Kapitel 43

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"Den Namen hast du gesagt, als du Luke getötet hast.", stellte Taric fest.

"Weil er Angel getötet hat. Vor meinen Augen.", sagte Sora mit wackeliger Stimme.

Taric blickte sie verstört an und stotterte.

"War... er nicht...?"

"Der Vater? Ja war er. Aber er wollte ein Kind mit diesem Heilungsfluch und den hatte sie nunmal nicht."

Sora spürte die Wut in ihren Adern und sie wünschte sich, dass sie Luke noch einmal töten konnte.

Sie hatte dieses Thema so gut verdrängt, denn das war die einzige Möglichkeit, um damit klar zu kommen. Doch jetzt brach alles wieder über sie hinein. Sie spürte die unendliche Trauer und diesen brennenden Hass. Er war kein bisschen weniger geworden, obwohl sie Luke selbst seine gerechte Strafe zugeführt hatte.

Taric starrte sie einfach nur fassungslos an. Doch dann setzte auch bei ihm die Wut ein.

"Dieser Bastard! Hätte ich das gewusst
... Er ist viel zu glimpflich davon gekommen!", fluchte Taric.

"Das hätte sie nicht zurückgebracht.", sagte Sora traurig.

Mit dieser Erkenntnis verflog die Wut. Ihr Kind war für immer fort und sie hatte es nicht einmal beerdigen können.

"Ich durfte sie nichtmal beerdigen."

Tarics Fäuste waren noch immer geballt und ihn schienen die Worte nur noch wütender zu machen. Er versuchte sich für Sora zu zügeln, aber das gelang ihm nicht wirklich.

Er wusste, dass sie ihn jetzt brauchte und verstand plötzlich, weshalb sie so verletzt war.

"Dann lass uns eine Beerdigung für sie veranstalten.", schlug er vor, während er sie in den Arm nahm.

Sora schluchzte hemmungslos, nickte aber.

In den folgenden Tagen wurde sie völlig von der Trauer übermannt. Sie schaffte es nicht einmal ihrem neuen Kind zu Liebe sich zusammenzureißen. Die Trauer hatte sie so fest im Griff und sie schaffte es nicht zu essen, oder zu trinken.

Ab und an flößte Taric ihr zwar sein Blut ein, aber das würde nicht für zwei Menschen genügen.

Sora wollte sich aufraffen, aber sie hatte das Trauma nicht verarbeitet und nun kam alles schlimmer hervor, als es einmal war.

Taric fühlte sich machtlos und wusste nicht, wie er ihr durch diese schlimme Zeit helfen konnte.

Sora bewegte sich nicht mehr aus ihrem Bett heraus und sprach kaum noch ein Wort mit ihm.

Alle Geschwister waren ratlos.

"Sie braucht einen Psychologen.", riet Aria plötzlich und erntete damit überraschte Blicke.

Das war tatsächlich eine gute Idee. Vielleicht könnte Sora mit ihm reden.

Taric wählte den besten und renommiertesten Psychologen der Stadt und brachte ihn gegen eine gute Bezahlung zu Sora und diese redete tatsächlich mit ihm.

Nach einem zweistündigen Gespräch öffnete sich wieder ihre Tür und Taric konnte ein paar Worte mit dem Psychologen wechseln.

"Sie hat ein schreckliches Trauma erlitten, was nie ganz heilen wird. Aber sie kann den Umgang damit lernen. Das wird nur einige Zeit dauern. Ich kann auch nur ein paar harmlose Medikamente verschreiben, da sie ja aktuell schwanger ist. Aber ich denke, dass eine Beerdigung sie aus diesem tiefen Loch holen könnte. Sie benötigt einen Abschluss."

Dann verabschiedete er sich und Taric stürzte sich in die Vorbereitung. Wenn ihr eine Beerdigung helfen würde, dann würde er dafür sorgen, dass es die beste Beerdigung überhaupt wurde.

Den Tag darauf fanden sich alle im kleinen Garten des Hauses ein und versammelten sich um ein gegrabenes Loch im Boden.

Sora hatte auf einen Stein den Namen Angel geschrieben und legte ihn vorsichtig in die Erde.

"Es tut mir so leid, dass ich dich nicht beschützen konnte. Du bist viel zu früh gegangen und wurdest um dein Leben betrogen. Aber ich verspreche dir, dass ich nicht nochmal versagen werde. Ich verspreche eine bessere Mutter zu werden. Eine die du verdient gehabt hättest.", sagte sie mit tränenerstickter Stimme.

Dann schaufelte Taric frische Erde in das Loch und auf der Stelle pflanzte Sora einen kleinen Lebensbaum.

Der Psychologe hatte Recht gehabt. Die Beerdigung fühlte sich für Sora auf eine gewisse Art befreiend an. Sie hatte sich dadurch verabschieden können und das half ihr beim verarbeiten.

Sie strich sich geistesabwesend über ihren Bauch. Sie hatte eine zweite Chance bekommen und würde nun alles besser machen können.

Danach legte jedes Familienmitglied noch wunderschöne Blumenkränze um den Baum herum. Jeder zollte seinen Respekt und danach gab es Kuchen.

Zum ersten Mal seit Tagen aß Sora und beließ es auch nicht bei einem Stück. Sie schnappte sich direkt ein zweites Stück von dem leckeren Kirschstreusel und damit ließ auch das lästige Magengrummeln nach.

Natürlich waren ihre Probleme jetzt nicht einfach weg, aber sie hatte einen ersten Schritt gewagt und die Therapie war sowieso überfällig gewesen.

Sie hatte Vertrauen zu dem Psychologen und von Woche zu Woche ging es ihr immer besser.
Sie schaffte es sogar wieder zu Lächeln und die Beziehung zu Taric verbesserte sich.

Sie freuten sich gemeinsam auf ihr Kind und richteten bereits das Kinderzimmer ein. Taric ging in seiner Vaterrolle völlig auf und kümmerte sich rührend um Sora. Abends spielte er dem Kind seine Spieluhr vor und er redete in jeder freien Minute mit dem Kind.

Bei dem Geschlecht wollten sie sich allerdings überraschen lassen.

Die Monate vergingen und auch die Vampirausrottungsmission trug langsam Früchte. Sie verzeichneten einen ordentlichen Rückgang in den Zahlen, die sich anfangs nur sehr schleppend verändert hatten. Von Matteo fehlte jedoch noch weiter jede Spur.

Dann war es auch schon so weit und die Geburt stand kurz bevor. Sora hatte ihren vorerst letzten Frauenarzttermin und konnte sich aufgrund der großen Kugel kaum noch bewegen. Taric musste sie bei jedem Schritt stützen und am liebsten blieb sie liegen.

Die Schwangerschaft hatte ihre Spuren hinterlassen und war nicht gerade einfach gewesen. Aber um so mehr freute sie sich auf die Geburt. Sie erinnerte sich nur zu gut noch an dieses berauschende Glücksgefühl.

Broken Mate - Der HeilungsfluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt