Einhunderfünfzig Schwänze

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29. Dezember 1821
Lanzarote

„Ein Todesurteil ist das einzige, worum sich noch keiner beworben hat."
~ Henri Stendhal

"~ Henri Stendhal

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Calico Jack

Die Gedanken in seinem Kopf überschlugen sich wie die wirbelnde Strömung, die eine brechende Welle nach sich zog.

Custerly und seine störrische Besserwisserei.

Read, die sich mit allen Mitteln Gehör hatte verschaffen wollen, deren Gesuche er aber irgendwann zu ignorieren begonnen hatte.
Das Bild von halbtoten Männern, das sie in seine Vorstellung gezaubert hatte. Männer, deren Gesichter verwesten, obwohl das Herz noch in ihren Körpern schlug.

Und dann seine Sorge um Anne.

Anne, die so liebevoll mit einem jeden ihrer Vertrauten umging, sich um Theodore kümmerte, als wäre er ihr eigener Bruder.

Anne, die ihn des Nachts ins Paradies trug.

Anne, deren vor Furcht geweiteten Augen zu ihm aufblickten, als vermochte er all ihre Ängste und Zweifel zu nehmen, während sie durch den Sand zurück in die kleine Ortschaft liefen.

Verflucht, verflucht, verflucht.

Er musste seine gesamte Mannschaft aus den Schößen irgendwelcher Freudenmädchen herausreißen. Alle einhundertfünfzig Männer. Und das so unauffällig, dass niemand Verdacht schöpfen würde, dass sie eine Seuche auf die Insel gebracht hatten, an der ein Großteil der Bevölkerung womöglich sterben würde. Wenn die Wahrheit ans Licht kam, würde man eine Hetzjagd auf sie veranstalten. Man würde die Searose in Brand stecken und den Flammen überantwortet auf den Ozean hinaus schicken, wie man es mit Pestschiffen tat.

Er massierte sich die Schläfen. Es half nicht. Überwältigt blieb er stehen. "Anne ..."

Sie wandte sich zu ihm um. "Was ist?"

"Niemand darf von der Krankheit erfahren, ehe wir nicht alle an Bord sind. Die Hafenmeisterei wird sonst unser Schiff beschlagnahmen."

Ihre Augen waren in diesem Moment klar wie Bergseen. Er sah ihr an, dass sie verstand.  "Wir können nicht in jedes einzelne Bordell der Stadt gehen und heimlich jedes Besatzungsmitglied aufstöbern", hielt sie fest.

"Aye!" Er setzte sich wieder in Bewegung. Sein Blick heftete sich auf die Fregatte, die beinahe unschuldig im letzten Licht des Tages auf dem Wasser des Hafenbeckens ruhte. Die gerefften Segel und das leere Deck verliehen ihr beinahe den Eindruck, als würde sie Winterschlaf halten. "Wir werden sie zu uns kommen lassen. Und dabei hoffen, dass es zu keinem weiteren unerwünschten Austausch von Körperkontakt kommt."

Es dauerte eine gute halbe Stunde, um zum Pier des Hafens zu gelangen, ein Beiboot zu ergattern und überzusetzen. Die Dunkelheit senkte sich bereits über die Stadt und warme Lichter hießen all die nach Liebe suchenden Seelen herzlich willkommen. Der Anblick beschwor jedoch ein gänzlich anderes Gefühl in Jack herauf, als noch vor ein paar Tagen, als sie in den Hafen eingelaufen waren.

Dust and Water Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt