05. April 1821
Harwich„Abenteuer ist nur ein romantischer
Ausdruck für Schwierigkeiten."
~ Peter BeckerAnne Bonny
Eine dichte Wolkendecke überzog den Himmel und verhinderte das Durchdringen der warmen Sonnenstrahlen beinahe vollständig.
Über dem sanft rauschenden Meer lag eine Nebelwand, welche alles verschluckte, das sich weiter als zehn Fuß entfernt vom Hafen befand.Anne legte den Kopf in den Nacken und musterte das Grau. Es sah nicht nach Regen aus, sondern eher nach einem typischen Frühlingsmorgen in England.
Zum Glück.
Sie hatte vom Ozean nicht unbedingt mittels einem Sturm begrüßt werden wollen.
In diesen Genuss konnte sie ruhig erst in einem Jahr kommen. Oder in zwei. Oder niemals.
Schaudernd erinnerte sie sich für einen Moment an Geschichten, in welchen Schiffe mitsamt ihren Besatzungen von meterhohen Wellen ins Verderben gerissen worden waren.Sie schüttelte sich, als könnte sie damit die grausigen Vorstellungen abwerfen.
Heute war kein Tag, um sich um derlei Dinge Gedanken zu machen.
Heute war ein Tag, um sich zu freuen, denn sie hatte es geschafft.Ihr Blick wanderte über die anderen Wartenden, die ihre Aufmerksamkeit allesamt auf die Searose richteten, was ihr in die Karten spielte.
Sie brannte nicht darauf von Samuel entdeckt zu werden, bevor auch sie auf den Planken der riesigen Fregatte stand.Die Schlange schien endlos lang zu sein. Nur schleppend ging es voran.
Oberhalb der schmalen Brücke, die an Deck führte, standen zwei Piraten, welche die vorhandenen Verträge unter Augenschein nahmen, bevor sie die neuen Crewmitglieder gewähren ließen.Mit ihren vor Nervosität zitternden Fingern zog sie das Schriftstück aus ihrer Manteltasche, das Scarlett ihr in der vergangenen Nacht ohne das Wissen Calicos ausgehändigt hatte.
Sie blieb kurz an der Unterschrift hängen, die beinahe schon zu filigran und schön geschwungen für einen Kerl aussah. Vor allem für einen Bäckerssohn.
Doch auch hier hatte Fortuna ihr zur Seite gestanden. Ein Glück war Scarlett so betrunken gewesen, dass er sich weder gefragt hatte, warum ein Jüngling aus ärmlichen Verhältnissen das Schreiben beherrschte, noch weshalb ein jener die Feder so ordentlich hatte führen können.Noch ein Schritt.
Beständig näherte sie sich ihrem Ziel. Ihre Handflächen wurden zunehmend schwitziger. Sie zog sich die Kappe tiefer ins Gesicht.Zwei weitere Schritte.
Nun konnte sie auch die beiden Männer erkennen, welche die auf Papier festgehaltenen Abkommen überprüften.
Jonah und Scarlett. Wie wunderbar passend. Sie würde sich einfach links halten und dem rattengesichtigen Mann ihren Vertrag überfliegen lassen.
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Dust and Water
Historical FictionWir schreiben das Jahr 1801, als in England die junge Anne Bonny als uneheliche Tochter eines Richters das Licht der Welt erblickt. Verstoßen und geächtet von der Stadtgemeinde, flieht sie als sie älter wird und lernt auf ihrer Reise Jack Calico ken...