zu zweifeln begonnen hatte, dass er auf seinem Posten richtig eingesetzt war. Als er ihr dann mit zitternden Händen das Blut abgewischt und mit einer Tinktur aus Hirtentäschel und Ingwer beträufelt hatte, war sie sich vollends sicher gewesen, dass Calico fahrlässig sein musste, einen solchen Mann als Arzt auszuerwählen.

Wer solch unruhige Finger besaß, dem sollte man besser keine Nadel und Faden reichen, sobald es zu einer echten Kaperung kam und Fingerkuppen-tiefe Wunden genäht werden mussten.

Sie verzog das Gesicht, als er Winston bei der Nase packte und die Knochen an die richtige Position zurückschob. Ein ekelerregendes Knacken ertönte, gefolgt von einem schmerzerfüllten Aufschrei und frischem Blut, das über seine Lippen und sein Kinn lief.
Immerhin schien Casterly sich tatsächlich mit Brüchen auszukennen.

Sobald er in einem teppichverhangenen Nebenraum verschwand, um nach einem weiteren Patienten zu sehen, konnte Anne nicht mehr länger an sich halten. „Sicher, dass der weiß, was er tut? Wie ein echter Arzt wirkt er nicht auf mich", meinte sie leise an Winston gerichtet.

Dieser antwortete in nasalem Tonfall: „Ist er auch nicht. Berni hat früher als Metzger gearbeitet. Er hat sich der Searose angeschlossen, nachdem seine Frau gestorben war und er keinen Sinn mehr darin gesehen hatte, am Festland zu verweilen, weil ihn dort alles an sie erinnerte. So gesehen ist er ein armer Tropf."

„Ein Metzger der als Shipdoctor angestellt ist? Wäre er nicht besser in der Kombüse aufgehoben?" Verständnislos schüttelte sie den Kopf und stand von ihrer Pritsche auf, auf der sie zur Behandlung hatte Platz nehmen sollen.

„Mitnichten. Einen solchen Grobmotoriker braucht es in der Küche nicht."

„Aber eure Wunden nähen lasst ihr ihn? Und das mit diesen zittrigen Händen! Der sticht doch zehnmal daneben, bevor er die richtige Stelle erwischt."

„Aber er kennt sich mit Knochen und Blutungen aus." Mit einem auf die Nase gepresstem Leinentuch wandte er sich dem Ausgang zu. „Kommst du? Wir sollten zurück und sehen, ob Blackwood uns schon vermisst. Wird langsam Abend. Die Mägen der Männer knurren sicher schon."

Dust and Water Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt