Kapitel 16

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Am nächsten Morgen wachte Sora wieder alleine auf und versuchte die Erinnerungen des gestrigen Tages zu verdrängen.

Kühler Nebel hatte sich über die Landschaft gelegt und Sora fröstelte leicht, während sie sich nach dem Duschen anzog.

Ihr Magen knurrte und deshalb ging sie in die Richtung, wo sie die Küche vermutete.

Als sie allerdings am Esszimmer vorbeiging, entdeckte sie einen gedeckten Tisch und einige Familienmitglieder hatten sich bereits dort versammelt.

"Ach, guten Morgen, Sora. Wir wollten dich gerade wecken. Setz dich doch zu uns, Taric hatte heute Morgen schon einen frühen Termin.", begrüßte sie Wotan.

"Komm setz dich neben mich.", bot Diana freundlich lächelnd an.

Dankend nahm Sora das Angebot an und goss sich etwas Tee ein. Ihr Magen fühlte sich noch immer etwas schwach an und sie wollte ihn nicht direkt wieder überfordern.

Taric hatte tatsächlich Wort gehalten und sie konnte kein Fleisch mehr auf dem Tisch sehen. Zwar bereitete ihr Fleisch in der Form von Aufschnitt weniger Probleme, aber sie war dennoch dankbar, dass sie nicht wieder mit ihrem Trauma konfrontiert wurde.

"Wir sind dir übrigens sehr dankbar, dass du hier bist, Sora. Dein Blut bedeutet für Wotan und mich, dass wir endlich Kinder bekommen können. Du hast keine Vorstellung, wie glücklich uns das macht. Deshalb scheue dich nicht, uns um Hilfe zu bitten. Jeder in dieser Familie wird für dich da sein.", sagte Mirella, die ihr gegenüber saß.

"Wieso könnt ihr denn keine Kinder bekommen?", fragte Sora verwirrt nach und biss sich dann auf die Zunge.

Sowas fragte man nicht. Das konnte ein sehr sensibles Thema sein. Aber Mirella wirkte überhaupt nicht verärgert. Sie lächelte Sora weiterhin freundlich an.

"Na Wotan ist doch ein Vampir und die sind dazu verflucht, sich nicht fortpflanzen zu können.", erklärte Mirella nachsichtig.

Aber Sora verwirrte diese Aussage nur um so mehr.

"Aber Vampire können sich doch fortpflanzen.", entgegnete sie stirnrunzelnd.

"Nein, leider wirklich nicht.", antwortete nun Diana traurig.

Verwirrt blickte Sora zwischen Diana und Wotan hin und her, der ebenfalls bekräftigend nickte.

"Oh."

Sora kniff die Augen zusammen und blinzelte die aufkommenden Tränen weg. Sie durfte jetzt nicht zurück denken.

Sie saß hier am Frühstückstisch und die Vergangenheit war nicht mehr real.

"Ich freue mich schon so auf unseren Mädelstag. Hast du einen besonderen Wunsch? Was möchtest du unbedingt machen?", schwärmte Diana.

Die unbehelligte Art von Diana brachte Sora unbewusst zum lächelnd und sie freute sich sehr darauf die Mauern des Hauses zu verlassen.

Auch wenn man sie hier gut behandelte, fühlte es sich dennoch wie ein Gefängnis an.

Sie sehnte sich wieder nach frischer Luft und konnte es kaum noch abwarten.

"Ich freue mich auch.", entgegnete Sora ehrlich.

"Wenn ich darf, würde ich vielleicht nochmal in den Park gehen wollen.", schob sie zaghaft hinterher.

"Natürlich darfst du. Da brauchst du mich doch nicht um Erlaubnis fragen.", sagte Diana lachend.

Doch Sora senkte beschämt ihren Blick. Für sie war das nicht selbstverständlich. Sie hatte immer fragen müssen, bevor sie das Haus verlassen durfte. Freigänge waren im Heim eine Seltenheit.

Nur einmal hatte sie selbst bestimmt einen Weg eingeschlagen und das hatte mit einer Gefangenschaft geendet.

"Oh, Entschuldigung. Ich wollte mich nicht über dich lustig machen. Ich vergaß.", ergänzte Diana ernst.

Beschwichtigend lächelte Sora sie leicht an und biss dann in ihr Käsebrötchen.

Nach dem Essen standen Diana und Sora auf, um das Haus zu verlassen.

Ein Wagen wartete bereits vor der Tür und kutschierte sie in die Stadt.

"Kannst du eigentlich Auto fahren?", fragte Diana neugierig.

"Ja, tatsächlich habe ich das schon mit 16 gelernt. Aber seitdem bin ich leider nicht mehr gefahren. Also vermutlich habe ich es verlernt."

"Ach so schnell verlernt man das nicht. Das ist wie Fahrradfahren. Ich bringe es dir wieder bei."

Jahre lang hatte Sora keinen Gedanken mehr ans Autofahren verschwendet.

Sie war sich sicher gewesen, dass sie dieses Wissen nie mehr gebrauchen könnte.

Aber diese Familie belehrte sie immer wieder eines Neuen.

Sora stimmte Diana zu und freute sich ingesheim sogar schon auf die Fahrstunden.

Selbstständiges Fahren ermöglichte ihr ganze andere Möglichkeiten und wieder ein Gefühl von Freiheit, dass sie so liebte.

Im Shoppingcenter angekommen, liefen sie von Laden zu Laden und parkten ihre Tüten zwischendurch im Kofferraum.

Diana hatte genaue Vorstellungen von Dingen, die Sora wohl brauchte und diese fügte sich ihrem Schicksal.

Sora musste sich kaum umschauen, weil Diana ihr alles in die Umkleidekabine reichte.

Doch Sora störte das nicht. Diana hatte einen ausgezeichneten Geschmack und ihr gefielen die Kleidungsstücke richtig gut.

Die Zeit verging wie im Flug und sie ließen sich hungrig in einem Burgerladen nieder.


Broken Mate - Der HeilungsfluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt