Bis in den Tod

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30. Oktober 1821
Ratnagiri

„Dann ist es Zeit zum Kampf, wenn es so steht, dass ohne Kampf der Tod sicher, mit Kampf nur das Leben in Gefahr ist."
~ Aus Indien

Samuel Cherleton

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Samuel Cherleton

Zu lange. Gott verdammt, sie brauchten viel zu lange.

Sein Herz donnerte in seiner Brust, während er an der Reling stand und den Blick starr auf das Stück blauen Himmels gerichtet hielt, in dessen Richtung die Stadt liegen musste.

Seit dem Moment, in dem Anne mit all den anderen das Deck der Searose verlassen hatte, kreisten seine Gedanken unaufhaltsam um sie. Nur um sie. Nicht um die anderen. Die waren ihm egal.

In seinem tiefsten Inneren hoffte er sogar, dass eine bestimmte Person dieses Schiff gar nicht erst wieder betreten würde, selbst wenn dies zunächst einmal Chaos nach sich ziehen würde.

Er hasste Jack Calico. Mit jeder Faser seines Daseins. Einst hatte er ihn geliebt, für die Chance, die er ihm gegeben hatte. Dass er ihn mit einem bedeutungsvollen Posten betraut hatte. Für die Möglichkeit auf ein neues Leben, auf mehr Abenteuer, auf die grenzenlose Freiheit.

Doch je mehr Zeit vergangen war, desto mehr hatte er begonnen zu begreifen. Die Erkenntnis zerriss sein Herz jedes Mal ein kleines bisschen mehr, wenn er Anne sah und sie dabei beobachtete, wie verliebt sie Jack betrachtete.

Er hasste ihn, weil er sich an seine Stelle wünschte. Und er verfluchte sich selbst, weil er an seiner Stelle gewesen wäre, hätte er Anne nicht von sich gestoßen, nachdem ihre Körper sich miteinander vereint hatten. Damit hatte er sie direkt in Jacks dreckige Arme getrieben. In Hände, die ihr wehtaten, die ihr blaue Flecken zufügten und die sie immer weiter von ihm wegzogen.
Ja, verdammt, dieses Schwein namens Calico hatte sich wie ein Keil zwischen sie getrieben und es wäre Samuel nur recht gewesen, wäre er in diesem waghalsigen Unterfangen gestorben.

Samuel wäre da gewesen, um Anne aufzufangen, um ihre Tränen fortzuwischen und ihr gebrochenes Herz wieder zusammenzusetzen. Stück für Stück. Er wäre mit ihr von Bord gegangen, sobald sie Bombay wieder erreicht hätten und hätte dort mit ihr dort erneut ein neues Leben begonnen. Und wenn ihr Kind das Licht der Welt erblickt hätte, dann hätte er es großgezogen, als wäre es sein eigenes. Selbst wenn es die schwarzen Augen seines Vaters bekommen hätte, hätte er es geliebt, als wäre es das seine. Weil er Anne liebte. Ja ... ja, verdammt, er liebte sie. Er liebte sie so sehr, wie er Jack hasste. Bis in den Tod.

Schließlich erweckte etwas seine Aufmerksamkeit und ließ ihn all die Vorstellungen um eine gemeinsame Zukunft mit Anne in die hintersten Ecken seiner Gedanken zurückdrängen.
Es war kein Leuchtfeuer. Dafür war es mittlerweile zu hell. Stattdessen stiegen dunkle, schwarze Rauchwolken den Himmel empor und legten sich wie ein Teppich aus Finsternis über die Stadt.
Ein Zeichen. Das war ihm sofort bewusst. Sie brauchten Hilfe. Anne brauchte Hilfe.

Dust and Water Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt