training

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„Hast du eine neue Freundin gefunden?" fragte Nate, während wir uns im großen Speisesaal, an einen langen Esstisch setzten. Wir waren alleine, zumindest saß niemand anderes mit uns am Tisch. „Ich denke schon, es wird sich noch zeigen, ob wir Freundinnen werden. Ich habe aber ein gutes Gefühl bei ihr. Sie scheint nett zu sein." antwortete ich.

„Sie ist nett, hat sie dir erzählt, wie wir uns kennengelernt haben?" Er hob seine Hand, um mir Wasser ins Glas zu schütten, welches ich dankbar annahm und antwortete, bevor ich einen Schluck trank. „Ja, hat sie. Schrecklich was ihr passiert ist."

„Das stimmt." erwiderte Nate und schwieg daraufhin. Er war noch nie ein Mann großer Worte gewesen. Dafür hatte er mich, ich sprach immer für uns beide. Das hat sich auch nicht geändert, denn auch jetzt, hatte ich das Gefühl, ein Gespräch zu führen, nur um die stille Leere zu füllen. Früher hatten wir immer scherzhaft gesagt, dass liegt daran, dass ich eine Waage bin. Man sagt zwar immer, Waagen wären total ausgeglichen, bei uns war es aber eher so, dass ich jemanden brauche, der mich ausgleicht. Jemand, der still ist, wenn ich rede, der mich beruhigt, wenn ich wütend werde.

Heute frage ich mich, ob es daran lag, dass Nate und ich uns tatsächlich ausglichen. Er, die dunkle schweigsame Nacht, ich der helle offene Tag. Ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken, schließlich wollte ich nicht wieder, in einen Strudel aus Wut geschleift werden, nur weil ich etwas erfuhr, was ich noch nicht wusste.

Verdrängung wurde zu meiner neuen Tagesbeschäftigung, auch wenn ich Angst hatte, dass meine Mauer, der Gleichgültigkeit, mit jedem Atemzug, bröckliger wurde.

„Möchtest du heute Nachmittag trainieren?" riss mich Nates Frage aus meinen Tagträumen. „Mit dir?" stellte ich die Gegenfrage.

„Ich habe leider keine Zeit, doch ich würde dir Dan und Liam schicken." Er nahm noch einen Bissen, von seinem Gemüse, bevor er das Steak, welches auf seinen Teller lag, aß. Enttäuscht sah ich auf meinen Teller herab und begann ebenfalls das Fleisch zu schneiden. Natürlich hatte er keine Zeit, er war schließlich der verdammte König. „Hey Emilia, sieh mich an." forderte Nate plötzlich und zwickte mein Kinn zwischen seinen Daumen und Zeigefinger ein, was mich zwang, ihn anzuschauen. „Ich wäre wirklich gerne dabei, aber ich muss nochmal die Außengrenzen der Stadt ablaufen, um Schwachstellen vorzubeugen." erklärte er und ich nickte ihm nur zu. Er sah mich streng an, die Falte zwischen seinen Augenbrauen, war tief und sichtbar, als hätte er sich den ganzen Tag gesorgt, also fuhr ich mit meinem Daumen an seiner Stirn entlang und faltete die Haut glatt. „Ist schon okay, ich habe die letzten Jahre mit Adrian und Dan trainiert, ich weiß also, worauf ich mich einlasse." Ich entzog ihm meine Hand und begann wieder zu essen.

„Bisher hat sich Dan immer zurückgehalten, heute wirst du sehen, dass viel mehr hinter ihm steckt, als er dir zu sehen gegeben hat." erklärte Nate und ich konnte es kaum erwarten, Dan kämpfen zu sehen.

Nate brachte mich die Treppen hinauf und führte mich zum Dach. Oben angekommen staunte ich nicht schlecht, als ihr erkannte, dass das gesamte Dach des Schlosses, ein riesiger Trainingsplatz war. Überall standen Männer und Frauen in Trainingskleidung herum und trainierten. Manche kämpften auch, mit verschiedensten Waffen wie Schwertern und Messern, Pfeil und Bogen, manche kämpften ohne Waffen und schlugen aufeinander ein. Ich schaute mich einige Minuten um und entdeckte ein Duo, welches miteinander kämpfte. Es waren ein Mann und eine Frau, welche bereits aus der Nase blutete und am Boden lag. Erschrocken zog ich die Luft ein, als der Mann über ihr stand und mit einem gezielten Schlag gegen ihre Schläfe, die Frau zur Bewusstlosigkeit schlug. Ich wollte bereits hingehen und ihr helfen, als Nate mich zurückhielt und flüstere „Warte ab".

In dem Moment, als der Mann sich hinunterbeugte, um der Frau zu helfen, trat sie mit ihrem Fuß aus und schlug dabei seine Beine vom Boden ab. Der Mann fiel und die Frau stürzte sich augenblicklich auf ihn. Nun saß sie breitbeinig auf dem Mann und hielt ihren Ellbogen gegen seine Kehle gedrückt. Ein dunkler Schatten lag über ihrem Gesicht und ein böses Grinsen zierte ihren Mund, während der Mann schon rot anlief.

Day and NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt