Frei wie die Möwen

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„Die Flucht kennt keine Grenzen."
~ Otto Baumgartner-Amstad

21. Februar 1821
London

 Februar 1821London

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Anne Bonny

Kleine Knopfaugen gleich der einer Ratte starrten sie an.
Nervös wandte sie den Blick ab, richtete ihn lieber auf ihre im Schoß gebetteten Finger, die mit einem schlecht verarbeiteten Stofffaden spielten.

Sie wollte ihn nicht ansehen.
Sie konnte nicht.
Dann hätte sie wieder an die Zukunft gedacht, die sie erwartete. Die Zukunft, die sie seit Wochen in ihren Alpträumen heimsuchte. Wieder und wieder.

Edgar Cavendish saß ihr gegenüber, musterte sie auf die gleiche Weise, wie ein Jäger es mit seiner Trophäe tun würde.
Und das ekelte sie an. Übelkeit tänzelte durch ihren Magen, kroch ihre Speiseröhre hinauf und ließ sie froh darüber sein, dass sie noch nichts gegessen hatte.

Süßlich duftendes Gebäck stand zwischen ihnen auf einem gläsernen Tisch.
Daneben drei Tassen aus hellrosa Porzellan gefüllt mit schwarzem Tee.

Die große Standuhr tickte im Hintergrund und raubte Anne beinahe den Verstand.
Wieso sagte denn niemand etwas und durchbrach endlich diese furchtbare Stille?

William Bonny thronte neben ihr auf seinem ledernen Sessel, die Beine übereinandergeschlagen und die Arme auf den Lehnen abgelegt.

Anne atmete den Geruch seines Parfums ein, das die Note von Sandholz trug.
Vorsichtig linste sie aus dem Augenwinkel zu ihm hinüber, beobachtete wie er sich elegant nach vorne beugte, seine Tasse griff und sich mit ihr in den Fingern wieder zurücklehnte.
„Also", setzte er dann räuspernd an, was Anne dazu brachte lauter als beabsichtigt aufzuatmen.

Edgar Cavendish' Brauen, die fetten Raupen ähnelten, hoben sich, doch ehe er eine Frage an seine Verlobte richten konnte, fuhr William fort: „Wann gedenken Sie die Feier abzuhalten? Ich habe mich bereits um ein angemessenes Kleid für meine Tochter bemüht und ihre Mitgift bereitgelegt."

Die Knopfaugen wanderten weiter, legten sich auf das schmale Gesicht seines zukünftigen Schwiegervaters. Absurd wenn man bedachte, dass die beiden das gleiche Alter teilten.
„Bald schon, bald schon", räumte er ein, die Stimme quakend wie die einer Kröte.
Einer hässlichen.

Bei Gott, Anne wollte weinen bei der Vorstellung schon bald den Nachnamen dieses Trolls tragen zu müssen.
Genau das war er. Ein Troll. Grässlich wie die Nacht, innerlich und äußerlich.

Sein graues Haar stand ihm wirr vom Kopf ab, die speckige Haut glänzte vom Schweiß, obwohl es in dem Wohnraum nicht einmal warm war.
Die dickliche Wanst ließ sich auch durch das weitere Hemd nicht kaschieren und auch nicht von der teuren Jacke verstecken, das er darüber trug.

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