Kapitel 5

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In einem Moment flog sie noch durch die Luft und spürte den Wind unter ihren Armen und im nächsten Moment war da ein fester Untergrund.

Hatte sie es geschafft? Es hatte gar nicht weh getan.

Verwirrt sah sie sich um und blickte in tiefschwarze Augen, die sie musterten.

Es waren schöne Augen, das konnte sie nicht leugnen.

Aber sie erkannte auch sofort, dass diese zu einem Vampir gehörten.

Sofort begriff sie, dass ihr Versuch abermals gescheitert war.

Die Vampire waren ihr wieder einen Schritt voraus gewesen.

Sofort verdunkelte sich ihre Stimmung. Sie hatte ihr einzige Chance vertan.

Eine stumme Träne löste sich aus ihren Augen und dann ergab sie sich ihrem Schicksal.

Sie kämpfte sich aus den Armen und stellte sich neben den Fremden.

"Willst du dich nicht bedanken?", fragte dieser vorwurfsvoll.

Sora lachte sarkastisch auf und bedachte den Fremden mit einem finsteren Blick.

Dabei blieb sie einen Moment zu lange an seinen markanten Gesichtszügen und den Bartschatten hängen.

"Ich habe nicht um Hilfe gebeten."

Bedrohlich machte der Fremde einen Schritt auf sie zu und Sora straffte ihre Schultern für eine aufrechte Haltung.

Sie hatte Schlimmeres erlebt, redete sie sich ein.

Aber ehe etwas geschehen konnte, bogen Matteo und ein weiterer Fremde um die Ecke, der dem ersten etwas ähnlich sah. Er hatte dieselben schwarzen Haare, aber dafür leuchtend blaue Augen. Die beiden fremden hatten eine sehr starke Aura und sie überschatteten sogar die von Matteo. Sie musste es hier mit sehr mächtigen Vampiren zu tun haben.

"Oh.. ihr habt also schon Bekanntschaft gemacht?", fragte Matteo verwirrt.

Sora hatte jedoch nicht vor die Situation aufzuklären.

Ihr fremder Retter starrte sie weiter mit brennendem Blick an und langsam wurde ihr das unangenehm. 
Sie spürte ein Prickeln am Hals, als sie den Kopf wegdrehte und Matteo ansah.

"Jedenfalls dieses junge Frau ist die Waffe der Werwölfe gewesen. Ihr Blut  verwandelt Vampire unwiderruflich in Menschen zurück. Ich könnte es selbst nicht glauben, wenn ein Frischling von uns sie nicht angegriffen hätte.", räusperte sich Matteo.

"Bring ihn her!", befahl der schwarzäugige aufgebracht.

Matteo verschwand kurz und brachte dann ihren Angreifer vorbei. Dieser lächelte sie entschuldigend an, aber Soras Maske war undurchdringlich und sie ließ keine Emotionen zu.

"Jedes Vampirblut spuckt er sofort aus. Es hat nicht mal mehr eine heilende Wirkung bei ihm.", erklärte Matteo.

Der Schwarzäugige musterte ihn kurz und drehte ihm dann innerhalb von Sekunden den Kopf um.

Der Angreifer sank kraftlos in sich zusammen und blickte Sora aus starren Augen an.

Sie empfand kein Mitleid.

"Was sollte das.", fragte Matteo aufgebracht.

"Ich wollte nur sehen, ob es stimmt.", sagte der schwarzäugige seelenruhig.

"Was machen wir jetzt?", fragte der andere Fremde.

"Wir nehmen sie mit.", bestimmte der Schwarzäugige.

Natürlich wollten sie Sora mitnehmen. Wie sollte es auch anders sein. Die aufkommende Panik versteckte sie hinter ihrer Fassade und versuchte ruhig zu bleiben.

"Mitnehmen?! Aber durch sie könntet ihr getötet werden.", warf Matteo ein.

"Das stimmt, Bruder. Eben..."

"Mir egal, was ich eben gesagt habe. Ich sehe jetzt eine ganz neue Möglichkeit für unsere Familie.", unterbrach der andere Bruder ihn.

Natürlich war ihm bewusst geworden, zu wie viel Macht ihm ihr Blut verhelfen könnte.

Wieso konnte er sie nicht einfach töten?!

Aber anscheinend hatten die Vampire Angst vor ihrem Blut. Sie mussten einer hohen Generation angehören, wenn sie nur durch das Blut getötet werden konnten. Vielleicht bestand ja doch eine Chance darin, dass Sora für sie zu gefährlich war.

"Also meine Erfahrung nach sind die Gefangenschaften immer nur temporär. Am Sichersten wäre es mich endgültig zu töten. Es gibt noch genügend Dosen Blut, die sollten für die meisten Zwecke genügen."

Sora versuchte möglichst neutral zu klingen, aber sie konnte ein leichtes Zittern ihrer Stimme nicht verhindern.

"Ich diskutiere nicht. Wir nehmen sie mit."

Sora ließ enttäuscht ihre Schultern hängen und folgte dann dem schwarzäugigen.

Dieser lief schon ein gutes Stück vor ihr und wurde von Annie begleitet.

Der blauäugige schloss zu ihr auf und stellte sich vor.

"Ich bin übrigens Wotan. Willst du noch irgendwelche Sachen mitnehmen?"

Sora trug noch immer das langärmelige, schwarze Kleid, was für die Temperaturen eher weniger geeignet war.

Doch der andere Bruder wirkte nicht so, als würde ihn das interessieren.

Deshalb schüttelte sie einfach nur den Kopf.

Gerne wäre sie noch länger bei Matteo geblieben. So gut hatte sie noch keiner behandelt. Sie hatte ein eigenes Bad und ein Bett.

Unweigerlich fragte sie sich, wie ihr nächstes Gefängnis aussehen würde.

Wotan schien ja recht nett zu sein, aber der andere Bruder hatte wohl das Sagen.

Wotan öffnete ihr die Autotür und dann nahm sie hinten Platz.

"Wie heißt du denn eigentlich.", fragte Wotan und sie spürte auch den Blick des anderen Bruders durch den Rückspiegel auf sich ruhen.

Doch sie hatte gar nicht vor Smalltalk mit den Brüdern zu führen. Immerhin hatte sich der andere ihr auch nicht vorgestellt.

"Sie heißt Sora.", antwortete Annie nun an ihrer Stelle.

"Sora. Freut mich dich kennenzulernen.", sagte Wotan schmunzelnd.

Das beruhte jedoch nicht auf Gegenseitigkeit. Sie waren nur weitere Entführer und irgendwann nur noch Namen von Leichen.

Es endete jedes Mal gleich mit ihren Entführern.

Hoffentlich waren es beim nächsten Wechsel aber wieder Werwölfe.

Sie fuhren eine ganze Weile und die Sonne stand nun am höchsten Punkt. Damit die Vampire das ertragen konnten, mussten sie wirklich mächtig sein.

Annie hatte sich ihre Sonnenbrille aufgezogen, aber das hielt sie nicht davon ab unentwegt zu schnattern.

Sora hatten die kargen Zellengespräche besser gefallen, doch in Gegenwart der beiden Brüder schien Annie völlig aufzublühen.

"Hast du heute schon etwas gegessen?", fragte Wotan Sora und unterbrach dabei Annie in ihrem Redefluss.

"Ich habe keinen Hunger.", antwortete sie finster, obwohl ihr Magen sie Lügen strafte. Die letzte Mahlzeit bestand tatsächlich aus einem belegten Brötchen.

"Das war nicht meine Frage.", entgegnete Wotan.

"Nein habe ich nicht.", zischte Sora und biss dabei fest auf ihre Zähne.
Wieso ließ er sie nicht einfach in Ruhe.

"Dann sollten wir an der nächsten Raststätte mal halten, Bruder."

Dieser nickte knapp, beteiligte sich sonst allerdings nur knapp an Annies Konversation.

Kurze Zeit später hielten sie dann an einer kleinen Raststätte. Das Restaurant sah hübsch aus und war vermutlich sehr teuer. Aber das sollte ja nicht Soras Problem sein.





Broken Mate - Der HeilungsfluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt