Kapitel 4

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Die Sonnenstrahlen kitzelten Sora und wärmten ihr Gesicht.

Zum ersten Mal seit Ewigkeiten lächelte sie und blickte der strahlenden Sonne entgegen. Es gab wohl keinen schöneren Tag, um zu sterben.

Sora ging zu dem schlichten Kleiderschrank und wählte ein schönes schwarzes Kleid mit langen Ärmeln aus. Dann wusch sie sich und kämmte ihre Haare ordentlich zurück.

Sie lauschte, aber im Haus war noch alles still. Die eher nachtaktiven Vampire würden ihren Tod erst viel zu spät bemerken, wenn alles gut ging.

Das Haus hatte hohe Decken und ein Sturz aus diesem Fenster sollte ausreichend sein, um ihren Tod zu verursachen. Zur Sicherheit schnappte sie sich aber noch die Schere und kletterte dann auf das Fensterbrett.

Das letzte was sie sehen wollte war der Himmel. Deswegen drehte sie sich einmal um und blickte dann in den wolkenlosen, blauen Himmel.

Sie hatte es immer geliebt draußen zu sein und nun war sie froh, dass sie ihr Leben nicht bereits in einem schmuddeligen Keller beendet hatte. Hier hatte sie nochmal eine Henkersmahlzeit erhalten und einen Moment des Friedens genossen.

Mit Blick nach oben machte Sora einen Schritt zurück und spürte, wie sie den Halte verlor.

Sie stürzte und genoss dabei den Wind in ihren Haaren. Sie hatte es geschafft, jetzt war sie wirklich frei.

--------------Taric--------------

Taric rammte seine Zähne in den Hals des Jünglings und trank ihn bis zum letzten Tropfen aus.

"Kannst du dich nicht einmal zügeln, Bruder? Jetzt müssen wir die Leiche wieder entsorgen.", maulte Diana.

"Dafür gibt es doch die zwanzigste Generation.", antwortete Taric gelangweilt.

Wozu hatte er schließlich so viele Vampire verwandelt? Sie sollten sich erkenntlich zeigen und ihm dienen. Doch schon lange hatte Taric bemerkt, dass die neue Generation an Vampiren nicht mehr so ehrfürchtig war, wie die Vorgänger.

Früher hatten sie ihn verehrte. Er war ihr König gewesen, aber mittlerweile waren es einfach zu viele Vampire geworden. Er hatte den Überblick verloren und wenn er ehrlich war, dann langweilten ihn seine Schützlinge nur noch.

Er hatte schon längst die Freude an den einfachen Dingen verloren und nur Wenige schafften es sein Interesse zu wecken. Anfangs hatte er noch den Sinn in seinem unendlichen Leben gesucht, indem er die Welt von den Druiden befreite und die Hybride bei sich aufnahm. Aber dieser  schier unendlichen Aufgabe war er nicht gewachsen gewesen. Deswegen hatte er seine Macht noch mit weiteren Anhängern geteilt und diese wiederum hatten ihre Macht ebenfalls wieder geteilt.

So entstanden die verschiedenen Generationen von Vampiren. Eine schwächer als die Andere. Nur er war noch stark und hatte seit Ewigkeiten keinem mehr sein Blut geschenkt. Es war einfach zu mächtig und er missgönnte Anderen diese Macht.

Denn langsam wurden seine Geschöpfe aufmüpfig. Es gab Vampire die es doch tatsächlich wagten, gegen ihn zu rebellieren und nach Möglichkeiten suchten ihn zu töten. Dabei suchten sie sogar bei Druiden nach Verbündeten.

Dabei sollten seine Geschöpfe doch die Druiden auslöschen.

Aber Taric hatte versagt. Noch immer spürte er unentwegt den Blick seines Vaters auf sich, der ihn verhöhnte.

Tarics Hand verkrampfte vor Zorn und die Fingernägel hinterließen blutige Spuren in seiner Handfläche.

Nein, er würde sie nicht damit davonkommen lassen. Er würde sie alle vernichten und dafür brauchte er Kraft. Deshalb  nährte er sich von einem wehrlosen Wesen nach dem Anderen und empfand dabei auch kein Mitleid.

Das hatte er schon vor Jahrhunderten abgelegt. Menschen dienten der Nahrung und nicht zu mehr.

Es hatte eine Zeit gegeben in dem er unter den Menschen seine Seelenverwandte gesucht hatte,  aber nachdem all seine Geschwister ihre gefunden hatten und nur er noch übrig blieb, hatte er aufgegeben.

Das war die Strafe für sein unnatürliches Leben, er hatte keine Seelenverwandte und damit auch keine Liebe verdient.

Deshalb fing er an die Menschen zu hassen und zu verachten. Jetzt waren sie für ihn nur noch als Nahrungsquelle geeignet.

"Matteo hat Annie gefunden und wie vermutet, waren die Werwölfe wirklich im Besitz eine gefährlichen Waffe. Er hat sie mitgenommen, wir sollen sie uns angucken.", erklärte sein Bruder Wotan, als er den Salon betrat.

"Wieso zerstört er sie nicht einfach. Ich habe besseres zu tun."

"Das geht wohl nicht.", antwortete er schlicht.

Genervt stöhnte Taric auf. Alles musste man selbst tun.

Wenn Matteo kein treuer Vampir der dritten Generation gewesen wäre, hätte Taric vermutlich eine Falle gerochen.

Er war nahezu paranoid was das anging und roch bei allem eine Verschwörung gegen sich.

"Kommt Lars auch mit?", fragte Taric.

"Du kennst doch Lars."

Nach dem Verlust seines Mates vor einigen hundert Jahren, war er nicht mehr der selbe und verbrachte die Zeit lieber mit sich alleine. Angeblich wohnte er noch im selben Haus, aber Taric hatte ihn schon Monate nicht mehr gesehen.

Taric schnappte sich seinen schwarzen Mantel und folgte dann Wotan zum Auto.

Sie hatten eine weite Fahrt vor sich. Matteo hatte die Waffe außerhalb von New York in den Hamptons in einem Safehouse untergebracht.

Wegen der Waffe alleine wäre Taric aber wahrscheinlich dennoch nicht aufgebrochen.
Viel mehr lag es an Annie. Die Vampirin der sechsten Generation hatte seine Aufmerksamkeit geweckt und sie hatten schon einige schöne Stunden miteinander verbracht.

Das hatte zwar nicht gereicht, um sich selbst für ihre Rettung zu bemühen, aber er hatte sie immerhin in Auftrag gegeben.

Als die Sonne langsam aufging näherten sich die beiden Vampire dem Haus und sie stiegen langsam aus.

Taric war auf der Fahrt immer unruhiger geworden und plötzliche Kopfschmerzen plagten ihn.

Es war als wollte ihn sein Körper von diesem Ort fernhalten, aber Taric war stur.

Er hatte diese Fahrt nicht auf sich genommen, um jetzt wieder umzukehren.

Genervt stieg er aus und blinzelte gegen die Sonne. Es war ein außergewöhnlich schöner Morgen, normalerweise waren die Tage eher verregnet um dieser Zeit.

Dann spürte er ein plötzliches ziehen in seinem schon toten Herzen und seine Beine setzten sich in Bewegung, ohne dass er es steuern konnte.

Er hielt vor dem Haus an und keine Sekunde später landete eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren und den schönsten blauen Augen auf dieser Welt in seinen Armen.

Überrascht starrte er sie an und kam nicht umher ihre Schönheit zu bewundern. In all den Jahren hatte er noch keine schönere Frau gesehen. Sie duftet fantastisch und etwas regte sich in Tarics schwarzem Herzen.

Doch sie war ein Mensch, ihr hektischer Herzschlag verriet sie.

Broken Mate - Der HeilungsfluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt